Die Jagd am Nil
sich ging. Aber oben war niemand mehr, der ihm die Frage beantworten konnte.
IV
Es war reines Glück, dass Khaled den Mann gesehen hatte. Er hatte sich gerade umgeschaut, als ein Blitz das gesamte Plateau erleuchtete. Ungefähr dreißig Meter entfernt hockte er zusammengekauert da, ein Telefon in der Hand.
Khaled wusste sofort, dass er hereingelegt worden war. Statt Angst verspürte er nur eine tiefe und unbändige Wut. Er schnappte sich Nassers Kalaschnikow und drehte sich wieder zu dem Mann um. Obwohl es abermals stockfinster war und er nichts sehenkonnte, jagte er eine Salve in die Richtung und hoffte, dass das Schicksal ihm zur Seite stand.
«Was ist los, Sir?», fragte Nasser.
«Besuch.»
Als erneut ein Blitz aufflackerte, sah er den Mann davonkriechen wie die Schlange, die er war. «Da!», brüllte er und feuerte noch eine Salve ab. «Schnappt ihn euch!»
Kapitel 52
I
Im Kugelhagel rannte Knox über das Felsplateau. Mündungsfeuer und das entfernte Aufflackern eines Blitzes erhellten die Nacht. Dann wurde es wieder dunkel, er warf sich zu Boden und stürzte in eine Felsspalte, die durch das Unwetter mit Wasser gefüllt war. Als drei Männer heranliefen, versuchte er unterzutauchen, doch die Lache war nicht tief genug.
«Haben wir ihn erwischt?»
«Er ist zu Boden gegangen.»
«Und wo ist er dann, verdammte Scheiße?»
«Er muss hier irgendwo sein.» Die Strahlen ihrer Taschenlampen durchstießen die Dunkelheit und schwirrten über die Wasseroberfläche. In den Lichtkegeln glitzerten die dicken Regentropfen golden. «Wer ist das überhaupt?»
«Er muss sich auf dem Wagen versteckt haben.»
«Ob der Polizist Bescheid weiß? Glauben Sie, er hat uns hereingelegt?»
«Natürlich hat er uns hereingelegt!»
«Dieser Hurensohn. Wir sind erledigt.»
«Schwachsinn, wir sind nicht erledigt. Dieser Typ ist allein hier, oder? Wir müssen ihn nur zum Schweigen bringen. Das ist alles. Sobald er verschwunden ist, wird niemand diese Stelle finden. Man wird nichts beweisen können.»
«Aber wir …»
Ein schneidender Knall, wie eine Ohrfeige. «Befolgt meine Befehle, verdammt nochmal. Er ist hier irgendwo. Er muss hiersein.» Wieder wurde eine Taschenlampe umhergeschwenkt und erleuchtete kurz die Stelle, wo Knox halb versteckt im Wasser lag. Doch dieses Mal blieb der Strahl stehen und kehrte zurück zu ihm. «Da!», rief jemand.
Knox rappelte sich auf, sprang aus der Lache und lief los. Jetzt war er zwischen der Spalte und der Felskante gefangen. Hinter ihm zerrissen Schüsse die Nacht. Er warf sich neben einer Felsnase zu Boden, griff nach dem Seil, das darum geschlungen war, und sprang über die Kante. Im Fallen glitt ihm das nasse Seil aus der Hand, eine Windböe schüttelte ihn durch und sprühte ihm Wasser ins Gesicht. Schließlich bekam er das Seil wieder zu fassen und scheuerte sich die Hände auf, als er hinabrutschte und dann abrupt abbremste, weil er unter sich einen Mann auf einem schmalen Vorsprung stehen sah. Abdullah rief etwas, das Knox nicht verstand, und hieb mit einer Spitzhacke nach seinen Beinen. Knox stieß sich von der Felswand ab, doch durch die Bewegung löste sich die Schlinge von der Felsnase. Plötzlich befand er sich im freien Fall und stürzte an der nackten Felswand vorbei in die Tiefe.
II
Naguib fuhr beinahe blind, denn das Standlicht, das er anstatt der Scheinwerfer eingeschaltet hatte, erzeugte nur einen schwachen Schimmer auf den weißen Bordsteinen. Er konnte die Straße kaum erkennen und die mit Felsen übersäten, steilen Böschungen auf beiden Seiten nur erahnen. Ständig spielten ihm seine Augen einen Streich, alles war verschwommen und immer wieder krachten die Reifen gegen die Bordkanten und rissen das Lenkrad herum.
Mittlerweile mussten sie weit zurückgefallen sein. Zu weit zurück. Er murmelte ein Gebet, schaltete die Scheinwerfer des Ladas an und trat das Gaspedal durch. Das war ein Fehler. Ein plötzlicher Windstoß hob den leichten Wagen an und schleuderte ihn zur Seite, sodass er über den Bordstein schlitterte und dann frontal einen Felsblock rammte. Mit einem fürchterlichen Knall wurde die Motorhaube eindrückt, die Sicherheitsgurte pressten sie in die Sitze. Tarek und er schauten sich an. Für Beschuldigungen oder Bedauern war keine Zeit. Sie sprangen aus dem Wagen, liefen zu dem Pick-up, der neben ihnen stehen geblieben war, und hievten sich durchnässt und benommen auf die Ladefläche. Vor allem aber kamen sie sich lächerlich vor.
«Toll
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