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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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strömte.
    »Und wenn du da wieder bist, was kommt dann?«
    Er zuckte die Schultern. »Dasselbe, nehm ich an. Patrouillen fahren, essen, schlafen. Dann aufstehen und dasselbe von vorn.«
    »Graut’s dir davor?«
    Er tat, als ob er überlegte. »Spielt keine Rolle, wie mir dabei zumute ist. Ich muss da hin, also fahre ich hin.«
    Sie lag jetzt wieder mit aufgestütztem Kopf auf der Seite. Ein kleines Goldkreuz lag auf der Wölbung einer ihrer Brüste, ein winziger Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel.
    »Und wie ist den andern Jungs zumute?«
    »Genauso. Ich meine, verstehst du, kein Mensch will da wieder hin. Man hat sich eben dazu verpflichtet, also fährt man.«
    »Dann sag mir mal eins, glaubt ihr eigentlich an diesen Krieg? Also, ist der gut, gerecht, tun wir da was Richtiges? Oder geht’s eigentlich bloß um Öl?«
    »Kathryn, lieber Gott. Du weißt doch, dass ich das nicht weiß.«
    »Ich will nur wissen, was du glaubst, was du persönlich denkst. Soll kein Quiz sein, du, ich bin hier nicht auf der Suche nach der großen objektiven Antwort. Ich möchte einfach nur wissen, was in deinem Kopf vorgeht.«
    Na schön. Gut. Wenn sie’s wissen will. Er verspürte eine seltsame Dankbarkeit, dass jemand überhaupt mal danach fragte.
    »Ich glaube, kein Mensch weiß, was wir da drüben eigentlich machen. Ich meine, das ist gruselig. Weil, also die Irakis hassen uns wirklich. Sogar die in unserem eigenen Operationsgebiet, wir bauen denen da’n paar Schulen, wir versuchen, die Kanalisation wieder in Gang zu bringen, wir karren jeden Tag Tanklaster voll Trinkwasser ran und organisieren Mahlzeiten für die Kinder, aberdie wollen bloß eins, uns töten. Unsere Mission heißt Helfen und Aufbauen, ja? Die Leute leben da in der Scheiße, buchstäblich in der Scheiße, die Regierung da hat die ganzen Jahre nichts für sie getan, aber wir sind der Feind, ja? Also geht’s für uns letzten Endes wohl einfach ums Überleben. Man geht da eben rein, man denkt nicht groß nach, ob man da irgendwas zuwege bringt, man will einfach nur, dass die eigenen Leute abends noch alle am Leben sind. Und dann kommt man ins Grübeln, wieso wir überhaupt da drüben sind.«
    Kathryn wartete, bis er ausgeredet hatte. Sie sah ihn an, grimm entschlossen.
    »In Ordnung, jetzt pass mal auf: Was ist, wenn du einfach nicht zurückgehst?«
    Er zuckte zusammen. Dann lachte er. Nein. Unmöglich.
    »Ich mein das ernst, Billy. Was ist, wenn du sagst, nö, vielen Dank, ich kenn den Laden schon, glaubst du, die hätten den Mumm, dir was anzuhängen? Dem großen Helden und so weiter? Stell dir mal die Schlagzeilen vor: ›Held bleibt zu Hause. Krieg sei zum Kotzen.‹ Dir nimmt das jeder ab, bei dir würde kein Mensch sagen, du hast bloß Schiss.«
    »Aber ich hab Schiss. Alle haben Schiss.«
    »Du weißt doch, was ich meine, so Schisserschiss. Feiglingsschiss, wie einer, der gar nicht erst hingefahren ist. Aber bei dem, was du da alles geleistet hast, unterstellt dir kein Mensch so was.« Dann hielt sie ihm einen etwas hektischen Vortrag, sie hatte eine Website entdeckt, auf der stand, wie sich gewisse Leute aus Vietnam rausgehalten hatten. Cheney, viermal zurückgestellt wegen Studium, danach wegen Härtefall, weil Ernährer. Limbaugh, zurückgestellt aus gesundheitlichen Gründen wegen einer Zyste am Arsch. Pat Buchanan, gesundheitliche Gründe. Newt Gingrich, Promotion. Karl Rove, nie gedient. Bill O’Reilly, nie gedient. John Ashcroft, nie gedient. Bush, in der Air National Guard, da unerlaubtabwesend, beim Kästchen für freiwillige Meldung zu Auslandseinsätzen »nein« angekreuzt.
    »Verstehst du, worauf ich hinauswill?«
    »Na ja, klar.«
    »Ich will damit nur sagen, wenn diese Typen so scharf auf Krieg sind, sollen die den gefälligst selber führen. Billy Lynn hat seinen Beitrag geleistet.«
    »Kat, es spielt einfach keine Rolle. Die haben getan, was sie getan haben. Ich tue, was ich tue. Es nützt überhaupt nichts, wenn wir versuchen ...« Unter Kathryns Sonnenbrille kullerten zwei dicke Tränen hervor, und er musste sich abwenden.
    »Und was ist mit uns , Billy, denk doch mal da dran. Nach all dem, was unsere Familie durchgemacht hat, was glaubst du, was das für uns bedeutet, wenn dir was passiert?«
    »Mir passiert schon nichts.«
    Sie schwieg so lange, dass er das am liebsten zurückgenommen hätte.
    »Billy, man kann so was organisieren. In Austin gibt es eine Gruppe, die helfen Soldaten. Die haben Anwälte, Mittel, die wissen, wie man so was

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