Die Jagd beginnt
Dolchklingen. »Welche Vorzeichen meint Ihr?«
Urien schüttelte den Kopf. »Es heißt, wir würden sie erkennen, wenn wir von ihnen hören, so wie wir ihn erkennen, wenn wir ihn sehen, denn er wird gezeichnet sein. Er wird von Westen kommen, von jenseits des Rückgrats der Welt, aber er ist von unserem Blut. Er wird nach Rhuidean gehen und uns aus dem Dreifachen Land führen.« Er nahm einen Speer in die rechte Hand. Leder und Metall quietschten, als die Soldaten nach ihren Schwertern griffen. Perrin wurde bewusst, dass er wieder seine Axt in der Hand hielt. Doch Verin blickte irritiert drein und bedeutete ihnen, Ruhe zu geben. Urien kratzte mit der Speerspitze einen Kreis in die Erde und dann eine Schlangenlinie, die ihn durchschnitt. »Es heißt, er werde unter diesem Zeichen siegen.«
Ingtar zog beim Anblick dieses Symbols die Stirn kraus. Auf seinem Gesicht zeigte sich kein Erkennen. Doch Mat fluchte unterdrückt, und Perrin merkte, wie sein Mund austrocknete. Das alte Wahrzeichen der Aes Sedai. Verin verwischte das Zeichen mit dem Fuß. »Ich kann Euch nicht sagen, wo er sich befindet, Urien«, sagte sie, »und ich habe nicht von irgendwelchen Vorzeichen gehört, die Euch zu ihm führen können.«
»Dann werde ich meine Suche fortsetzen.« Es war wohl keine Frage, doch Urien wartete, bis sie nickte. Dann blickte er die Shienarer stolz und herausfordernd an, bevor er ihnen den Rücken zuwandte. Er ging mit geschmeidigen Bewegungen fort und verschwand zwischen den Felsen, ohne sich noch einmal umzublicken.
Einige der Soldaten sprachen ärgerlich miteinander. Uno sagte etwas von einem ›verrückten, verdammten Aiel‹, und Masema grollte, sie hätten den Aiel den Raben überlassen sollen.
»Wir haben wertvolle Zeit verschwendet«, verkündete Ingtar laut. »Wir werden schneller reiten, um sie wieder aufzuholen.«
»Ja«, sagte Verin, »wir müssen schneller reiten.«
Ingtar sah sie an, aber die Aes Sedai blickte auf den staubigen Boden hinunter, wo ihr Fuß das Symbol verwischt hatte. »Absitzen«, befahl er. »Rüstungen auf die Packpferde. Wir befinden uns mittlerweile in Cairhien. Wir wollen nicht, dass die Einwohner glauben, wir wollten gegen sie kämpfen. Macht schnell!«
Mat beugte sich zu Perrin hinüber. »Glaubst du …? Glaubst du, dass er von Rand gesprochen hat? Ich weiß, es ist verrückt, aber sogar Ingtar glaubt, er sei ein Aiel.«
»Ich weiß nicht«, sagte Perrin. »Alles war irgendwie verrückt, seit wir an die Aes Sedai geraten sind.«
Verin sagte leise und mehr zu sich selbst, wobei sie immer noch den Boden anblickte: »Es muss ein Teil des Ganzen sein, doch inwiefern? Webt das Rad der Zeit Fäden in das Muster, von denen wir nichts ahnen? Oder berührt der Dunkle König das Muster gerade wieder?«
Perrin rann es kalt den Rücken hinunter.
Verin blickte auf und sah, wie die Soldaten ihre Rüstungen abnahmen. »Beeilt Euch!«, befahl sie in härterem Tonfall als Ingtar und Uno. »Wir müssen uns beeilen!«
KAPITEL 29
Seanchaner
G eofram Bornhald beachtete den Gestank brennender Häuser und die Leichen nicht, die im Schmutz der Straße lagen. Byar und eine weiß gekleidete Hundertschaft Soldaten ritten direkt hinter ihm in das Dorf hinein. Das war die Hälfte der Männer, die er bei sich hatte. Seine Legion war für seinen Geschmack zu weit verstreut, und zu viele der Offiziersposten waren von Zweiflern besetzt, aber seine Befehle waren ganz eindeutig gewesen: Gehorcht den Zweiflern.
Hier hatte es nur vereinzelt Widerstand gegeben; nur über einem halben Dutzend Behausungen standen Rauchwolken. Wie er sah, stand die Schenke noch: weiß verputzte Steinmauern wie bei den meisten Gebäuden auf der Ebene von Almoth.
Er hielt sein Pferd vor der Schenke an. Sein Blick streifte die Gefangenen, die von seinen Soldaten beim Dorfbrunnen aufgestellt worden waren, und blieb dann an dem Galgen hängen, der das Dorfgrün verunzierte. Er war offensichtlich hastig zusammengezimmert worden: nur ein langer Querbalken auf hohen Stützen. Daran hingen dreißig Leichen, deren Kleidung im leichten Wind flatterte. Zwischen den Leichen von Erwachsenen hingen auch kleine Körper. Selbst Byar betrachtete sie ungläubig.
»Muadh!«, brüllte er. Ein grauhaariger Mann löste sich aus der Gruppe, die die Gefangenen bewachte. Muadh war einst in die Hände von Schattenfreunden gefallen. Sein vernarbtes Gesicht schreckte auch die Abgebrühtesten noch ab. »Ist das Euer Werk, Muadh, oder das der
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