Die irre Heldentour des Billy Lynn
ohne die Miene zu verziehen. Er erntet freundliches Gelächter.
Wo sind Sie untergebracht?
»Im Hotel W, mitten in der Stadt, vermutlich die schönste Unterkunft, in der wir bisher waren. Wir fühlen uns da wie Rockstars.«
»Hotel W«, kräht Lodis dazwischen, »ist bestimmt irgendwie wegen – «.
Neiiiiiiin , bellt der halbe Raum zurück.
»Ähm. Weil, ich dachte bloß so, der Präsident – «.
Nein nein nein nein nein.
Was war denn Ihre Lieblingsstadt bisher?
»Sie meinen, abgesehen von Dallas?«, fragt Sykes, was die Cheerleaderinnen mit ein paar Schreien quittieren.
Hatten Sie Schlafprobleme, sind Sie mit dem Leben zu Hause gut klargekommen?
Die Bravos sehen sich wieder an. Nee.
Was war Ihr ungewöhnlichster Einsatz?
Die Razzia auf der Hühnerfarm.
Und der härteste?
Als wir unsere Jungs verloren haben.
Der heißeste?
Jeder Trip zum Campingklo.
Können wir da drüben irgendetwas ausrichten?
»Ich glaube, ja«, sagt Dime vorsichtig. »Wir richten durchaus etwas aus.«
Zum Besseren?
»An manchen Stellen ja, definitiv zum Besseren.«
Und an anderen?
»Wir geben uns alle Mühe. Wir arbeiten hart daran, dass es besser wird.«
Man hört hier in letzter Zeit viel über den Aufstand der Sadr-Brigade. Was können Sie uns darüber sagen?
»Die Sadr-Brigade. Nun ja.« Dime denkt kurz nach. »Ich würde auf keine Truppe setzen, deren Anführer aussieht wie Turtle in Entourage .«
Herzliches Gelächter.
Machen Sie da drüben auch Sport, so interne Wettkämpfe?
»Für Sport ist es da zu heiß.«
Und was machen Sie in der Freizeit, so zum Spaß?
ONANIEREN!!!, würden alle am liebsten schreien, wenn Dime sie dafür nicht töten würde, jeden einzeln, ganz langsam. »Die Army sorgt sehr gut für Auslastung durch Einsatz«, sagt er, »insofern haben wir kaum Freizeit. Die meisten Tage reißen wir unsere zwölf, vierzehn Stunden runter, oft auch mehr. Aber wenn’s dafür tatsächlich mal frei gibt, ich weiß gar nicht – Jungs, was machen wir so zum Spaß?«
Videospiele.
Gewichtheben.
Einkaufen gehen im PX.
»Ich liebe es, meine Feinde zu töten und das Gejammer ihrer Frauen zu hören«, sagt Crack mit derbem deutschem Akzent. Der ganze Raum hält die Luft an und atmet prustend erst wieder aus, als Crack dazufügt: »Ist aus Conan, der Barbar . Wollt’ ich einfach immer schon mal sagen.«
Billy und seine Cheerleaderin sind weiter mimisch aktiv – kurze Blicke, Lächeln, heftig gelupfte Augenbrauen, schließlich ein seelenvoller Wahnsinnsblick über mehrere Sekunden. Er fühlt sich eigenartig porös, seine vitalen Organe scheinen sich in Nerfbälle verwandelt zu haben.
Wie war es denn beim Präsidenten?
»Ach, der Präsident«, schwärmt Dime, »ist ja total charmant, der Mann!« Der Rest der Bravos kämpft verbissen um einenneutralen Gesichtsausdruck, Dimes Verachtung für den Yale-Strolch – seine Bezeichnung – ist im ganzen Zug bekannt. Kurz nachdem sie im Irak stationiert worden waren, hatte Dime auf seine Humveetür – auf der Beifahrerseite, dort saß er gewöhnlich – »Bush’s Bitch« und einen Pfeil hoch zum Fenster geschmiert, aber der Lt. hatte das bald entdeckt und ihm befohlen, es abzuwischen. »Wir hatten bei ihm sofort das Gefühl, wir sind wahnsinnig gern gesehen, das war alles ganz entspannt, sagen wir mal so, als ob man zu seiner Bankfiliale gehen würde, weil man einen Kredit für ein Auto braucht, und er ist der netteste Banker, auf den man überhaupt hoffen darf. Er ist freundlich, man kann prima mit ihm reden, mit dem Mann könnte man sich glatt auf ein Bier zusammensetzen. Mal abgesehen davon, ähm, dass er ja wohl nicht mehr trinken soll.«
Das provoziert etwas Gekicher bei der Medienmeute und ein paar feindselige Blicke bei anderen, aber sonst nichts Besonderes.
Wie ist das Essen da? Haben Sie Internet? Handyverbindung? Kriegen Sie Sportfernsehen?
Die Bravos haben eins gemein mit Kriegsgefangenen, beide kriegen andauernd dieselben Fragen gestellt. Jemand will etwas über die Herausforderungen des Alltagslebens im Irak wissen. Crack erzählt von den Walzenspinnen, A-Bort erzählt von grässlichen bissigen Flöhen, dann setzt Lodis zu einem frei assoziierten Riff über seine Hautprobleme an, »so Haut trocknet aus, die wird total rissig und aschfahl, und mein kleiner Day kommt immer an, von wegen Feuchtigkeitscreme, und ich so, nee, ne ? Denn schieb mal’n bisschen rüber von deiner Rubbelsalbe, Alter!«
Würde sich jemand von Ihnen als religiös
Weitere Kostenlose Bücher