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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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ließ den Lauf seiner Muskete immer wieder von einer Seite zur anderen wandern. Der Schein seiner Laterne kroch ihr unaufhörlich entgegen. Noch immer dachte Alexandra daran, sich ihm zu erkennen zu geben, doch neben jenem unbestimmten Gefühl, das sie schon zuvor davon abgehalten hatte, fürchtete sie jetzt auch, dass er sie erschießen würde, ehe sie ein Wort der Erklärung hervorbringen könnte.
    »Männer!«, durchschnitt eine volltönende Stimme plötzlich die Stille. »Zurück zum Haus!«
    Der Lichtkegel hielt abrupt inne, keine zehn Zoll von Alexandra entfernt, als der Bewaffnete stehen blieb. Nicht einmal fünf Schritt trennten ihn noch von ihrem Versteck. Bedächtig wandte er sich um. Sein Blick heftete sich auf einen Mann, der hinter ihm um die Hausecke getreten war. Alexandra vermochte nicht, ihn zu erkennen, da ihr der Kerl mit der Muskete die Sicht versperrte. Einen Atemzug später erklang seine Stimme erneut. »Worauf wartet ihr?« Ein scharfer Befehl.
    Ohne ein Wort der Widerrede zogen sich die Bewaffneten ins Haus zurück. Als sie den Mann passierten, der sie zurückgerufen hatte, entriss der Schein der Laternen seine Gestalt der Dunkelheit. Der Anblick des großen Schwarzhaarigen ließ Alexandra schlagartig das Blut in den Adern gefrieren. Sie hätte ihn überall wiedererkannt. Das Monster, das ihre Familie abgeschlachtet hatte! Obwohl er noch immer an der Hausecke stand, sah sie ihn an jenem Ort, an dem sie ihn das erste Mal erblickt hatte. In der nächtlichen Schankstube, gebeugt über den blutleeren Leichnam ihrer Mutter. Seine Lippen dunkel von ihrem Blut. Ein Keuchen kroch über Alexandras Lippen. Sie schlug die Hände vor den Mund, um jeden verräterischen Laut zu ersticken. Wie gelähmt kauerte sie in ihrem Versteck und konnte nichts anderes tun, als ihn anzustarren. Zehn Jahre und er hatte sich kein bisschen verändert! Er war es, den die Männer ihren Meister genannt hatten. Der Unendliche! All die Jahre hatte Alexandra Vampyre gejagt und getötet, ohne dabei etwas anderes als Abscheu zu empfinden. Sein Anblick jedoch erfüllte sie mit derartigem Entsetzen, dass es den Hass, dessen Flamme so lange brennend heiß in ihr gelodert hatte, erkalten ließ. Mit einem Mal war sie wieder das hilflose kleine Mädchen, das ihre Familie nicht hatte retten können.
    Während sie gegen ihren Schrecken ankämpfte, war die Aufmerksamkeit des Unendlichen auf die Umgebung gerichtet. Blieben seine Augen an ihrem Versteck hängen? Zitternd wartete sie darauf, dass er seine Männer zurückrufen und ihnen ihren Unterschlupf verraten würde. Einen Moment noch hing sein Blick an jener Stelle, an der sie sich verborgen hielt. Dann wandte er sich ab und kehrte ins Haus zurück.

8
    Das Letzte, woran Catherine sich erinnern konnte, war, dass sie die Bibliothek verlassen hatte. Sie hatte eine Droschke hinter sich vernommen, die jedoch in eine andere Richtung davongefahren war. Ein weiterer Tag ermüdender Nachforschungen hatte sie ausgelaugt und die Wirkung der gestrigen Nahrung anscheinend vollends aufgezehrt. So hatte sie beschlossen, Daerons Rat zu folgen und sich frisches Tierblut vom Schlachter zu holen, um wieder Kraft zu gewinnen. Doch was war danach geschehen? Hatte sie den Schlachter überhaupt erreicht? Das Nächste, woran sie sich erinnerte, war, dass sie in einem nach Unrat und Fäkalien stinkenden Durchgang zu sich gekommen war. Hände, Haar und Kleidung voller Blut. Intensiver Metallgeschmack erfüllte ihren Mund. War sie erneut über einen Betrunkenen hergefallen und hatte sein widerwärtiges Blut getrunken, bis ihm das Bewusstsein geschwunden war? Niemals zuvor waren ihre Gewänder derart besudelt gewesen, wenn sie das getan hatte. Die schiere Menge auf ihrem Kleid und an ihren Händen ließ sie das Schlimmste befürchten. Hatte sie getötet und sämtliche Erinnerung daran verloren? Sie wagte nicht, die Gassen auf der Suche nach einem Leichnam zu durchstreifen, da sie fürchtete, der Jägerin oder ihren Begleitern in die Arme zu laufen. Alles, was sie tun konnte, war, darauf zu warten, ob morgen die Nachricht von einem weiteren Leichenfund die Runde machen würde.
    Von Furcht erfüllt kehrte sie in Daerons Haus zurück. Sie zog das Kleid aus und versteckte es in einer Truhe in einem ungenutzten Schlafzimmer, ehe sie sich daranmachte, sich das Blut vom Leib zu schrubben. Erinnerungen an London stiegen in ihr auf. An die Familie, deren argloses Leben sie ausgelöscht hatte. Und an die Träume der

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