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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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Schnee aufzuwirbeln, gleite ich über den weißen Boden. Dabei setze ich eine Miene auf, so kühl wie der Mond. Ich lasse die Arme nicht baumeln, sondern schlaff hinunterhängen.
    Und dann fällt es mir wieder ein.
    Das Blut an meiner Hand.
    Sie zuckt unregelmäßig und betrachtet mich von Neuem mit leidenschaftlichem Interesse. Sie beugt die Arme, legt den Kopf zur Seite, kneift die Augen zusammen und reißt sie wieder auf.
    Dann macht sie einen Schritt und noch einen und noch einen, bis ihre Beine verschwimmen.
    Mit strahlendem Gesicht rennt sie auf mich zu, schneidet durch den Schnee und die Nachtluft wie ein geflüsterter Fluch.
    Ich wappne mich für ihren Angriff, versuche, meinen Hals zu schützen. Auf den Hals haben sie es immer zuerst abgesehen.
    Ich höre Epap hinter der geschlossenen Tür. »Sissy, wach auf, wach auf, wach auf!« Seine Stimme klingt so weit entfernt wie die Sterne.
    Und das Mädchen …
    Irgendwas ist seltsam.
    Sie rennt immer noch, doch sie hat noch nicht einmal die halbe Distanz zurückgelegt. Sie läuft nicht auf allen vieren, sondern ihre Arme pendeln in der Luft. Ihre Brust bebt vor Anstrengung, und sie wirbelt Wolken von Schnee auf.
    Und dann begreife ich plötzlich. Während sie näher kommt, betrachte ich sie und finde meinen Verdacht bestätigt.
    Aber noch nicht ganz. Es gibt einen letzten Test. Und der bedeutet alles oder nichts.
    Ich hebe meinen blutigen Finger.
    Ihr Blick schießt zu meiner Hand und verharrt eine endlose Sekunde dort. Dann schaut sie mir unbeeindruckt wieder ins Gesicht.
    Sie ist keine von ihnen, sie ist eine von uns.
    »Hey!«, rufe ich, unsicher, was ich sagen soll. »Hey!«
    Sie läuft weiter auf mich zu. Hinter mir höre ich Schritte auf den Bodendielen.
    Ich drehe mich um und hebe beide Arme. Sissy rennt den Flur hinunter; ich sehe ihre schattenhaften Umrisse, einen blitzenden Dolch in ihrer zum Wurf erhobenen Hand. »Sissy, warte!«
    Aber es ist zu spät. Sobald sie die Schwelle überschritten hat, stemmt sie einen Fuß auf die Veranda und schleudert den Dolch. Weil ich im Weg stehe, muss sie ihn in einem Bogen auf ihr Ziel werfen.
    Ich warte nicht – dafür bleibt keine Zeit. Die bumerangartige Flugbahn des Dolches verschafft mir drei Sekunden zusätzlich.
    Ich stürze dem Mädchen entgegen, das weiter auf mich zuläuft, und höre ein Surren, das erst leiser und dann wieder lauter wird.
    Der Dolch beschreibt einen Bogen auf das Mädchen zu. Auf uns beide.
    Ich werfe mich auf sie und reiße sie mit mir in den Schnee. Keine Mikrosekunde später segelt der Dolch über uns hinweg.
    Ich verschwende keine Zeit. »Sissy! Nein!«
    Sissy hat den nächsten Dolch bereits in der Hand und holt aus.
    »Sie ist wie wir! Sie ist wie wir !«, rufe ich.
    Der Dolch in Sissys Hand bleibt über ihrem Kopf stehen,bevor sie den Arm langsam sinken lässt. Die Jungen treten aus der dunklen Hütte, die Augen aufgerissen, die Stirn verwirrt gerunzelt.
    Das Mädchen steht auf und klopft sich den Schnee von den Kleidern. »Wo ist der Ursprung?« Sie starrt erst mich und dann die anderen an. Ihre Augen sind von einem stechenden Eisblau und ohne einen Funken Wärme.
    Wir starren sie sprachlos an.
    »Der Ursprung, wo ist der Ursprung?«
    Nach kurzem Schweigen fragt Ben zurück: »Wovon redest du?«
    Nun spiegelt sich totale Verwirrung in ihrem Gesicht. »Der Ursprung. Ihr solltet den Ursprung haben.«
    Schließlich stellt Ben die Frage, die uns alle beschäftigt.
    »Wer bist du?«

14
    Erst nachdem wir wieder in der Hütte sind und verlegen um den Tisch herumstehen, verrät sie es uns.
    »Clair«, sagt sie, »wie fair.«
    Sissy mustert sie mit unverhohlenem Argwohn und fragt: »Lebst du hier? Ist das dein Zuhause?«
    Das Mädchen schüttelt den Kopf. » Nichtso, nimmer «, sagt sie.
    Wir starren sie an. »Wie bitte?«, fragt Sissy.
    Aber Clair beachtet sie gar nicht, sondern wendet sich mir zu. »Hast du den Ursprung?«
    »Wovon redest du?«, frage ich. »Was ist das mit diesem Ursprung?«
    Das zarte Kinn des Mädchens bebt. Sie blinzelt und rennt aus dem Zimmer den Flur hinunter. Als wir sie einholen, kippt sie im Schlafzimmer Epaps Tasche aus und verstreut seine Kleidung und das Skizzenbuch auf dem Bett.
    »Hey, was soll das?«, will Sissy wissen und reißt ihr die Tasche aus der Hand.
    »Sagt mir, wo der Ursprung ist!«, verlangt das Mädchen.
    »Wir wissen nicht, wovon du redest«, erwidert Epap.
    »Wisst ihr wohl! Krugman hat gesagt, dass ihr kommen würdet. Er hat gesagt, ihr

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