Die Jagd am Nil
praktischer, als wenn er es jedes Mal von Deutschland hierher und zurück transportieren muss.» Er reichte Augustin ein Blatt Papier mit Eselsohren. Die Schrift darauf war so ausgebleicht, dass Augustin vors Fenster treten musste, um sie zu lesen. Mortimer Griffin. Reverend Ernest Peterson. Texanische Gesellschaft für biblische Archäologie. Eine Adresse in Borg el-Arab. Das war alles. Es musste aber etwas mit Knox’ Fotos zu tun haben. «Ich würde mir die Ausgrabungsstätte auch gern mal ansehen», murmelte er.
«Vielleicht ist das ja möglich», sagte Mansoor. «Sie haben gesehen, in welcher Verfassung unsere Mitarbeiter sind. Eigentlich muss ich heute hier bei ihnen bleiben. Soll ich den Polizisten fragen, ob Sie ihn an meiner Stelle begleiten können?»
«Ja», meinte Augustin. «Großartige Idee.»
III
Peterson eilte vom Balkon in die Wohnung, entsetzt, dass Knox schon wieder davongekommen war. Der Teufel machte heute Überstunden. Der aufgeklappte Laptop auf dem Küchentisch erinnerte Peterson daran, dass er unbedingt Knox’ Fotos von seiner Ausgrabungsstelle vernichten musste.
Zwei Fenster waren geöffnet, eines zeigte ein Foto einer dunkelhaarigen jungen Frau mit zwei ägyptischen Männern in
galabayas
, das andere eine E-Mail von einer gewissen Gaille Bonnard. Vielleicht handelte es sich dabei um die Frau auf dem Foto. Er überflog den Text und verarbeitete die Information, dass Knox ihr die Fotos geschickt hatte. Dann setzte er sich hin und schrieb eine Antwort.
Liebe Gaille, vielen Dank. Die Bilder sind phantastisch geworden.
Noch eine Bitte: Lösche die Originale und alle Kopien. Kann jetzt nicht erklären, warum. Ich rufe später an. Aber bitte tu, was ich sage.
Lösche so schnell wie möglich alle Fotos! Noch bevor du dich wieder meldest. Sehr, sehr wichtig. Kann jetzt nicht weiter darauf eingehen.
Alles Liebe, Daniel.
Eine improvisierte Lösung, aber sie musste genügen. Er schickte die Nachricht ab und löschte dann ihre E-Mail aus Knox’ Postfach. Er war kein Computerfachmann, aber er hatte Geschichten von Sodomiten und anderen Perversen gehört, die aufgrund von Bildern gefasst worden waren, die man auf ihrer Festplatte gefunden hatte, obwohl sie dachten, sie hätten alles gelöscht. Da er nicht riskieren konnte, dass irgendjemand diese Fotos wiederherstellte, zog er alle Kabel aus dem Laptop, klemmte ihn sich unter den Arm und eilte hinaus.
Kapitel 23
I
Captain Khaled Osman stand am östlichen Nilufer und schaute zu, wie die Autofähre den Discovery und das Fernsehteam über den Fluss brachte.
«Mir gefällt das nicht, Sir», sagte Nasser. «Die Leute kommen zu nah. Wir müssen die Stelle verschließen. Wenn sich die Lage beruhigt hat, können wir jederzeit zurückkommen.»
Khaled war bereits zu dem gleichen Schluss gekommen. Nachdem man die Leiche des Mädchens gefunden hatte, war die Situation zu heiß geworden. Er wandte sich an Nasser. «Faisal und du habt alles, was ihr braucht, oder?»
«Ist schon vor Ort, Sir», bestätigte Nasser. «Geben Sie uns nur zwei Stunden, dann wird niemand mehr wissen, was dort gewesen ist.»
Die Autofähre erreichte das andere Ufer. Der Discovery war ein kleiner Punkt, der den Hang hinauf zur Hauptstraße fuhr und dann hinter Bäumen verschwand. «Na gut», sagte er. «Wir machen es heute Nacht.»
II
Knox versuchte erneut, den Rollladen aufzustemmen, als er hörte, wie die Eingangstür des Miethauses zuschlug. Er schaute gerade noch rechtzeitig über das Geländer, um seinen Angreifer zu sehen, der noch immer Augustins Motorradhelm trugund mit dem Laptop unter dem Arm zu einem blauen Geländewagen auf dem Parkplatz lief. Leider war der Wagen zu weit weg, um das Nummernschild zu erkennen. Der Mann nahm den Helm erst ab, nachdem er eingestiegen war, sodass Knox keine Chance hatte, sein Gesicht zu sehen. Dann war er verschwunden.
Knox machte sich wieder an dem stählernen Rollladen zu schaffen. Doch so sehr er sich auch bemühte, er bekam ihn nicht auf. Anscheinend saß er dort draußen fest, bis der Mieter nach Hause kam. Und wer konnte vorhersagen, wie er reagieren würde? Bestimmt würde er sofort die Polizei rufen. Knox beugte sich über das Geländer. Auf dem Balkon darunter war der Rollladen hochgezogen und die Tür geöffnet. Er rief. Keine Antwort. Er rief lauter. Immer noch nichts. Er hielt inne, um nachzudenken. Hinunterzuklettern würde nicht leicht werden, aber er glaubte, es schaffen zu können. Besser als dort zu
Weitere Kostenlose Bücher