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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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schwebte ein schwerer goldener Männerring, über Elaynes Kopf waren ein rot glühender Eisenstab und eine Axt zu sehen. Sie war sicher, dass dies Ärger bedeutete, aber es schien noch fern – irgendwann in der Zukunft. Es dauerte alles nur einen Augenblick, und dann sah sie nur noch Nynaeve und Elayne selbst, die sie erwartungsvoll ansahen.
    »Es ist drunten in der Nähe des Hafens«, sagte sie.
    Je näher sie dem Hafen kamen, desto belebter wurde die steil abfallende Straße. Straßenhändler standen neben Kaufleuten, die ihre Wagen von den Dörfern im Landesinneren hergebracht hatten und nun hier überwinterten. Hausierer mit ihren Bauchläden sprachen Passanten an. Einheimische in bestickten Umhängen schoben sich an Bauernfamilien in schweren Wollmänteln vorbei. Viele Menschen waren aus den Dörfern weiter oben an der Küste hierher geflohen. Min kam das sinnlos vor. Sie waren vor den Seanchanern geflohen und ihnen hier erst recht in die Arme gelaufen. Aber sie hatte auch gehört, was die Seanchaner taten, wenn sie ein Dorf zum ersten Mal betraten, und so konnte sie die Leute doch wieder verstehen, wenn sie vor einem weiteren Zusammentreffen dieser Art flohen. Jeder verbeugte sich, wenn ein Seanchaner vorbeikam oder wenn eine Sänfte mit zugezogenen Vorhängen die Straße hinaufgetragen wurde.
    Min war froh, dass Elayne und Nynaeve offensichtlich wussten, wie man sich verbeugen musste. Die Träger mit ihren nackten Oberkörpern beachteten die sich verbeugenden Menschen genauso wenig, wie es die hochmütigen Soldaten in ihren Rüstungen taten, aber wenn man sich nicht verbeugte, fiel man garantiert auf.
    Sie unterhielten sich ein wenig, während sie die Straße hinunterschritten, und Min war überrascht zu hören, dass die beiden nur wenige Tage nach Egwene und ihr hier eingetroffen waren. Dann sagte sie sich aber, es sei kein Wunder, dass sie sich nicht früher getroffen hatten – bei so vielen Menschen, die die Straßen ständig bevölkerten. Sie hatte gezögert, mehr Zeit als notwendig von Egwene entfernt zu verbringen. Sie hatte immer Angst, beim nächsten Besuch erfahren zu müssen, dass Egwene weg sei. Und genau das wird geschehen, falls Nynaeve nicht einen wirklich guten Einfall hat. Der Geruch nach Salz und Pech wurde stärker. Möwen kreischten und kreisten über ihnen. In der Menge tauchten immer mehr Seeleute auf – manche von ihnen trotz der Kälte immer noch barfuß.
    Die Schenke hatte man eiligst auf Die drei Pflaumenblüten umgetauft, doch unter der nachlässig hingeschmierten Farbschicht konnte man noch das Wort Wächter erkennen. Trotz der Menschenmenge draußen war der Schankraum etwa zur Hälfte voll. Die Preise waren zu hoch, und die Leute konnten es sich nicht mehr leisten, gemütlich bei ihrem Bier zu sitzen. Prasselnde Flammen in den Kaminen an beiden Seiten erwärmten den Raum, und der fette Wirt lief in Hemdsärmeln herum. Er musterte mit gerunzelter Stirn die drei Frauen, und Min glaubte, dass nur ihr seanchanisches Kleid ihn daran hinderte, sie hinauszuwerfen. Nynaeve und Elayne in ihrer Bauernkleidung sahen nicht so aus, als hätten sie Geld zum Ausgeben.
    Der Mann, den sie suchte, saß allein an einem Tisch in der Ecke, auf seinem gewohnten Platz, und starrte in seinen Weinkrug. »Habt Ihr Zeit für ein Gespräch, Kapitän Domon?«, fragte sie.
    Er blickte auf und strich sich mit der Hand über den Bart, als er sah, dass sie nicht allein war. Sie hatte immer noch den Eindruck, dass seine Oberlippe mit Bart eigenartig aussah. »Also du bringen Freundinnen, um meine Münzen aufzutrinken, ja? Na ja, dieser seanchanische Lord meine Ladung kaufen, also ich habe Münzen genug. Setzt.« Elayne schreckte zusammen, als er plötzlich brüllte: »Wirt! Glühwein her!«
    »Es ist schon gut«, sagte Min und setzte sich ans Ende einer der Bänke am Tisch. »Er sieht nur so aus und klingt wie ein Bär.« Elayne setzte sich mit zweifelnder Miene ans andere Tischende.
    »Ein Bär ich sein?«, lachte Domon. »Vielleicht. Aber was sein mit dir, Mädchen? Hast du aufgegeben mitzusegeln? Dieses Kleid mir ganz nach Seanchan aussehen.«
    »Niemals!«, sagte Min wild, doch sie schwieg sofort, als die Bedienung mit Krügen voll dampfend heißen Glühweins an ihren Tisch trat.
    Auch Domon war vorsichtig. Er wartete, bis das Mädchen mit seinem Geld wieder verschwunden war, und dann sagte er: »Glück stich mich, Mädchen, ich es nicht meinen so. Die meisten Leute einfach nur weiterleben wollen, gleich, ob

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