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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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angestoßen sein sollte angesichts der in ihre überfüllte Loge drängenden zehn neuen massigen, keuchenden Gäste mit Alkoholfahne, ist sie so gnädig, es nicht zu zeigen.
    Wie schön, dass Sie hier sind. So viele Freunde wollen Sie unbedingt kennenlernen . Billy registriert alles mit einem Blick, den blauen Teppichboden, das blaue Mobiliar mit Silberdekor, die riesigen Flatscreens an den Wänden, zwei Bars, warmes und kaltes Buffet, Kellner in weißen Jacketts, ein paar Stufen tiefer liegt eine zweite Ebene, identisch mit der ersten, und weiter hinten ist eine Art steile Böschung mit Stufen und Stadionsitzen, mehrere Reihen Polstersessel bis nach unten zu einer Fensterfront, das Spielfeld in Postkartenansicht. Hier vibriert es vor Geld, man spürt es sofort, ein ganz leises Summen, es kribbelt ein bisschen so wie Menthol auf den Lippen. Billy überlegt, ob man sich Reichtum einfangen kann wie einen Keim, einfach kraft schierer Nähe.
    Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause , plappert Mrs Norm. Bedienen Sie sich mit Erfrischungen . Muss man uns nicht zweimal sagen, Ma’am. Team Bravo stürmt en bloc Richtung Freischnaps, Dime raunt »nur einen« und guckt streng, aber bevor die Soldaten die Bar erobern können, ist Norm auf einen Stuhl geklettert – mit Stühlen hat der’s, was? – und hält eine kleine Rede über

    und wie einfach

    die gesamte Familie Oglesby ist über die Gelegenheit, an diesem Thanksgiving-Tag sagen zu dürfen

    für die Bravos und den Dienst, den sie leisten. Billy fällt auf, wie andächtig ihm die Gäste zuhören, wie begeistert gläubig und entschlossen sie gucken. Die Männer sehen vernünftig aus, entspannt, alle sind mittelalt, aber noch gut in Schuss und geprägt vom sicheren, flüssigen Auftreten, das mit langen erfolgreichen Jahren kommt. Volles Haar. Attraktive Falten. Die Frauen sind alle schlank und straff und haben die internationale Sonnenbräune, ihr Make-up ist mit Coolness-Teflon beschichtet und versiegelt. Billy versucht sich vorzustellen, dank welcher Rezeptur ausGeburt, Geld, Schulen und gesellschaftlichem Know-how Leute in eine so exklusive Lebenssphäre aufsteigen. Was immer es ist, es lässt sie so da stehen, dass es ganz leicht aussieht, sie sind einfach, was sie sind, an diesem besonderen Ort, sie sind hier im Warmen und Sicheren und Sauberen, sie sind Gäste von Norm. Die meisten haben ein Glas oder einen Teller in der Hand. Das Böse , sagt Norm gerade. Terror. Tödliche Bedrohung. Ganze Nation im Krieg . Seine Rede beschwört düsterste Zustände, aber an diesem Ort, in diesem Moment, scheint der Krieg ganz weit weg.
    »Nachher müssen sie uns mal kurz verlassen«, sagt Norm, »sie treten in unserer Halbzeitshow auf, aber jetzt sind sie erst mal bei uns, und wir wollen sie mit einem kräftigen texanischen Applaus willkommen heißen.« Alle klatschen, johlen, jubeln, dann wollen wir mal ordentlich feiern; die Ballfreunde spüren die guten Bravo-Vibrations. Billy wird freudig begrüßt von irgendjemands zerfurchtem Opa.
    »Freut mich wahnsinnig, Sie kennenzulernen, Soldat!«
    »Danke, Sir. Ganz meinerseits, Sir.«
    »March Hawey.« Der Mann streckt ihm die Hand entgegen. Der Name kommt Billy irgendwie bekannt vor, das schmale Gesicht auch, die sanft verknitterten, abgesackten Züge, das neckische Zucken um Augen und Ohren. Billy möchte fast wetten, dass March Hawey einer dieser prominenten Texaner ist, die vor allem dafür berühmt sind, reich und berühmt zu sein.
    »Hören Sie mal, als die Nachrichten liefen an dem Abend – also, als das Video kam, wie ihr da aufräumt, ja? –, das war einer der größten Kitzel in meinem Leben, ungelogen. Ist schwer in Worte zu fassen, was ich gefühlt habe, aber das war ein wunderschöner Moment. Margaret, erzähl du mal, wie mir war.«
    Er dreht sich zu seiner Frau, die gut zwanzig Jahre jünger wirkt, eine Statue von einem Meter achtzig, starre blonde Haare und eine Haut straff wie ein Soufflé.
    »Ich dachte«, sie hat den biestig-britischen Akzent von Joan Collins, wenn die in den DENVER-CLAN-Wiederholungen mal wieder eine Rivalin demontiert, »er hat den Verstand verloren. Ich höre ihn im Fernsehzimmer laut schreiiien , und raaase nach unten, da steht er auf meinem guten Bibliothekstisch, George IV, mit seinen, du liiiebe Güüüte , Cow-Boy-Stiefeln und zieht da seine Rocky -Nummer ab – «, sie reißt die Arme hoch und vollführt ein paar spastische Boxhiebe, »– ›Maaatsch‹, brülle ich, ›Maaatsch, Liebes,

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