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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zu berühren und den Strom der Macht in ihrem Körper zu fühlen. Sie verabscheute die Dinge, die sie für Renna und die anderen Sul’dam tun musste, doch sie war sicher, dass sie mittlerweile ein viel größeres Potenzial aufwies als zuvor in Tar Valon. Sie wusste, dass sie mithilfe der Macht Dinge tun konnte, an die keine Schwester in der Burg je auch nur gedacht hatte; sie dachten nie daran, die Erde aufzureißen, um Männer zu töten.
    »Vielleicht musst du dir über all das bald keine Sorgen mehr machen«, sagte Min grinsend. »Ich habe ein Schiff für uns gefunden, Egwene. Der Kapitän ist von den Seanchanern festgehalten worden, und jetzt ist er so weit, dass er segeln will, gleichgültig, ob er eine Erlaubnis hat oder nicht.«
    »Wenn er dich mitnimmt, Min, dann segle mit ihm«, sagte Egwene ergeben. »Ich sagte dir ja, dass ich nun wertvoll bin. Renna meint, dass man in ein paar Tagen ein Schiff hinüber nach Seanchan schicken wird. Und das nur, um mich dorthin zu bringen.«
    Min verging das Grinsen, und sie blickten einander in die Augen. Plötzlich warf Min den Stein zurück auf den Stapel, und er flog auseinander. »Es muss einen Weg von hier fort geben. Es muss möglich sein, dieses verdammte Ding um deinen Hals zu lösen!«
    Egwene lehnte den Kopf zurück an die Wand. »Du weißt doch, dass die Seanchaner jede Frau eingefangen haben, die auch nur ein winziges bisschen der Macht beherrschen kann, alle, die sie finden konnten. Sie kommen von überall her, nicht nur aus Falme, sondern auch aus den Fischerdörfern und aus Bauerndörfern im Landesinneren. Taraboner und Domanifrauen, Passagiere der von ihnen gekaperten Schiffe. Es sind auch zwei Aes Sedai darunter.«
    »Aes Sedai!«, rief Min. Gewohnheitsmäßig sah sie sich um, ob auch keine Seanchaner gehört hatten, welche Bezeichnung sie da aussprach. »Egwene, wenn sich hier Aes Sedai befinden, können sie uns helfen. Lass mich mit ihnen sprechen und …«
    »Sie können sich nicht einmal selbst helfen, Min. Ich habe nur mit einer gesprochen. Sie heißt Ryma. Die Sul’dam nennen sie nicht so, aber das ist ihr Name. Sie wollte, dass ich ihn kenne. Sie sagte mir, dass noch eine da sei. Das erzählte sie mir unter Tränen. Sie ist eine Aes Sedai, und sie weinte bitterlich, Min! Sie trägt ein Halsband, sie wird hier Pura genannt, und sie kann nichts dagegen tun, genauso wenig wie ich. Sie haben sie bei der Kapitulation Falmes gefangen genommen. Sie weinte, weil sie den Widerstand aufgab, weil sie es nicht mehr ertragen kann, bestraft zu werden. Sie weinte, weil sie Selbstmord begehen wollte und auch das nicht ohne Erlaubnis fertig bringt. Licht, ich weiß, wie sie sich fühlt!«
    Min rutschte nervös umher und strich sich ständig das Kleid glatt. »Egwene, das willst du doch nicht … Egwene, du darfst nicht daran denken, dir etwas anzutun. Ich hole dich irgendwie hier heraus. Ganz bestimmt!«
    »Ich werde mich nicht umbringen«, meinte Egwene trocken. »Nicht einmal, wenn ich könnte. Gib mir dein Messer. Komm schon! Ich werde mich schon nicht verletzen. Gib’s mir nur einfach.«
    Min zögerte und zog dann langsam ihr Messer aus der Scheide. Sie hielt es ihr vorsichtig hin. Offensichtlich war sie sprungbereit, sollte Egwene irgendetwas versuchen.
    Egwene atmete tief ein und griff nach dem Knauf. Ein leichtes Zittern durchlief ihre Armmuskulatur. Als ihre Hand sich dem Messer auf etwa ein Fuß Entfernung genähert hatte, krümmten sich plötzlich ihre Finger unter einem Krampf. Mit starr geradeaus gerichtetem Blick bemühte sie sich, ihre Hand noch näher heranzuzwingen. Der Krampf erfasste ihren ganzen Arm und verhärtete die Muskeln bis hinauf zur Schulter. Aufstöhnend sackte sie zusammen und konzentrierte sich in Gedanken darauf, das Messer nicht zu berühren. Langsam ließ der Schmerz nach.
    Min sah sie ungläubig an. »Was …? Ich verstehe nicht.«
    »Einer Damane ist es nicht erlaubt, irgendeine Waffe zu berühren.« Sie massierte ihren Arm und fühlte, wie die Anspannung nachließ. »Man schneidet uns sogar das Fleisch vor. Ich will mich gar nicht verletzen, aber selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht. Man lässt auch keine Damane irgendwo allein, wo sie aus größerer Höhe hinabspringen könnte. Dieses Fenster hier hat man zugenagelt. Wir können auch nicht in einen Fluss springen.«
    »Na, das ist doch gut. Ich meine … Ach, ich weiß selbst nicht, was ich meine. Falls du in einen Fluss sprängst, könntest du

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