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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gehen.«
    »Das ist keine notwendige Folgerung«, erwiderte Dallith unerwartet. »Er könnte … beschämt sein, hier gesehen zu werden. Eine friedliche Kreatur, die, als sie getestet wurde, eine seltsame und beängstigende Wildheit in sich entdeckte. Sie würde kaum jemandem gegenübertreten wollen, der weiß, wie sie sein sollte …«
    Dane wurde klar, daß Dallith von sich selbst sprach; ihm kam zum ersten Mal in den Sinn, daß sie vielleicht ihren Ausbruch wilder Raserei auf dem Raumschiff der Mekhar zutiefst bedauerte.
    Aratak zog Dalliths Theorie einen Augenblick lang höflich in Betracht, dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, sagte er, »denn er würde wissen, daß ich in derselben Lage bin und kommen, um mir sein Beileid auszusprechen. Daher komme ich zu dem Schluß, daß es einer der Jäger war, der mich beobachtete, und daß die Jäger nicht einer Spezies angehören, sondern mehreren. Das würde auch erklären, warum sie Wild von so unterschiedlichen Formen auswählen.«
    Es war eine gute Theorie, dachte Dane. Sie verdiente es, in Erwägung gezogen zu werden. Es würde erklären, warum die Jäger in den Legenden keine erkennbare Form hatten; es würde auch erklären, warum sie sich ihrer Beute nicht zeigten, sondern alle Kontakte, sogar jene mit den Sklavenschiffen, die ihre Jagdbeute brachten, durch die Roboter erledigen ließen. Auf diese Weise konnten sie sicher sein, daß kein Hinweis auf ihr Geheimnis sich verbreitete.
    Und doch … er war nicht völlig überzeugt. Konnte ein Konglomerat von Renegaten eine so formalisierte, so ritualisierte Einstellung zur Jagd entwickeln? Und darüber hinaus: Würde nicht irgendein Hinweis auf ihre Abstammung unbemerkt in die Galaxis gelangen? Sie diskutierten noch bis tief in die Nacht, gingen dann aber schlafen, ohne zu einer Überzeugung gekommen zu sein.
    Die Gestalt und Form der Jäger! Das quälte ihn jetzt Tag und Nacht. Als der Mond am Himmel zu seiner vollen Größe anwuchs, nahmen sie Gestalt um Gestalt an, erschreckend und formlos. In verwirrten Momenten wiederholte sich ein Nonsensgedicht von der Erde wieder und wieder in seinen Gedanken:
     
    Ich treffe den Snark nachts in jedem Park in einem traumhaften, irrsinnigen Kampf …
     
    Aber anstatt daß er den Snark jagte, jagte dieser ihn … und die Wahrscheinlichkeit war groß, daß er tatsächlich sanft und leise verschwand, und nie wieder ward von ihm noch etwas gehört. In solchen Momenten pflegte Dane das Samuraischwert zu ziehen und seine Schneide grimmig zu betrachten, bevor er es wieder weglegte. Nicht so sanft und nicht so leise, versprach er sich selbst.
    Später dachte er, wenn diese Phase der Unsicherheit noch länger angedauert hätte, wäre er wahrscheinlich verrückt geworden. Tatsächlich rüttelte Rianna ihn jede Nacht ein- oder zweimal aus Albträumen auf. Aber sie litten alle unter Albträumen. Einmal weckte Dallith sie alle, als sie mit einem lauten Schrei aufwachte; und einmal taumelte Cliff im Schlaf auf, brüllte und schlug um sich, und als es ihnen endlich gelungen war, ihn aufzuwecken, hatten beide, Aratak und Dane, lange, blutige Schrammen von seinen geschärften Klauen davongetragen.
    Die Wartezeit wurde abrupt beendet.
    Der Rote Mond war jeden Tag größer geworden; als er fast voll war, hing er tief und mit einem blutigen Licht über ihnen und schnitt sie fast völlig vom normalen Sonnenschein ab, geisterhaft und glühend und so groß, daß Dane es haßte, zu ihm hinaufzuschauen. Es war, als lebe man unter einer großen, schwebenden Scheibe, die an unsichtbaren Fäden aufgehängt war. Es verursachte Dane Klaustrophobie; und obwohl er wußte, daß es lächerlich war, konnte er doch das Bild des Mondes nicht aus seinen Gedanken verbannen … wie er rutschte, herunterstürzte und sie alle unter sich begrub … Dane hatte sich gefragt, was geschehen würde, wenn Vollmond wäre, und in dieser Nacht, als sie von den Bädern zurückkehrten, schaute er auf und sah, wie der Schatten anfing, über die große rote Scheibe zu kriechen. Natürlich, der Mond war halb so groß wie der Mutterplanet; wenn die Welt der Jäger zwischen Mond und Sonne trat, würde der Rote Mond völlig verfinstert, dunkel sein …
    Mit überraschender Geschwindigkeit kroch der Schatten über die Scheibe, wischte die rote, leuchtende Kugel aus, indem er mehr und mehr von dem riesigen roten Gesicht abdeckte. Um sie herum veränderte sich die Farbe der gesamten Landschaft, wurde dunkler und merkwürdiger; seltsame

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