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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ernst klangen, umarmten sich die beiden Frauen. »Aber wenn du das noch mal machst«, lachte Min, »werde ich dir eins aufs Ohr geben.«
    »Das nächste Mal werfe ich etwas nach dir«, antwortete Nynaeve. Auch sie lachte dabei, doch ihr Lachen brach unvermittelt ab, als ihr Blick auf Egwene und Elayne fiel. »Ihr hört sofort damit auf, oder jemand wird tatsächlich zu Sheriam gehen!«
    »Nynaeve, das würdest du doch nicht machen!«, protestierte Egwene. Als sie aber Nynaeves Blick bemerkte, unterbrach sie rasch ihren Kontakt zu Saidar . »Schon gut, ich glaube dir ja. Du musst es mir nicht beweisen.«
    »Wir müssen üben«, sagte Elayne. »Sie verlangen immer mehr von uns. Wenn wir nicht noch für uns allein übten, würden wir nicht mehr mitkommen.« Ihr Gesicht wirkte ruhig und gesammelt, aber sie hatte genauso eilig wie Egwene Saidar fahren lassen.
    »Und was geschieht, wenn ihr zu viel der Macht an euch zieht und keiner da ist, der euch aufhalten kann?«, fragte Nynaeve. »Ich wünschte, ihr hättet ein bisschen mehr Angst. Ich habe Angst. Glaubt ihr vielleicht, ich wüsste nicht, wie ihr euch fühlt? Sie ist immer da, und ihr möchtet euch voll saugen damit. Manchmal kann ich mich auch kaum zurückhalten; ich will alles auf einmal. Ich weiß, dass ich verbrennen würde, und trotzdem will ich es tun.« Sie schauderte. »Ich wünschte wirklich, ihr hättet etwas mehr Angst davor.«
    »Ich fürchte mich durchaus«, sagte Egwene seufzend. »Ich habe sogar schreckliche Angst. Aber das hilft überhaupt nicht. Wie ist es bei dir, Elayne?«
    »Das Einzige, wovor ich mich fürchte«, meinte Elayne schnippisch, »ist Geschirrspülen. Mir scheint, ich muss jeden Tag abspülen.« Egwene warf ihr Kissen nach Elayne. Elayne fing es vor ihrem Kopf ab und warf es zurück. Dann ließ sie jedoch die Schultern hängen. »Ach, ja, stimmt schon. Ich habe solche Angst, dass ich nicht weiß, warum meine Zähne nicht die ganze Zeit klappern. Elaida hat mir gesagt, ich würde mich derart ängstigen, dass ich am liebsten mit dem Fahrenden Volk wegrennen wollte, aber damals habe ich das nicht verstanden. Ein Mann, der einen Ochsen so antreibt wie man uns antreibt, wäre überall verschrien. Ich bin die ganze Zeit über müde. Ich wache müde auf und gehe erschöpft schlafen. Manchmal habe ich solche Angst davor, ich könnte mehr Macht an mich reißen und lenken, als ich beherrsche, dass ich …« Sie blickte auf ihren Schoß herab und beendete den Satz nicht.
    Egwene wusste, was sie unausgesprochen gelassen hatte. Ihre Zimmer lagen direkt nebeneinander, und wie in vielen dieser Novizinnenzimmer hatten irgendwelche Vorbewohnerinnen vor langer Zeit ein kleines Loch durch die Zwischenwand gebohrt. Es war zu klein, um bemerkt zu werden, wenn man nicht genau wusste, wo es sich befand, aber sehr nützlich, wenn man sich nach dem Löschen der Lampen noch unterhalten wollte. Zu der Zeit durften die Mädchen ihre Zimmer nicht mehr verlassen. Egwene hatte mehr als einmal gehört, wie Elayne sich in den Schlaf geweint hatte, und sie bezweifelte nicht, dass Elayne ihr eigenes Weinen gehört hatte.
    »Die Vorstellung mit dem Fahrenden Volk ist verlockend«, stimmte Nynaeve zu, »aber wohin du auch immer gehst, es ändert nichts an deinen Fähigkeiten. Vor Saidar kannst du nicht wegrennen.« Es klang nicht so, als gefiele ihr das, was sie gesagt hatte.
    »Was siehst du, Min?«, fragte Elayne. »Werden wir alle mächtige Aes Sedai oder müssen wir den Rest unseres Lebens damit verbringen, Geschirr abzuspülen, oder werden wir …« Sie zuckte unangenehm berührt die Achseln, als wolle sie die dritte Möglichkeit, die ihr eingefallen war, lieber nicht aussprechen. Heimgeschickt. Aus der Burg geworfen. Seit Egwene angekommen war, hatte man bereits zwei Novizinnen weggeschickt, und jede sprach von ihnen nur im Flüsterton, als seien sie tot.
    Min rutschte auf ihrem Hocker umher. »Ich lese nicht gern Freundinnen die Zukunft«, knurrte sie. »Die Freundschaft ist dabei meist im Weg. Ich versuche dann, aus allem nur das Beste herauszulesen. Deshalb tue ich das nicht mehr für euch. Außerdem hat sich bei euch auch nichts geändert, seit …« Sie blinzelte sie an, und plötzlich runzelte sie die Stirn. »Das ist neu«, hauchte sie.
    »Was?«, fragte Nynaeve in scharfem Ton.
    Min zögerte, bevor sie antwortete: »Gefahr. Ihr befindet euch alle in irgendeiner Gefahr. Oder ihr werdet euch sehr bald in einer Gefahr befinden. Ich kann nichts Genaues

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