Die Jagd beginnt
Lederbeutel auf den Tisch und legte eine versiegelte Urkunde daneben. In dem schweren Beutel klimperte es, als er über den Tisch geschoben wurde. Der große rote Wachsfleck, der das zusammengerollte Pergament verschloss, trug das Zeichen der vielstrahligen Aufgehenden Sonne von Cairhien. »Zweihundert jetzt gleich. Ich glaube, für tausend Goldstücke muss ich keine Namen nennen. Gebt das Pergament mit unbeschädigtem Siegel dem Hafenkapitän von Mayene, und er wird Euch dreihundert mehr übergeben und Euren Passagier. Ich werde Euch den Rest aushändigen, wenn Euer Passagier hier ankommt. Falls Ihr nicht versucht habt, die Identität dieser Person herauszufinden.«
Domon atmete tief ein. Glück, es sein wert diese Reise, auch wenn kein Pfennig mehr dafür bezahlen als was ist in diesem Beutel. Und tausend Goldstücke waren mehr Geld, als er in zwei oder mehr Jahren verdienen konnte. Er vermutete, falls er noch ein wenig bohrte, würde er weitere Andeutungen erhalten – nur Andeutungen –, dass die Reise mit geheimen Absprachen zwischen dem Rat der Neun von Illian und der Ersten von Mayene zu tun habe. Der Stadtstaat der Ersten war nur dem Namen nach eine Provinz von Tear, und sie würde zweifellos Hilfe aus Illian begrüßen. Und es gab viele in Illian, die meinten, es sei Zeit für einen neuen Krieg und dass Tear mehr vom Seehandel auf dem Meer der Stürme beherrschte, als gut sei. Ein hervorragender Köder, um ihn einzufangen, wenn er nicht im letzten Monat schon drei ähnliche vor die Nase gehalten bekommen hätte.
Er streckte die Hand aus, um den Beutel zu nehmen, doch der Mann, der mit ihm gesprochen hatte, packte ihn am Handgelenk. Domon funkelte ihn an, aber er erwiderte den Blick ganz gelassen.
»Ihr müsst so schnell wie möglich segeln, Kapitän.«
»Beim ersten Tageslicht«, grollte Domon, und der Mann nickte und ließ ihn los.
»Also dann beim ersten Tageslicht, Kapitän Domon. Denkt daran, Verschwiegenheit hält einen Mann am Leben, damit er sein Geld auch ausgeben kann.«
Domon beobachtete die drei, als sie die Schenke verließen, und dann starrte er mit saurer Miene auf die Urkunde und den Beutel auf dem Tisch vor seiner Nase. Jemand wollte, dass er nach Osten reiste. Tear oder Mayene, das spielte keine große Rolle, solange er nur nach Osten fuhr. Er glaubte zu wissen, wer das wollte. Und andererseits haben ich keinen echten Hinweis auf sie . Wer konnte wissen, wer ein Schattenfreund war und wer nicht? Aber er wusste, dass Schattenfreunde hinter ihm her waren, seit er Marabon verlassen hatte und flussabwärts gefahren war. Schattenfreunde und Trollocs. Da war er sich ganz sicher. Die wirkliche Frage, auf die er auch nicht den Schimmer einer Antwort hatte, war, warum sie das taten.
»Schwierigkeiten, Bayle?«, fragte Nieda. »Du siehst aus, als hättest du einen Trolloc gesehen.« Sie kicherte – ein unmöglicher Laut von einer Frau ihrer Statur. Wie die meisten Leute, die nie in den Grenzlanden gewesen waren, glaubte Nieda nicht an die Existenz von Trollocs. Er hatte versucht, sie von der Wahrheit zu überzeugen, doch ihr gefielen seine Geschichten wohl, sie hielt sie aber allesamt für erlogen. Sie glaubte auch nicht an Schnee.
»Keine Schwierigkeiten, Nieda.« Er band den Beutel auf, holte ohne hinzuschauen eine Münze heraus und warf sie ihr zu. »Runden für jeden, bis das hier aufgebraucht ist, und dann geben ich dir noch eine.«
Nieda sah die Münze überrascht an. »Eine Goldmünze aus Tar Valon? Handelst du jetzt mit den Hexen, Bayle?«
»Nein«, sagte er heiser. »Machen ich nicht!«
Sie biss auf die Münze und steckte sie dann schnell hinter ihren breiten Gürtel. »Na ja, sagt man halt so. Und ich schätze, Hexen sind sowieso nicht so schlecht, wie manche sagen. Das sage ich sonst nicht zu irgendwelchen anderen Männern. Ich kenne einen Geldwechsler, der nimmt so was. Du brauchst mir nicht mehr zu geben, bei so wenigen Gästen wie heute Abend. Mehr Bier für dich, Bayle?«
Er nickte betrübt, obwohl sein Krug noch halb voll war, und sie entfernte sich. Sie war eine Freundin und würde nicht weitererzählen, was sie gesehen hatte. Er saß da und starrte den Lederbeutel an. Ein weiterer Krug wurde gebracht, bevor er sich aufraffen konnte, den Beutel weit genug zu öffnen, um sich die Münzen darin anzusehen. Er fuhr mit einem schwieligen Finger darin herum. Goldstücke glitzerten ihn im Lampenschein an, und jedes davon trug die verräterische Flamme von Tar Valon. Hastig
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