Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
Vom Netzwerk:
bewiesen die Ausrichtungen und Proportionen der großen Pyramiden. Doch das Gerede von ‹heiliger Geometrie› behagte Ägyptologen nicht, es klang zu sehr nach New-Age-Denken. Und während die Ägypter eindeutig sowohl über das Wissen als auchdie Fähigkeit verfügten, die Geometrie in ihrer Stadtplanung und Architektur anzuwenden, zeigten archäologische Befunde, dass sie es selten getan hatten.
    So schien sich auch die Anlage der Stadt Amarna auf den ersten Blick lediglich der Landschaft anzupassen. Kürzlich jedoch hatte ein britischer Architekt die wichtigsten Stätten kartographisch erfasst und war dabei zu bemerkenswerten Ergebnissen gekommen. Offenbar war Amarna alles andere als willkürlich angelegt worden. Die gesamte Stadt war im Grunde ein riesiger, gradliniger Open-Air-Tempel auf beiden Seiten des Nils, der sich der aufgehenden Sonne zuwandte. Wenn man darüber hinaus von jeder Grenzstele gerade Linien durch die Hauptpaläste und -tempel zog, liefen alle Linien wie die Strahlen der Sonne auf vielen Kunstwerken Amarnas in einen bestimmen Punkt zusammen. Und dieser Punkt war direkt hier bei Echnatons Königsgrab, so als hätte er sich selbst als Sonne gesehen, die für alle Ewigkeit auf sein Volk und auf seine Stadt scheint.
    Die Türen des Wagens gingen auf. Eilig stiegen Khaled und seine Männer in Regenjacken aus, die Lichtkegel ihrer Taschenlampen verloren sich sofort in der totalen Finsternis. Knox’ Handy hatte in dem Sturm und zwischen den hohen Wänden des Wadis keinen Empfang. Er war auf sich allein gestellt, jedenfalls vorerst. Wasser schwappte über den Rand, als er sich vom Dach hangelte. Da seine Schuhe so durchnässt waren, dass sie beim Gehen verräterisch quietschten, zog er sie kurzerhand aus und warf sie fort. Dann folgte er Khaled und seinen Männern barfuß über das Geröll des Wadis, in dem das Regenwasser zu einem reißenden Sturzbach angeschwollen war.

III
    Mürrisch kämpfte sich Abdullah hinter Khaled den Steilhang hinauf und dann über das Plateau. Die Füße in seinen zu engen Stiefeln waren durchnässt, wund und kalt. Was für ein Wahnsinn! Niemals würden sie es bei diesem sintflutartigen Regen den armseligen Pfad hinunter zum Grabmal schaffen. Doch Khaled hatte vorausgedacht. Direkt über dem Eingang ragte eine Felsnase vom Gipfel. Er nahm ein Seil und knotete das eine Ende zu einer Schlinge, hängte sie um die Felsnase und warf dann das andere Ende über die Kante. «Runter mit dir», verlangte er von Abdullah.
    «Ich?», protestierte Abdullah. «Warum ich?»
    «Wir würden nicht in dieser Scheiße stecken, wenn du meine Befehle ausgeführt hättest.»
    «Sie hätten sich deutlicher ausdrücken sollen», brummte Abdullah.
    «Am Telefon? Spinnst du?»
    Widerwillig nahm Abdullah das Seil. Er zog ein paar Mal kräftig daran, um zu testen, ob der Knoten hielt. Prompt rutschte es von der Felsnase. «Sehen Sie!», rief er.
    «Hör gefälligst auf zu jammern», erwiderte Khaled, schlang das Seil wieder um den Felsen und zog den Knoten fester. «Jetzt steig einfach runter.»
    «Keine Sorge», murmelte Faisal. «Ich passe auf.»
    Abdullah nickte. Faisal war der Einzige, dem er vertraute. Er schob das Seil durch seinen Gürtel, zog den Riemen der Taschenlampe enger um sein Handgelenk und tauschte seine Kalaschnikow gegen Nassers Spitzhacke, die er sich über die Schulter hängte. Dann hielt er mit beiden Händen das Seil fest und tratrückwärts über die Kante, wie er es im Fernsehen gesehen hatte. Doch seine Stiefel rutschten auf dem glatten Stein ab, und er krachte gegen die Felswand. Während er sich verzweifelt am Seil festklammerte, lachten sich Khaled und Nasser fast tot. Als er endlich die relative Sicherheit des Grabeingangs erreichte, fluchte er immer noch.
    Der Zement hatte eine Kruste gebildet, war aber darunter noch nicht getrocknet. Als er ihn mit der Spitzhacke bearbeitete, brach er mühelos weg und wurde die Felsen hinabgespült. Er machte ein Loch, das groß genug war, um eine Hand hineinzustecken, stellte dann auf der anderen Seite seine Taschenlampe schräg gegen die Felswand und hackte den restlichen Zement weg. Ein greller Blitz erleuchtete das Wadi. Abdullah machte sich auf das Krachen des Donners gefasst, doch kurz bevor es ertönte, hätte er schwören können, ein anderes Geräusch gehört zu haben. Die Salve eines automatischen Gewehrs. Er hielt sich mit einer Hand am Rand der Öffnung fest, lehnte sich vor und schaute hoch, um herausfinden, was dort vor

Weitere Kostenlose Bücher