Die Jaegerin
»Lass es uns nicht länger hinausschieben. Was, wenn es auch diesmal kein Morgen gibt? Ich will nicht noch einmal –«
Daeron zog sie noch enger an sich und erstickte ihre letzten Worte in einem leidenschaftlichen Kuss. Als er ihre Hände auf seinem Körper spürte, wusste er, dass sie nicht noch einmal davonlaufen würde.
*
Ein schmaler Streifen Licht zwängte sich zwischen den vorgezogenen Gardinen in den Raum, als Catherine in Daerons Armen erwachte. Sie konnte kaum fassen, dass er sie noch immer liebte. Doch genau das hatte er ihr bewiesen, nachdem er sie in sein Schlafzimmer getragen hatte. Mit jedem Wort, jedem Kuss und jeder Berührung. Ihre Körper hatten ausgedrückt, was sie beide nicht in Worte zu fassen vermochten. Die Verzweiflung und Einsamkeit der vergangenen Jahre, die Furcht, einander erneut zu verlieren, und die reine Freude, wieder zueinandergefunden zu haben. Sie hatten sich geliebt und danach hatte er sie fest an sich gezogen und seither nicht mehr losgelassen.
Als er gestern Nacht plötzlich vor ihr gestanden hatte, war sie vor Entsetzen wie gelähmt gewesen. Er hatte sie gerettet. Dafür war sie ihm zutiefst dankbar. Trotzdem hatte sie nicht gewusst, wie sie sich ihm gegenüber verhalten und was sie sagen oder auch nur denken sollte. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, davonzulaufen oder sich ihm in die Arme zu werfen, hatte sie letztlich erkannt, dass es an der Zeit war, sich ihm zu stellen. Zu hören – und zu spüren –, dass er sie nicht hasste, war noch immer überwältigend. All die Jahre … verschwendet. Der bloße Gedanke trieb ihr erneut Tränen in die Augen. Hastig wischte sie sie fort. Daeron hatte schon damals recht gehabt: Ihnen blieb alle Zeit der Welt. Sie mochten fünf Jahre verloren haben, doch vor ihnen lag eine ganze Ewigkeit.
Ihre Augen folgten den Umrissen seines Körpers, die sich unter der Bettdecke abzeichneten, während ihre Fingerspitzen über seine Haut strichen. Er hat sich tatsächlich nicht verändert. Daeron ap Fealan war noch immer derselbe fürsorgliche Mann, der in Dun Domhainn gestorben war. Ehe sie in seinen Armen eingeschlafen war, hatte er ihr von seiner Suche erzählt. Er hatte vom Tod seines Vaters, seinem Aufenthalt in Gwydeon House und davon, wie er sofort aufgebrochen war, als er erfahren hatte, dass sie sich in Edinburgh aufhielt, gesprochen. Er hat mich nie aufgegeben. Der Gedanke war tröstlich. Das Wissen um die Anwesenheit der Vampyrjäger hingegen beunruhigte sie.
»Geht es dir gut?«
Daerons leise Worte schreckten sie auf. »Du bist schon wach?«
»Ich habe nicht geschlafen.« Er zog sie enger an sich und küsste sie erst auf die Stirn, dann auf die Nasenspitze und schließlich auf die Lippen. Seine Hände strichen über ihre Schultern und ihren Rücken. »Ich wünschte wirklich, du hättest schon damals mit mir gesprochen.«
Catherine befreite sich aus seiner Umarmung und setzte sich auf. »Ich hätte dennoch gehen müssen«, sagte sie leise. Sie wickelte sich enger in die Decke und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Für einen Moment blieben ihre Augen am Betthimmel hängen, ehe sie zu Daeron zurückkehrten. Auch er hatte sich jetzt aufgesetzt. Sie sah die Frage in seinem Blick, doch er hielt sich zurück und wartete, dass sie von allein zu sprechen begann. »Nachdem deine Umwandlung beinahe vollzogen war, bin ich noch einmal zu Vater Ninian gegangen. Ich bat ihn um ein Heilmittel, aber er sagte mir, dass es keines gebe. Dennoch verließ ich ihn nicht ohne Hoffnung.« In ruhigen Worten gab sie das Gespräch mit Vater Ninian wieder. »Es gibt einen Weg, den Unendlichen zu vernichten. Doch ich weiß nicht, welche Auswirkungen sein Ende auf uns haben wird.«
Daeron sah sie an. »Du hast das Glen Beag verlassen, um nach einem Artefakt zu suchen, über das du nicht das Geringste weißt?«
»Das war vielleicht anfangs so. Inzwischen bin ich mir sicher, dass es sich bei dieser Reliquie um einen Gegenstand handelt, der als das Schwarze Kreuz bekannt ist. Nach allem, was ich bisher herausgefunden habe, ist es ein mit goldenen Ornamenten verziertes Ebenholzkreuz, in das ein Splitter des Wahren Kreuzes Jesu eingelegt ist.«
»Das Wahre Kreuz?«
»Das, an dem Jesus starb.« Jetzt, da sie einmal angefangen hatte, wollte sie, dass er alles über ihre Nachforschungen erfuhr. Er sollte wissen, dass es Hoffnung gab! »Ich habe den Weg dieses Kreuzes verfolgt. Von Margaret of Wessex, die es im 11.
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