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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Wir werden beide vor den Hof der Neun Monde gerufen – du wegen deiner Fähigkeiten und ich als deine Sul’dam und Ausbilderin –, und ich werde dir nicht gestatten, mich in den Augen der Kaiserin lächerlich zu machen. Ich werde aufhören, wenn du mir sagst, wie sehr du es liebst, Damane sein zu dürfen, und wie folgsam du künftig sein wirst. Und, Tuli, du musst mich Wort für Wort von deiner Ernsthaftigkeit überzeugen!«

KAPITEL 43

    Ein Plan
    D raußen in dem niedrigen Flur grub Min die Fingernägel in die Handflächen, als der erste durchdringende Schrei aus dem Zimmer ertönte. Sie tat einen Schritt auf die Tür zu, bevor sie sich zusammenriss. Dafür traten ihr die Tränen in die Augen. Licht, hilf mir. Alles, was ich anstelle, macht die Lage nur noch schlimmer. Egwene, es tut mir so Leid. Es tut mir so Leid.
    Sie fühlte sich nutzloser als nutzlos. So hob sie den Rock hoch und rannte weg. Egwenes Schreie verfolgten sie. Sie brachte es nicht fertig zu bleiben, aber nun fühlte sie sich wie ein Feigling. Halb blind vor Tränen stand sie auf der Straße, bevor sie es bemerkte. Sie hatte in ihr eigenes Zimmer zurücklaufen wollen, aber das brachte sie jetzt auch nicht fertig. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Egwene Schmerzen erlitt, während sie bequem und sicher unter dem nächsten Dach hockte. Sie rieb sich die Tränen aus den Augen, hängte sich den Umhang um und ging die Straße hinunter. Jedes Mal, wenn ihre Augen wieder frei waren, kamen neue Tränen. Sie weinte sonst niemals in der Öffentlichkeit, aber sie hatte sich noch nie so hilflos und unnütz gefühlt. Ihr war es gleich, wohin ihre Schritte sie führten, aber es musste so weit wie möglich von Egwenes Schreien entfernt sein.
    »Min!«
    Als sie den leisen Ruf vernahm, blieb sie jäh stehen. Zuerst konnte sie die Ruferin nicht entdecken. So nahe bei den Behausungen der Damane hielten sich nur wenige Leute auf der Straße auf. Abgesehen von einem einzelnen Mann, der sich bemühte, zwei seanchanische Soldaten für den Kauf eines Bildes zu begeistern, das er mit seinen Farbkreiden von ihnen malen wollte, schritten hier alle Einheimischen schneller voran als sonst üblich. Eine Sul’dam stolzierte vorbei. Ihre Damane trottete mit gesenktem Blick hinter ihr her. Die beiden Seanchanerinnen unterhielten sich darüber, wie viele weitere Marath’Damane man wohl noch finden könne, bevor sie zurücksegelten. Mins Blick wanderte flüchtig über die beiden Frauen in langen Schafsledermänteln und kehrte staunend zu ihnen zurück. Die beiden kamen auf sie zu. »Nynaeve? Elayne?«
    »Wer denn sonst?« Nynaeve lächelte gequält, und beide Frauen zeigten nervöse, angespannte Mienen. Min war sicher, dass sie noch niemals etwas so Wundervolles erlebt hatte wie diesen unverhofften Anblick. »Diese Farbe steht dir«, fuhr Nynaeve fort. »Du hättest längst solche Kleider tragen sollen. Allerdings habe ich mir auch manchmal gewünscht, Hosen zu tragen, nachdem ich sie bei dir gesehen hatte.« Ihre Stimme klang schärfer, als sie nahe genug war, um Mins Gesicht eingehender zu mustern. »Was ist los?«
    »Du hast geweint«, stellte Elayne fest. »Ist Egwene etwas passiert?«
    Min fuhr zusammen und blickte sich ängstlich um. Eine Sul’dam und ihre Damane kamen die gleiche Treppe herunter wie sie zuvor, wandten sich dann aber in die Gegenrichtung, zu den Stallungen hin. Eine weitere Frau mit den Blitzabzeichen auf dem Kleid stand oben auf der Treppe und unterhielt sich mit jemandem. Min packte ihre Freundinnen am Arm und zog sie eilig mit sich die Straße hinunter in Richtung Hafen. »Es ist gefährlich hier für euch beide. Beim Licht, es ist schon gefährlich, dass ihr euch in Falme aufhaltet. Überall laufen Damane herum, und wenn sie euch finden … Ihr wisst, was Damane sind? Ach, ihr ahnt nicht, wie schön es ist, euch zu sehen.«
    »Wahrscheinlich nur halb so schön wie umgekehrt«, sagte Nynaeve. »Weißt du, wo Egwene ist? Befindet sie sich in einem dieser Gebäude? Geht es ihr gut?«
    Min zögerte ein wenig und sagte dann: »Es geht ihr so wie unter diesen Umständen möglich.« Min ahnte schon, was geschähe, wenn sie ihnen alles erzählte, was Egwene in diesem Moment angetan wurde. Bei Nynaeve war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sofort losstürmte, um Egwene zu helfen. Licht, hoffentlich ist es jetzt vorbei. Licht, hoffentlich beugt sie ihren sturen Kopf, bevor sie ihn verliert. »Aber ich weiß nicht, wie ich sie rausholen soll.

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