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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Vorher hatten ihn die Bäume verborgen. Der Weg zurück erscheint nur ein einziges Mal. Sie wandte sich dorthin. »Ich muss gehen.« Er ergriff ihre Hand, und es war ihr, als hätten ihre Füße in der Erde Wurzeln geschlagen. Sie hatte nicht die Kraft, sich ihm zu entziehen.
    »Ich weiß nicht, was dich so bewegt, meine liebe Frau, aber was es auch sein mag: Sag es mir, und ich werde es richten. Ich weiß, dass ich vielleicht nicht der beste aller Ehemänner bin. Als ich dich fand, war ich ziemlich ungehobelt, aber du hast zumindest einige meiner Kanten abgeschliffen.«
    »Du bist der beste aller Ehemänner«, murmelte sie. Zu ihrem Schrecken wurde ihr bewusst, dass sie sich an ihn als ihren Mann erinnerte, an Lachen und Weinen, an Streit und süße Versöhnung. Es waren schwache Erinnerungen, aber sie fühlte, wie sie stärker und wärmer wurden. »Ich kann nicht.« Dort drüben stand der Bogen, nur wenige Schritte entfernt. Der Weg zurück erscheint nur ein einziges Mal. Seid standhaft.
    »Ich weiß nicht, was geschieht, Nynaeve, aber ich habe das Gefühl, ich verliere dich. Das könnte ich nicht ertragen.« Er legte eine Hand auf ihr Haar. Sie schloss die Augen und drückte ihre Wange an seine Handfläche. »Bleib immer bei mir!«
    »Ich möchte bleiben«, sagte sie leise. »Ich möchte bei dir bleiben.« Als sie die Augen öffnete, war der Torbogen weg … Nur ein einziges Mal. »Nein. Nein!«
    Lan drehte ihr Gesicht dem seinen zu. »Was ist mit dir? Du musst es mir sagen, wenn ich helfen soll.«
    »Das ist alles nicht wirklich.«
    »Nicht wirklich? Bevor ich dich traf, glaubte ich, bis auf mein Schwert sei nichts real. Sieh dich um, Nynaeve. Es ist die Wirklichkeit. Was auch immer du als real betrachten möchtest, das wird für uns beide real sein.«
    Staunend blickte sie sich um. Die Wiese lag immer noch um sie herum. Die Sieben Türme erhoben sich immer noch über den Tausend Seen. Der Bogen war weg, aber sonst hatte sich nichts verändert. Ich könnte hier bleiben. Bei Lan. Nichts hat sich verändert. Ihre Gedanken überschlugen sich. Nichts hat sich verändert. Egwene ist allein in der Weißen Burg. Rand wird die Macht benutzen und dem Wahn verfallen. Und was ist mit Mat und Perrin? Können sie ein Stück ihres Lebens festhalten und weitermachen? Und Moiraine, die unser Leben so zerrissen hat, ist immer noch frei. »Ich muss zurück«, flüsterte sie. Unfähig, den Schmerz in seinem Gesichtsausdruck zu ertragen, riss sie sich von ihm los. Entschlossen formte sie eine Knospe im Geist, eine weiße Knospe an einem Schlehenzweig. Sie machte die Dornen scharf und gefährlich und wünschte, sie sollten ihre Haut durchbohren. Dabei fühlte sie sich, als habe sie bereits mitten im Schlehengebüsch gehangen. Sheriam Sedais Stimme tanzte gerade außerhalb ihrer Hörweite und sagte ihr, es sei gefährlich, die Eine Macht zu gebrauchen. Die Knospe öffnete sich, und Saidar erfüllte sie mit Licht.
    »Nynaeve, sag mir doch, was los ist!«
    Lans Stimme schnitt in ihre Konzentration. Sie weigerte sich, darauf zu hören. Der Weg zurück musste immer noch existieren. Sie starrte auf die Stelle, wo sich der silberne Bogen befunden hatte. Nichts.
    »Nynaeve …«
    Sie versuchte, sich den Bogen vorzustellen, ihn bis in die kleinste Einzelheit in ihrem Geist neu zu formen, diesen Bogen schimmernden Metalls, der mit einem Glühen wie von brennendem Schnee erfüllt war. Es schien ihr, als verschwimme etwas vor ihr, sei zuerst zwischen den Bäumen und ihr selbst vorhanden, dann wieder nicht, dann doch wieder.
    »… ich liebe dich …«
    Sie zog Energie aus Saidar , trank den Strom der Einen Macht, bis sie glaubte, sie müsse platzen. Das Leuchten erfüllte sie, strahlte von ihr aus, schmerzte in ihren Augen. Die Hitze wollte sie verschlingen. Der flackernde Bogen bildete sich und wurde realer, stand schließlich ganz vor ihr. Feuer und Schmerz schienen sie zu erfüllen. Ihre Knochen brannten; ihr Schädel war ein tobender Hochofen.
    »… von ganzem Herzen.«
    Sie rannte auf die silberne Krümmung zu und gestattete sich keinen Blick zurück. Sie war so sicher gewesen, das Bitterste, was sie je hören könne, sei der Hilfeschrei Marin al’Veres gewesen, als Nynaeve sie im Stich ließ, doch das war Honig gegenüber dem Klang von Lans gequälter Stimme, die sie verfolgte. »Nynaeve, bitte verlass mich nicht!«
    Das weiße Glühen verschlang sie.
    Nackt taumelte Nynaeve durch den Bogen und fiel auf die Knie. Sie schluchzte, und

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