Die Jaegerin
flatternden Vorhänge spürte, der über ihre Hände strich. Ihr Zimmer befand sich im ersten Stock, dennoch würde sie den Sprung riskieren müssen. Es war der einzige Weg, dem Unendlichen zu entkommen. Nur noch ein Schritt! Da wurde sie gepackt und zurückgerissen. Sie geriet ins Straucheln und stürzte. Der Unendliche kam näher. Alexandra rollte sich herum und sprang wieder auf die Beine. Ihr Ausweichmanöver hatte sie in die hintere Ecke des Raumes gebracht. Das Fenster war jetzt in unerreichbarer Ferne. Ebenso die Tür. Sie machte ein paar schnelle Schritte und brachte den kleinen Tisch zwischen sich und den Unendlichen. Eine lächerliche Barriere, wie sie rasch feststellen musste, als der Vampyr ihn einfach umging. Während Alexandra fieberhaft nach einem Ausweg suchte, wich sie immer weiter zurück. Der Unendliche folgte jeder ihrer Bewegungen. Noch einmal würde er sich nicht übertölpeln lassen. Immer weiter zwang er sie nach hinten, bis sie aus dem Augenwinkel den Kaminsims zu ihrer Rechten sah. Sie saß in der Falle. Doch obwohl er sie längst in die Ecke gedrängt hatte, kam er immer noch näher – bis es kein Entkommen mehr gab. Der Mörder ihrer Familie … Dieses Mal würde er sie töten.
Sie wartete, dass sich die eisige Kälte des Vampyrs wie ein Leichentuch über sie legen würde. Doch selbst als er nur noch eine Armeslänge entfernt war, spürte sie nichts. Es war bloßer Instinkt, der sie jetzt noch handeln ließ. Sie griff hinter sich und wollte ihre Pistole ziehen. Doch ehe sie die Waffe erreichte, sprang er vor. Blitzschnell packte er sie bei den Schultern und presste sie mit dem Rücken gegen die Wand. Alexandra versuchte sich zu befreien. Sie schlug und trat nach ihm und kämpfte darum, sich ihm zu entwinden. Da verstärkte er seinen Griff, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte. Ihr Atem ging stoßweise. Hass und Todesangst kämpften ihn ihrem Herzen gegeneinander an. Wo waren die verdammten Jäger?
»Elendes Monster!« Ihre Stimme bebte und ihre Knie waren so weich, dass sie nicht sicher war, ob sie ohne seinen unerbittlichen Griff überhaupt in der Lage gewesen wäre, zu stehen. »Nebenan sind Vampyrjäger!«, zischte sie wider besseres Wissen. »Ich brauche sie nur zu rufen! Dann hat deine finstere Existenz ein Ende!«
»Sie können mir nichts anhaben«, entgegnete er ruhig. Ohne zurückzutreten, gab er ihre Schultern frei, schlang seinen Arm um ihre Taille und zog Alexandra an sich. Sein Blick heftete sich auf ihre Augen, als versuche er sich jede auch noch so geringe Regung darin einzuprägen. Alexandra wollte den Kopf abwenden, doch es gelang ihr nicht. Sein Bann hielt sie gefangen. Sie war ihm ausgeliefert. Wie damals … Als er seinen Arm zurückzog, hielt er den Silberdolch in der Hand, der hinten in ihrem Hosenbund gesteckt hatte. In einer fließenden Bewegung legte er ihr die Waffe in die Hand und schloss ihre Finger darum.
Dann trat er einen Schritt zurück und breitete die Arme aus. »Versuchen Sie es!«
Alexandras Finger klammerten sich zitternd um den Dolchgriff. Ihr Arm zuckte. Dennoch zögerte sie. Was hatte er vor? Warum tötete er sie nicht einfach?
»Stoßen Sie zu!«
Der Unendliche hatte ihr eine Waffe in die Hand gegeben. Ein vertrautes Werkzeug, das ihr half, ihre Furcht zumindest ein Stück weit zu kontrollieren. Wenn es ihr gelang, ihm die Klinge ins Herz zu stoßen … Aber er rechnete mit ihrem Angriff. Er würde ihre Klinge abfangen, sie herumreißen und Alexandra ihren eigenen Dolch in die Eingeweide jagen. Es musste doch einen Weg geben, ihm zu entkommen!
Sicher , dachte sie bitter. So wie auch meine Familie entkommen ist.
Als sie sich noch immer nicht rührte, schnellte der Unendliche vor. Alexandra versuchte ihm auszuweichen, doch er war zu schnell. Seine Finger schlossen sich um ihre Waffenhand. Mit einem heftigen Ruck riss er ihren Arm nach vorne und rammte sich die Silberklinge bis zum Heft ins Herz. Alexandra stieß einen überraschten Schrei aus, verlor das Gleichgewicht und stolperte gegen ihn. Mit dem freien Arm fing er sie auf und hielt sie an sich gedrückt. Ihrer beider Hände lagen noch immer um den Dolchgriff. Gefangen von seinem durchdringenden Blick wartete sie darauf, dass sich sein Griff lockern und er zu Staub zerfallen würde. Das taten Vampyre, wenn man ihnen eine silberne Klinge ins Herz stieß! Doch der Unendliche verzog lediglich das Gesicht und gab sie frei. Alexandra wich zurück. Voller Entsetzen starrte sie ihn an. Noch
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