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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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sollten wir als Erstes herausfinden, wer er ist und für wen er arbeitet.«
    Sie runzelte die Stirn. »Und wie sollen wir das anstellen?«
    Daeron zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn. »Du wirst weitermachen, als wäre nichts gewesen. Geh in die Bibliothek zurück und setze deine Nachforschungen fort. Wenn er weiß, wonach du suchst, wird er dich auch weiterhin beobachten. Ich bleibe in deiner Nähe, aber so, dass er mich nicht sehen kann.«

7
    Es war bereits Nachmittag, als Alexandra einen Flügel des schweren Eichenportals aufdrückte und die Universitätsbibliothek betrat. Ihre Augen wanderten durch die hohe Empfangshalle, an deren hinterem Ende ein verlassenes Pult vor einem Durchgang stand. Die Fenster waren schmal und ließen kaum Licht ein. Der Schein der wenigen Lampen, die in regelmäßigen Abständen an den holzgetäfelten Wänden angebracht waren, vermochte kaum den gesamten Raum zu erreichen. Die Bodendielen knarrten leise, als sie vor das Pult trat und die kleine Klingel darauf betätigte.
    Während sie auf den Bibliothekar wartete, glitten ihre Augen weiter durch die Halle, folgten einer breiten Holztreppe zu ihrer Linken hinauf und streiften über die Türen, die sie oben im Halbschatten zu sehen vermochte. Sie bog sich ein Stück zurück, um mehr erkennen zu können. Eine Bewegung, die sie augenblicklich bereute, als ein stechender Schmerz durch ihren Körper fuhr. Noch immer spürte sie jeden Knochen im Leib. Ihr Rücken schmerzte vom Aufprall an die Wand und auf ihrem Brustkorb prangte ein gewaltiger Bluterguss dort, wo der Stiefel des Vampyrs sie getroffen hatte. Sie war noch immer erstaunt, dass es ihr gelungen war, zu entkommen. Sichtlich war er nicht daran interessiert gewesen, sie zu töten. Es hatte beinahe so ausgesehen, als hätte er lediglich seine Gefährtin beschützt. Die Vampyrin war überraschend leicht zu überwältigen gewesen, sodass Alexandra mittlerweile Zweifel kamen, ob es sich bei ihr tatsächlich um die Kreatur handeln konnte, die das Mädchen getötet hatte. Sie hatte sich nicht einmal gewehrt, als Alexandra ihr die Pistole an die Brust gesetzt hatte. Kein Fauchen, keine Fangzähne. Ihre Hände waren nicht zu Klauen verkrümmt gewesen. So sah niemand aus, in dessen Blut die Jagdlust brodelte! Da war keine Gier in ihren Augen gewesen, nur Verwirrung und Schrecken. Aber wer hatte dann das Leben des Mädchens auf dem Gewissen? Es könnte ihr Gefährte gewesen sein. In dem Hinterhof hatte nichts auf seine Anwesenheit hingedeutet, doch als die Vampyrin floh, war Alexandra für einen Moment abgelenkt gewesen. Lange genug, damit er sich in den Schatten verbergen konnte. Obwohl das durchaus denkbar war, glaubte Alexandra nicht daran. Die Vampyrin hatte nicht den Eindruck erweckt, als habe sie darauf gewartet, von ihrem Gefährten gerettet zu werden. Sein Auftauchen schien sie ebenso überrascht zu haben wie Alexandra. Das konnte nur eines bedeuten: Es gab noch einen weiteren Vampyr! Drei in einer Nacht. Ungewöhnlich viele. Dafür musste es einen Grund geben. War er tatsächlich hier?
    Nachdem sich der Bibliothekar noch immer nicht zeigte, betätigte Alexandra erneut die Klingel. Und gleich ein weiteres Mal. Das schrille Läuten durchschnitt die Stille und hallte von den hohen Wänden wider. Es fiel ihr schwer, ihre Ungeduld in Zaum zu halten. Sie hatte bereits den ganzen Tag verschwendet. Am Morgen, nachdem sie ihre Pistole gereinigt und mit trockenem Schießpulver nachgeladen hatte, war sie zu den Jägern gegangen, um ihnen von ihrer Begegnung mit den Vampyren zu berichten. Unmittelbar danach wollte sie zur Bibliothek aufbrechen, doch Vladimir hatte sie gedrängt, die Männer in den Mary King’s Close zu begleiten und ihnen die Stelle zu zeigen. Sie war seinem Wunsch gefolgt. Als Alexandra sie dann verlassen wollte, hatte Vladimir sie beim Arm gepackt. »Du bleibst hier!«, hatte er sie angefahren und vor sich her gestoßen. Selbst Mihails und Gavrils Einspruch hatte ihn nicht überzeugen können, sie ziehen zu lassen. Sein Hass auf sie schien mit jedem Tag zu wachsen. Stundenlang waren sie auf der Suche nach Spuren oder Hinweisen umhergestreift, ohne etwas zu entdecken. Natürlich hatte man das tote Mädchen inzwischen gefunden. Überall waren Konstabler, die von Haus zu Haus gingen und mit den Bewohnern sprachen. Durch die Anwesenheit der Gesetzeshüter war es nahezu unmöglich, sich ungestört in den Gassen umzusehen. Die Leute, die sich während der Nacht in die

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