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Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Titel: Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Losbohm
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Augen…sie sind so…,“ begann ich, verstummte aber vor Angst, dass ich ihn beleidigen könnte.
    „Merkwürdig?“, fragte er.
    Ich sah zu ihm auf und dachte nach. Dann schüttelte ich den Kopf. „Nicht merkwürdig. Sie sind…besonders,“ meinte ich.
    Pater Michael lehnte sich vor und legte seine Arme entspannt auf den Küchentisch. Er faltete seine Hände und blickte auf sie hinunter. „Ich weiß, dass es dir bereits aufgefallen ist. Ich habe deine fragenden Blicke bemerkt,“ sagte er und vermied es mich anzusehen. War ihm diese Besonderheit, die ihm Mutter Natur geschenkt hatte, wirklich so unangenehm? „Meinem Lehrer in dem Kloster war es auch aufgefallen,“ bemerkte er und sah kurz zu mir auf, senkte aber schnell wieder die Lider.
    „Ich verstehe nicht, Michael. Was soll das heißen?“, fragte ich. Geduldig wartete ich auf seine Antwort.
    „Ihm war es nicht entfallen, was sich in meinen Augen abspielte. Während du und ich es als biologische Sonderheit abtun, sah er darin etwas Schlechtes. Er sah darin Verschlagenheit und Verderben, vielleicht auch die Gegenwart eines inneren Dämons,“ erklärte er mir.
    Ich schnappte vor Empörung nach Luft. Pater Michael hörte es und sah mich an. „Er hatte so etwas noch nie gesehen. Die Menschen damals, auch die Männer der Kirche, waren in ihrem Wissen eingeschränkt. Sie wussten es nicht besser, und alles, was sie sich nicht erklären konnten, war schlecht. Ein Werk des Teufels.“ Er seufzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich glaube, dass ich deshalb vielleicht häufiger und härtere Prügel von ihm bekam,“ fügte er mit einem Schulterzucken hinzu.
    „Ich denke, dass er es einfach nur getan hat, weil er es konnte,“ antwortete ich ihm leise und legte meine Hand auf seine. „Er hatte eine Machtposition inne, und er missbrauchte diese. Ich denke auch, dass er unzufrieden war. Aus welchem Grund auch immer. Aber manche Menschen tun anderen etwas Schlimmes an, weil sie in Wirklichkeit mit ihrem Leben und sich selbst unzufrieden sind. Sie lassen ihren Frust an anderen aus, die schwächer sind, damit sie sich selbst besser fühlen können.“
    Pater Michael legte den Kopf schief und musterte mich nachdenklich.
    „Jedenfalls ist das die Erfahrung, die ich gemacht habe. Und ich finde nicht, dass dieses Farbenspiel etwas Schlechtes ist. Es ist schön anzusehen und überirdisch. Wie ein Engel,“ sagte ich und lächelte ihn an. Dann ließ ich seine Hand los. Doch bevor ich sie ihm vollständig entziehen konnte, packte er sie und hielt sie fest. Sanft strich er mit dem Daumen über meinen Handrücken und zeichnete kleine Kreise darauf. „Danke, Ada,“ flüsterte er und lächelte mich liebevoll an.
    Ich schüttelte den Kopf. „Dafür brauchst du mir nicht zu danken. Ich sage nur, wie es ist,“ erwiderte ich. Ich trank meinen Tee in einem Zug aus und stand vom Tisch auf.
    Der Pater erhob sich ebenfalls. Ganz der Gentleman, der er war. Ich lief zu ihm hinüber und gab ihm einen Gute-Nacht-Kuss. Als ich meine Lippen von ihm lösen wollte, ließ er mich nicht gehen, sondern umfasste mein Gesicht und vertiefte den Kuss noch. Er schloss seine Arme um mich und legte sein Gesicht an meinen Hals. „Ich liebe dich, Ada,“ hauchte er mir ins Ohr und küsste mich noch einmal auf die Wange. Dann gab er mich frei.
     
    Es war etwa dreiundzwanzig Uhr, als ich, in meinem dunklen Zimmer liegend, die mir vertrauten Schritte des Paters vor der Tür hörte. Ich hoffte auf ein Klopfen, aber es kam nicht. Und seine Schritte entfernten sich, als er sich auf den Weg zur Bibliothek machte. Ich hatte ein weinendes und ein lachendes Auge bei der Sache. Ich fand es amüsant mitzuerleben, wie ein Mann, der von Gleichheit und Toleranz unter den Menschen sprach, sich alle Mühe gab, einem anderen Mann aus dem Weg zu gehen. Ob eifersüchtig oder nicht. Aber er tat mir auch leid, denn schließlich war ich es gewesen, die diese ganze Geschichte mit dem Reporter angefangen hatte. Es war meine Schuld, dass er nun eine unbequeme Nacht vor sich hatte. Schade, dass er die Option zu mir zu kommen, nicht sah.
    Ich seufzte in meine Bettdecke, drehte mich auf den Rücken und starrte an die Decke über mir. Die Ereignisse des Tages spielten sich in meinem Kopf rückwärts ab. Unser Gespräch in der Küche war ein besonderer Moment gewesen, und ich hoffte darauf, dass ihm nun nicht mehr unwohl werden würde, sobald ich die hübschen Lichtpunkte in seinen Augen sah. Dann tauchten vor mir

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