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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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Hauptes und wie immer mit einem freundlichen Lächeln für jedermann. Das Texas Stadium ist sein Revier, seine Burg, nein, wahrhaftig sein Königreich. Echte Könige sind heutzutage selten, aber hier ist Norm ein absolutistischer Herrscher, und Billy stellt fest, dass seine Untertanen mit sehr wenig glücklich zu machen sind, ein kurzer Blick, ein Winken, ein paar Sekunden in des Königs Gegenwart, und sie sind benebelt.
    Billy sucht derweil ein Kind, dem er seinen Ball schenken kann, aber nicht irgendeins. Keins von den Geldgören, keins, das im Fernsehen auftreten könnte, sonnenbraun, zarthäutig, blendend zahnreguliert, mit glatten langen Gliedern und bravem Gesicht, Erkennungsmerkmalen für den genetischen Homerun. Nein, er sucht einen kleinen hinterwäldlerischen Bengel, ein mickriges Kerlchen mit rattigen Haaren, das die Fingernägel runterkaut, bis es blutet, das mit zehn etwa so ausgeschlafen wie ein halbschlauer Hund, aber im Grunde ein Unglückswurm ist, und das nur noch nicht weiß. Billy sucht sich selbst. Neben der Whataburger-Bude steht er, ein zappeliger Knirps, mit einem für den Hals zu großen Kopf, einem für das Klima zu dünnen Baumwoll-Hoodie und auseinanderfallenden Fake-Reeboks, was für Armleuchter von Eltern geben eigentlich Hunderte von Dollars für Cowboys-Tickets aus, wenn ihr Sohn nicht mal eine anständige Winterjacke hat? Die Psyche des amerikanischen Verbrauchers macht einen rasend.
    »Entschuldigung«, sagt er, geht auf den Jungen zu, und der gerät stumm in Panik – was hab ich’n gemacht ? Seine Eltern latschen in der Gegend herum, was für ein Paar – dick, schlaff, dumpf, deutlich missraten als Menschen wie als Eltern. Billy lässt sie links liegen.
    »Wie heißt du, junger Mann?«
    Dem Jungen klappt die Kinnlade runter. Seine Zunge ist lebergelb.
    »Kleiner, sag mir doch mal deinen Namen.«
    »Cougar«, bringt der Junge heraus.
    »Cougar – wie der Puma?«
    Der Junge nickt. Er kann Billy nicht in die Augen gucken.
    »Cougar! Scharfer Name!« Eine Lüge, Cougar ist ein lächerlicher Name. »Schau mal, Cougar, ich hab hier’n Ball mit Autogrammen, den haben mir’n paar Cowboys unten in der Kabinesigniert. Aber ich muss zurück in den Irak, und weil ich ihn da bestimmt verliere, möchte ich ihn dir schenken. Ist das in Ordnung für dich?«
    Cougar riskiert einen schnellen Blick auf den Ball und nickt. Er denkt eindeutig, dass ihn das von irgendeiner miesen Demütigung ablenken soll, Hoserunterziehen, Knallfrosch hinten ins Hemd.
    »In Ordnung, junger Mann. Hier.«
    Billy gibt ihm den Ball und geht, mit schnellen Schritten, ohne sich umzusehen. Er hat die Nase voll von dem sentimentalen Matsch heute, das hier soll auf keinen Fall wieder so Ein Moment werden. Mango steht noch da und wartet auf ihn.
    »Warum hast’n das gemacht?«
    »Keine Ahnung. Mir war einfach danach.« Wenn er drüber nachdenkt, ist ihm jetzt wirklich wohler, obwohl sich eine seltsame Melancholie in seine neue Stimmung schleicht. Eine Zeit lang gehen die beiden Bravos schweigend nebeneinanderher, dann drückt Mango einem Kind, das gerade vorbeikommt, seinen Ball in die Hand.
    »Na also, scheiß auf die Autogramme«, sagt Billy. Mango lacht.
    »Wenn die den Super Bowl holen, haben wir tausend Mäuse verschenkt.«
    »Ja, bloß, dass tausend Mäuse bedeutet, die holen nie’n Super Bowl.«
    Noch immer keine Ansage über die Halbzeit, abgesehen von Norms Versprechen, »die Bravos zur tollsten Schau zu machen«, und das kann etwas so Harmloses sein wie Rumstehen, während der eigene Name aufgerufen wird, oder etwas so Grässliches und Lästiges wie ... weiter will das Hirn nicht. Das Gerücht geht um, dass es in der Chefloge diverse Bars gibt. Die Bravos mit Mannschaftsgrad beschließen gemeinsam, sich total zuzusaufen, aber Billy denkt an Faison und reduziert klammheimlich seinen Teilder Abmachung darauf, sich einen anzutrinken. Die Einladung war spontan gekommen – guckt euch den Anpfiff doch aus meiner Skybox an! Norm hat sich unverkennbar ein paar böse Bravo-Bakterien eingefangen, emsig wühlende Spirochäten der Heimatfront-Eiferei, die Stripperinnen zum Gratis-Lapdance und Oberschichtmatronen zu Blutrünstigkeit animieren. Eine Runde Applaus begrüßt die Bravos beim Einmarsch in die Chefloge, zunächst nur höfliches, schlaffes Händepatschen, aus dem schnell laut prasselndes Klatschen wird. Heeeiooo für die Bravos! Hurraaaa für die Truppen! Mrs Norm steht zum Empfang an der Tür, und falls sie

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