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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Mitgefangenen zu machen.
    Er schien der einzige von einer isolierten Welt zu sein – jedenfalls in dieser Zelle. Alle anderen stammten mehr oder weniger aus derselben interstellaren Zivilisation wie Rianna. Es war eine buntgemischte Gesellschaft. Das Spinnenwesen stammte von einer heißen, feuchten Welt, auf der seine Rasse in der Minderheit war, und sein Name klang wie ein unverständlicher Silbenmischmasch. Und selbst der riesige Echsenmann Aratak konnte seinen geistigen Sprüngen nicht folgen, obwohl er es versuchte. Er sagte freundlich zu Dane: »Er ist sehr verwirrt. Ich glaube nicht, daß er sich darüber im klaren ist, was passiert ist. Seine Denkprozesse sind gestört worden.« Dane war weniger nachsichtig. Er persönlich glaubte nicht, daß in dem spinnenartigen Fremden überhaupt irgendwelche bemerkenswerte Denkprozesse vorgingen. Alles, wozu er fähig schien, war, in einer Ecke zu kauern und jeden anzuzischen, der in seine Nähe kam; und wenn das Essen gebracht wurde, huschte er seitwärts heraus, nahm es und zog sich damit zurück. Dane erwartete keine Hilfe von ihm in ihrer gegenwärtigen mißlichen Lage.
    Rianna und Roxon, die beiden kräftigen, rothaarigen Anthropologen, wirkten schon vertrauter. Dane vergaß immer wieder, daß sie keine Erdenmenschen wie er selbst waren, außer wenn einer von ihnen sich zufällig auf ein Thema aus ihrem Leben bezog, wobei ihm das Gesagte dann vorkam, als sei es geradewegs aus einem Science Fiction-Film entlehnt worden … wenn Rianna beiläufig erwähnte, daß sie eine vierjährige Lehre in fremder Technologie absolviert hatte, wobei sie einen Asteroidengürtel auf Zivilisationsreste der explodierten Welt untersucht hatte; wenn Roxon sich beklagte, daß die Hauptströmung der Zivilisation sich nur für die Technologie der Protofelinen interessierte und die Protosimianer (oder Menschen) als überflüssig ignorierte. »Nur weil die verdammten Protofelinen die superleichten Triebwerke erfunden haben, glauben sie, das Universum gehört ihnen«, brummte er mehr als einmal.
    Was Aratak betraf, so wurde der Echsenmann bald ein Kamerad und dann, erstaunlicherweise, ein Freund. Der ungeheure Fremde erschien ihm bald menschlicher als irgendein anderer. Seine graue, runzelige Haut, seine riesigen Klauen und Zähne waren bald vergessen; Dane fand schnell heraus, daß sein Gehirn ähnlich wie sein eigenes funktionierte. Seine Philosophie erinnerte Dane stark an die der Hawaiianer und Filipinos, die er auf seiner ersten Reise im Pazifik kennen gelernt hatte; eine ruhige Bejahung des Lebens, eine Bereitschaft, alles zu nehmen, wie es kam, sich dem zwar nicht gerade zu unterwerfen, aber sich so lange damit zu arrangieren, bis etwas Besseres kam, und beiläufig das Beste für sich herauszupicken. Er ließ nie einen Krümel seines Essens übrig, er schlief lange und gut und neigte dazu, jede Pause im Gespräch mit einem Zitat der Weisheit des Göttlichen Eis zu füllen – Konfuzius, Lao-Tse, Hillel und Hiawatha seiner Rasse, wie Dane sich allmählich zusammenreimte. An der Oberfläche schien er sich zufrieden und sogar behaglich in ihrer Gefangenschaft zu fühlen, genug, um aufreizend zu wirken.
    Aber Dane war sicher, daß der Schein trog. Zuerst war es nur ein Verdacht, doch am achten oder neunten ›Tag‹ ihrer Gefangenschaft wurde die Vermutung zur Gewißheit.
    Das war der Tag, an dem der Mann in der benachbarten Zelle verrückt wurde. Dane sah ihn sich ducken, als das klirrende Geräusch ertönte, welches ihnen signalisierte, daß die Mekhar mit dem Essen unterwegs waren. Er hockte angespannt und zusammengekauert da und verriet nur eine einzige Absicht. Und im selben Augenblick, als der Essenskarren in Sicht kam, sprang er auf die Tür zu, stieß sie auf und warf sich gegen den Karren, stieß ihn zurück und warf den Mekhar, der ihn geschoben hatte, zu Boden.
    Einen Augenblick lang spannte Dane alle Muskeln und dachte: Jetzt! Wenn sich alle auf einmal auf ihn stürzen, alle auf einmal – der Mekhar könnte nicht mehr als einen oder zwei von uns töten …
    Er setzte tatsächlich zum Sprung an; und dann begann der Mann am Karren unzusammenhängend zu schreien, ein heiseres Schreien, fast ein Gebrüll: »Kommt her, ihr Bastarde! Tötet mich auf einmal, nicht zentimeterweise! Kommt her, jeder kommt dran – besser kämpfend sterben als herumsitzen und warten.« Er ergriff den Rand des Essenskarrens und stieß ihn über den hingestreckten Körper des Mekhar. Jetzt heulte er

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