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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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realistisch!«
    »Sieh mal«, sagt sie und fasst mich an der Schulter, damit ich stehen bleibe. »Du kannst es alleine angehen und hast garantiert keine Chance, oder du kannst dich mit mir zusammentun, und gemeinsam haben wir vielleicht eine Chance. Aber wenn du es komplett planlos anfängst, stehst du am Ende mit leeren Händen da.«
    Sie hat Recht, aber nicht so, wie sie denkt. Wenn ich die Sache ohne Plan angehe, habe ich verloren – und zwar nicht bloß die Jagd, sondern mein Leben. Das weiß ich besser als jeder andere. Ohne Strategie wird die Jagd mich als das entlarven, was ich bin.
    Ich habe einen Plan und der ist ziemlich simpel: Überleben. Mehr nicht. Mich in den nächsten paar Nächten wegducken und keine Aufmerksamkeit erregen. Und dann in der Nacht vor der Jagd eine Verletzung vortäuschen. Ein gebrochenes Bein. Ehrlich gesagt muss ich mehr tun als vortäuschen – ich muss mir tatsächlich ein Bein brechen. Dann beklage ich mit großem Gewese mein Pech, werde mich mit Händen und Füßen gegen meine medizinische Behandlung sträuben und mit einem Gipsbein im Bett liegen, während die anderen Jäger in der Ferne verschwinden. Also ja, sie hat Recht: Ich brauche einen Plan. Aber der sieht nicht vor, dass ich mich mit ihr verbünde.
    »Hör mal, ich verstehe das. Aber ich … arbeite einfach lieber allein.«
    Ihre Augen blitzten auf, als wäre etwas in ihr zerbrochen. »Warum machst du das immer mit mir?«
    »Was?«
    »Mich zurückstoßen. Schon seit Jahren.«
    »Wovon redest du? Wir kennen uns doch gar nicht.«
    »Und woran liegt das wohl?«, fragt sie und schickt sich mit wehenden Haaren an, die Gruppe einzuholen.
    Wider besseres Wissen beschleunige auch ich meine Schritte, bis ich zu ihr aufgeschlossen habe. »Warte, hör zu.«
    Sie dreht sich zu mir um, geht jedoch weiter.
    »Wir sollten reden. Du hast Recht.«
    »Okay«, antwortet sie nach kurzem Zögern. »Aber nicht hier. Zu viele lauernde Augen und neugierige Ohren. Lass uns bei der Bibliothek haltmachen.«
    Darüber sind unsere Begleiter nicht sehr erfreut. »Jede Abweichung vom Protokoll ist verboten«, erklären sie fast im Chor. Aber wir ignorieren sie.
    Als die Gruppe an der Bibliothek vorbeigeht, bleiben wir zurück und schlüpfen hinein. Unsere Begleiter folgen uns missmutig. Sie wissen nur zu gut, dass sie uns kaum daran hindern können.
    Wir gehen durch die Eingangshalle und bleiben vor dem Ausleihtresen stehen. Die Begleiter stehen neben uns. Wir starren uns gegenseitig an.
    »Tja«, sage ich nach längerem Schweigen zu Ashley June, »das ist jetzt ziemlich peinlich.«
    Sie neigt ihren Kopf zu mir und ihre Augen scheinen ein klein wenig heller zu funkeln. »Führ mich herum«, sagt sie und wirft den Begleitern einen wütenden Blick zu. »Allein.« Sie geht an den Tischen und Stühlen vorbei zu den Bücherregalen und mustert Mobiliar und Einrichtung. »Das ist also die sagenhafte paradiesische Oase, von der wir alle gehört haben«, meint sie und bleibt auf dem abgewetzten Teppich in der Mitte des großen Raumes stehen.
    »Wie das?«, frage ich. »Noch vor wenigen Stunden hat jeder das Quartier als Einzelhaft in der Hölle beschimpft und jetzt soll es eine Oase sein? Ich wäre jedenfalls viel lieber im Hauptgebäude«, lüge ich und gehe ihr nach. Die Begleiter folgen uns zum Glück nicht.
    »Glaub mir, das wärst du nicht. Das permanente Gezanke, das Genörgel, die Kleinlichkeit, das gegenseitige Belauern – und damit meine ich jetzt nur das Personal. Es ist ziemlich ätzend. Ich hätte nichts dagegen, von all dem wegzukommen. Und von all den Fragen.«
    »Fragen?«
    »Über dich. Die Leute fragen sich, warum man dich hier allein untergebracht hat und warum du eine Promibehandlung kriegst. Und weil sie wissen, dass wir auf dieselbe Schule gehen, nehmen sie an, dass ich dich gut kenne. Sie haben mich mit Fragen über dich regelrecht bombardiert. Wie du so bist, was ich über deine Vergangenheit weiß, ob du clever bist und so weiter, bis zum Erbrechen.«
    »Und was erzählst du ihnen?«
    Sie schaut mich an, zunächst ernst und dann überraschend weich. Sie geht zu den bodentiefen Fenstern und bedeutet mir mit den Augen, ihr zu folgen. Ich trete neben sie. So weit wie möglich von unseren Begleitern entfernt, stehen wir zu zweit im silbernen Glanz des hereinfallenden Mondlichts. Die Beklemmung lässt nach, die Luft wird frischer.
    »Ich erzähle ihnen, was ich weiß«, sagt sie, sieht aus dem Fenster und dann wieder mich an. Im Schein

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