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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Beutel des toten Mädchens auf die Glasplatte einer Ausstellungsvitrine stellte.
    «Darf ich?», fragte sie.
    «Deshalb habe ich sie mitgebracht», sagte Naguib. Er beobachtete, wie sie die Figurine hochnahm und in ihren Händen drehte. «Und?», fragte er.
    «Was wollen Sie wissen?»
    «Was ist das für eine Figur? Wie viel ist sie wert?»
    «Es ist eine Statuette von Echnaton im Amarna-Stil aus rosafarbenem Kalkstein. Was sie wert ist   …» Sie schüttelte bedauernd den Kopf. «Leider nicht sehr viel.»
    «Nicht sehr viel?»
    «Es ist eine Fälschung. Eine von Tausenden.»
    «Aber sie sieht alt aus.»
    «Sie ist auch alt. Viele Fälschungen wurden vor sechzig oder siebzig Jahren hergestellt. Damals gab es einen großen Markt für Antiquitäten aus Amarna. Trotzdem bleibt es eine Fälschung.»
    «Warum sind Sie sich so sicher?»
    «Weil alle Originale vor Jahrhunderten gefunden wurden.»
    Eine Gruppe Schulkinder stürmte schreiend und spielend in die Halle, offenbar froh, dem Gefängnis ihres Klassenzimmers entkommen zu sein. Naguib wartete, bis sie von den peinlich berührten Lehrern vorbeigelotst worden waren, ehe er seine nächste Frage stellte. «Es gibt also Originale?»
    «In Museen, ja.»
    «Und Sie können den Unterschied immer sofort erkennen? Nur durchs Anschauen, meine ich.»
    «Nein», räumte sie ein.
    «Es ist also denkbar, dass ein Original verlorengegangen sein könnte? Dass es, sagen wir, im Sand vergraben war oder in einem unentdeckten Grabmal lag?»
    «Davon müssten Sie einen Käufer erst einmal überzeugen.»
    «Ich habe keine Käufer», erwiderte Naguib knapp. «Ich habe ein totes Mädchen, das möglicherweise wegen dieser Figurine ermordet worden ist. Deshalb muss ich wissen, was ein solches Stück wert ist, wenn es echt wäre.»
    Die Museumsdirektorin betrachtete die Figurine eine Spur respektvoller. «Schwer zu sagen. Originale Artefakte aus Amarna tauchen selten zum Verkauf auf.»
    «Bitte. Ich brauche nur eine grobe Vorstellung. In amerikanischen Dollars: Hundert? Tausend? Zehntausend?»
    «Oh, mehr, viel mehr.»
    «Mehr?» Naguib schluckte.
    «Es wäre nicht nur eine Figurine», erklärte die Frau. «Es wäre Geschichte. Die Geschichte von Amarna. Dafür zahlen die Leutejeden Preis. Aber zuerst muss man nachweisen, dass sie echt ist.»
    «Wie geht man dabei vor? Gibt es Tests?»
    «Selbstverständlich. Chromatographie, Spektographie. Aber keine dieser Analysen ist maßgeblich. Wenn Ihnen ein Experte das eine erzählt, wird ein anderer das Gegenteil behaupten. Sie hätten nur eine Chance, wenn Sie die Herkunft ermitteln könnten.»
    «Die Herkunft?»
    «Sie müssten dieses unentdeckte Grabmal finden. Dann würden wir Ihnen glauben.»
    Naguib brummte. «Und wo müsste ich danach suchen?»
    «In Amarna natürlich. Ich würde die Wadis durchsuchen, die hinaus in die Arabische Wüste führen. Dort sind eine Menge Antiquitäten gefunden worden. Vor allem nach Stürmen. Die hämmern an den Felswänden wie Millionen Spitzhacken. Es kann immer noch passieren, dass die versteckte Öffnung eines alten Grabmals einfach weggerissen wird und die Grabinhalte durch die Wadis und dann in einem riesigen Strom in die Wüste gespült werden.»
    Naguib fühlte sich ein wenig benommen. «Eine Flutwelle», sagte er.
    «Ganz genau», sagte die Direktorin lächelnd. «Eine Flutwelle.»

III
    Augustin wartete im Büro, während Mansoor losging, um den Polizisten davon zu überzeugen, auf seinem Weg nach Borg el-Arab einen anderen Experten mitzunehmen. Er vertrieb sich die Zeit, indem er sich im Internet über die Texanische Gesellschaft für biblische Archäologie informierte. Sie hatte eine eigene Websitemit Gruppenfotos und Kurzübersichten von Ausgrabungen in Alexandria und auf Kefalonia. Die ‹Über uns›-Seite erwähnte ihre Mitgliedschaft in der UMC, allerdings gab es dazu weder einen Link noch eine Erklärung. Dafür fand Augustin eine Kurzbiographie von Griffin, der für eine so kleine Organisation erstaunlich gut qualifiziert war.
    Eine Suche nach Reverend Ernest Peterson ergab ungeheuer viele Treffer. Der Mann war ohne Zweifel eine Persönlichkeit, an der sich die Geister schieden, einerseits verachtet und gefürchtet für seine radikalen religiösen Ansichten, andererseits bewundert für das von seinem Pfarramt gegründete und finanzierte Hospiz, Krankenhaus, Obdachlosenasyl und Rehabilitationszentrum. Außerdem finanzierte er ein privates, christliches College, die Universität der Mission

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