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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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praktisch pausenlosem öffentlichem Gebete hat es ihm ein bisschen Trost verschafft. Amerika betet liebend gern, weiß Gott. Amerika betet und betet und betet, es ist das Land des entfesselten Betens, und dieses ganze feierliche Gebete fällt Billy schwer. Er gibt sich Mühe, aber es kommt nichts. Man macht die Augen zu und senkt den Kopf, aber bei den ersten Er und Sein hat man das Gefühl, das Signal bricht ab, allenfalls ein paar streunende Spritzer Rauschen kommen noch durch. Es hilft auch nicht viel, daran zu denken, dass andere womöglich dasselbe Problem haben, aber den bewussten Gedanken, dass es auch vorher schon etwas gab – Sumerer, Hethiter, Turkmenen, eine ganze UNO aus antiken Kulturen –, dass also diese Formel mit Er und Sein dann vielleicht nicht das letzte Wort ist? –, den empfindet er aus irgendeinem Grund als tröstlich.
    Und wer waren diese Sumerer?
    »Erzähl ich dir später mal«, hatte Shroom gesagt und seine Schutzausrüstung angelegt, »jetzt nicht.«
    Jetzt nicht und überhaupt nie mehr, wie sich dann herausstellen sollte. Shroom hatte Videospielen abgeschworen und sah auch nur selten fern. Shroom las lieber. Die ganze Zeit. »Ich bilde meine Persönlichkeit«, so erklärt er das Lesen. Sogar fürs Wichsen hatte er den maßgeblichen Text, diesmal von den alten Ägyptern,die glaubten – ungelogen! Ich schwör’s! –, dass der allererste, der originale, namenlose Ur-Gott das Universum per Masturbationsakt geschaffen hatte, dass also faktisch der ganze Kosmos kraft schierer Ejakulationsenergie zustande gekommen war.
    Aa-men , sagt Pastor Dan. Zweiiii MinUUUUUUTTTTTEN , keift ein Trainerassistent, und in diesen letzten Vorbereitungsmomenten erhält Billy durch ein Nicken und einen leisen Stupser am Handgelenk die Einladung, nein: den Befehl , wird er später denken, zu Octavians Spind zu kommen. Octavian, Barry Joe und ein paar andere stehen davor mit der Art Ruhe, die ein bedeutendes Ereignis ankündigt. Billy hätte den bekloppten Souvenirball jetzt lieber nicht in der Hand.
    »Hör ma, wir woll’n ma fragen ...«, Octavians Stimme ist höchstens ein Murmeln, »wir, also, wir wolln auch so was machen wie ihr. Was Krasses, weißte, paar Muslimfreaks köppen, glaubste, die lassen uns? So, bei euch mitfahrn,’ne Woche, paar Wochen, unterstützen. Euch helfen,’n paar Windelköppe plattzumachen, hätten wir Bock drauf.«
    Billy sieht, dass sie den haben, Bock. Die haben Bock drauf. Er versucht, sich die Welt in ihren Köpfen vorzustellen, aber es geht nicht.
    »Ich glaube nicht, dass das so läuft.«
    » Wieso ? Solln das heißen, wir bieten Hilfe an, um sonst . Muss keiner für zahlen, verlangen wir gaanich.«
    Billy verkneift sich das Lachen. »Ich glaube bloß nicht, dass die Army das unbedingt haben will.«
    »Hmmm. Schi-itt. Muss’n das irgendwer wissen? Wir fahrn so’n paar Wochen bei euch mit, merkt doch kein Mensch, dass wir da sind. Is doch’n Hilfsangebot, willste sagen, ihr braucht keine Hilfe?«
    »Billy!«, ruft Mango. »Wir gehen jetzt.«
    Billy nickt und dreht sich wieder zu Octavian. »Klar könntenwir Hilfe brauchen. Aber – hör mal, wenn ihr wirklich was Krasses machen wollt, meldet euch zur Army. Die schicken euch mit Kusshand in den Irak.«
    Die Spieler schnauben, murren und werfen ihm mitleidige Blicke zu. Verfickter Mist. Schi-itt. Nee-nee-nee hoch zehn, verdammt ... »Wir haben Jobs «, gibt Octavian zu bedenken, »das hier ist unser Job , du glaubst doch nich, dass wir den hinschmeißen und in so’ne Nigga-Army gehn? So, wie viel, drei Jahre ? Dafür hier’n Vertrag brechen und alles?« Sehr komisch. Alle lachen. Aus ihren Mündern kommen kleine Quieker und schniefende Jauler. »Mach hin.« Octavian winkt Billy weg. »Hau schon ab. Dein Typ da ruft.«

Nüchtern, offen und ehrlich
    BILLY NIMMT SICH VOR , seinen Ball bei der ersten Gelegenheit loszuwerden. Nur noch Minuten bis zum Kickoff, beide Teams sind auf dem Feld und machen Dehn- und Freiübungen, und Norm geleitet die Bravos persönlich durch die Wandelhalle, er führt seine Beute vor, versprengt ein bisschen Star-Power auf die augenblicklich hingerissenen Massen. Alles Gegrolle und Genörgel, alle Krittelei von Volkes Stimme schmelzen dahin wie Talg unter dem glühenden Lichtstrahl seiner Prominenz. Joh, Norm! Norm! Heute schaffen wir’s, was Norm? Boyz drei vorn ist Mindestnorm , Norm! Und das Wasser teilt sich, die Fans kräuseln Uferlinien aus Handyblitzen, und Norm schreitet hindurch, erhobenen

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