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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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diesmal hebt Norm die Hand. Jetzt wird gefälligst nicht unterbrochen.
    »Zu unser aller Glück waren beim nächsten nachrückenden Trupp Fox-News -Reporter eingebettet, deshalb können wir alle mit eigenen Augen sehen, was unsere famosen jungen Männer an dem Tag geleistet haben. Und ich kann nur eins sagen, ich war noch nie – «, Norms Stimme wird leicht belegt, er hängt jetzt dicht über dem Mikrofon, »– noch nie so stolz – Amerikaner zu sein – wie beim – Anschauen – dieses – Films. Und falls Sie den noch nicht gesehen haben, müssen Sie das ganz dringend nachholen, bei der allernächsten Gelegenheit ...«
    Billys Gedanken schweifen ab. Er ist wieder etwas ruhiger und kann sich die Cheerleaderinnen endlich genauer ansehen, er hatte ja keine Ahnung, wie viele das sind, ein ganzes Kontingent von verzücktem weiblichem Fleisch in voller Lebensgröße, in allen Farben, mit modellierten Bäuchen und geschmeidigen Schenkeln, ausgebuchteten Taillen, barock gekurvten Hüftkonturen in jeder Geschmacksrichtung, und diese Brüste, mein Gott, was für Formate, lauter majestätisch überbordende Busen, die aus der berühmten knapp darunter verknoteten Bluse quellen, doch, diekönnten jeden Moment abgehen wie Lawinen und alle unter sich begraben, nur ein zentimetergroßes Stück Stoff unter heftigem Druck bewahrt die Bravos vor der totalen Vernichtung.
    »Nach meinem persönlichen Gefühl«, sagt Norm eben, »ist unser Krieg gegen den Terror ein Kampf zwischen Gut und Böse, wie wir ihn in dieser Reinform zu unseren Lebzeiten vielleicht nicht noch einmal erleben. Manche halten ihn sogar für eine von Gott auferlegte Prüfung, für einen Test, ob unsere Nation Manns genug ist. Sind wir unsere Freiheit wirklich wert? Haben wir den Schneid, unsere Werte und unsere Lebensweise zu verteidigen?«
    Billy findet, ein paar Cheerleaderinnen könnten Stripperinnen sein – sie haben so einen harten, verstrahlten Profiblick –, aber die meisten sehen aus wie Collegegirls, frisch und hübsch, mit kecken Näschen und sanft geschwungenen Nacken und einer frischgeschrubbten, unbefleckten, kerngesunden Sinnlichkeit. Nicht glotzen, ermahnt er sich; sei kein Schwein. Albert und Major Mac sitzen in der letzten Reihe zusammen, und Billy versucht, sich vorzustellen, worüber sie reden. Irgendwie komisch. Albert guckt von Zeit zu Zeit von seinem BlackBerry hoch und zu den Bravos, er sieht sie direkt an, durchaus wohlwollend, fast wie ein Mann, der beobachtet, wie sein Rassepferd um die Rennbahn trabt.
    »All denjenigen, die behaupten, dieser Krieg sei ein Fehler, möchte ich eins entgegenhalten: Wir haben einen der rücksichtslosesten und kriegslüsternsten Tyrannen entmachtet. Einen Mann, der kaltblütig Tausende seines eigenen Volks ermordet hat. Der sich Paläste zum persönlichen Vergnügen hat bauen lassen, während gleichzeitig Schulen verfallen sind und das Gesundheitssystem in seinem Land zusammengebrochen ist. Der sich eine der teuersten Armeen der Welt gehalten und dafür die Infrastruktur komplett hat verrotten lassen. Der seinen Kumpanen und politischen Verbündeten Reichtümer zugeschanzt und ihnen erlaubt hat, für ihren eigenen Profit den Reichtum des Landes abzuschöpfen.All diejenigen, die gegen den Krieg sind, möchte ich nur fragen: Wäre die Welt heute etwa besser, wenn Saddam Hussein noch an der Macht wäre? Wofür steht denn Amerika, wenn nicht für den Kampf gegen derartige Tyrannei, für die Verbreitung von Freiheit und Demokratie und dafür, dass die Völker der Welt die Chance bekommen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen? Das war immer unsere Mission, und genau das macht Amerika zur großartigsten Nation auf Erden.«
    Billy überlegt, ob Norm irgendwann Präsident werden will. Er hält genauso aalglatte Reden wie alle Politiker, denen die Bravos in den letzten zwei Wochen begegnet sind. Er kann auftreten, die Worte setzen, und er beherrscht den leicht weidwund-gereizten Tonfall, der bei Politikerreden heutzutage zum Stil gehört. Mag sein, dass sein Auftritt etwas knirschend Gekünsteltes hat – Norm weiß sehr wohl, dass er gerade auftritt, er guckt immer mal wieder verstohlen zur Seite, in einen eingebildeten Spiegel –, aber das ist auch nicht schlimmer als die anderen öffentlichen Inszenierungen. Billy hat auch beobachtet, dass es die Zuhörer nicht mal zu stören scheint. Der ganze Fake, den sie erzählt kriegen, perlt einfach an ihnen ab, das amerikanische Leben ist ein Nonstop-Vertreterdasein,

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