Die Jagd nach dem Meteore
nachzustellen, und die Befürchtung, dabei einer vom andern überholt zu werden, verhinderte sie, auch nur einen Augenblick zu rasten. Die Eifersucht nagte ihnen am Herzen, und die beiden Familien litten nicht wenig wegen dieses Wetteifers.
Es lag auch Grund genug zur Beunruhigung vor. Ihre trüben Ahnungen verkörperten sich von Tag zu Tag mehr, und Mr. Dean Forsyth sowie der Doktor Hudelson, früher zwei so vertraute Freunde, überschritten keiner mehr die Schwelle des andern.
Das brachte die beiden Verlobten in eine recht peinliche Lage. Sie sahen einander ja trotzdem alle Tage, denn die Türe des Hauses in der Morrißstraße stand für Francis Gordon offen wie bisher. Mrs. Hudelson kam diesem immer mit demselben Vertrauen, derselben Freundlichkeit entgegen, sie fühlte aber recht wohl, daß der Doktor dessen Anwesenheit nur mit heimlichem Unwillen betrachtete. Es wirkte jetzt ganz anders als sonst, wenn Mr. Dean Forsyth erwähnt wurde: da wurde Sydney Hudelson erst ganz blaß, dann puterrot und seine Augen schossen Blitze, die er freilich bald durch das Niederschlagen der Lider verdeckte, und diese beklagenswerten Erscheinungen, die Folgen einer gegenseitigen Antipathie, hätte man ganz ebenso bei Mr. Dean Forsyth beobachten können.
Mrs. Hudelson hatte vergeblich versucht, die Ursache der Erkältung – noch mehr: dieser Aversion – kennen zu lernen, die zwischen den beiden alten Freunden eingetreten war. Ihr Gatte antwortete dann aber auf eine diesbezügliche Frage:
»Das ist unnütz! Du würdest es doch nicht verstehen; ich hätte mich aber eines solchen Benehmens seitens Forsyths nicht versehen!«
Welches Benehmens? Eine Erklärung hierüber war nicht zu erlangen. Selbst Loo, das verhätschelte Kind, wußte nichts. Sie hatte allerdings vorgeschlagen, Mr. Forsyth bis in seinen Turm hinauf aufzusuchen; Francis hatte ihr aber diesen kühnen Gedanken ausgeredet.
»Nein, ich hätte niemals geglaubt, daß Hudelson mir gegenüber eines solchen Benehmens fähig wäre!« so würde ohne Zweifel – ganz entsprechend der des Doktors – die einzige Antwort des Oheims Francis Gordons gelautet haben.
Einen Beweis dafür lieferte die Art und Weise, wie Mr. Dean Forsyth einmal Mitz abgefertigt hatte, als diese sich eine bezügliche Frage erlaubte.
»Kümmern Sie sich allein um Ihre eignen Angelegenheiten!« hatte er ihr trocknen, mürrischen Tones geantwortet.
Wenn es Mr. Dean Forsyth aber wagte, der »furchtbaren« Mitz so entgegenzutreten, mußte er dafür sehr schwerwiegende Gründe haben.
Mitz fühlte sich dadurch »bis auf die Knochen beleidigt« – um einen ihrer Kraftausdrücke zu gebrauchen – und sie versicherte, daß sie sich fast hätte »die Zunge abbeißen« müssen, um sich nicht gegen eine so unverantwortliche Zurechtweisung zu verteidigen. Ihr Urteil über ihren Herrn stand aber fest und sie machte auch kein Geheimnis daraus. Für sie war Mr. Forsyth ein Narr, was schon ganz einfach durch die unbequeme Lage bewiesen würde, die er einhalten mußte, wenn er durch seine Instrumente sah, vorzüglich wenn ihn Beobachtungen am Zenith zwangen, den Kopf übermäßig zurückzubeugen. Mitz nahm an, daß sich Mr. Forsyth durch diese Haltung etwas in der Wirbelsäule gebrochen haben müsse.
Niemals bleibt nun aber ein Geheimnis so sorgfältig bewahrt, daß nicht gelegentlich etwas davon durchsickerte. So erfuhr man denn schließlich durch eine kleine Indiskretion Omikrons, um was es sich hier handelte. Sein Herr hatte eine ganz außergewöhnliche Feuerkugel entdeckt und befürchtete, daß diese Entdeckung auch von dem Doktor Hudelson gemacht worden wäre.
Das war also die Ursache dieses lächerlichen Zwiespaltes! Ein Meteor, eine Feuerkugel, ein Aerolith, eine Sternschnuppe, ein Stein, vielleicht ein großer, aber doch nur ein Stein, ein simpler Kiesel, an dem der Hochzeitswagen für Francis und Jenny zu zerschellen drohte!
Loo genierte sich auch gar nicht, »alle Meteore und mit ihnen die gesamte Himmelsmechanik zum Teufel« zu wünschen.
Inzwischen verstrich die Zeit… Tag um Tag wich der März mehr zurück um dem April Platz zu machen. Bald nahte der für die Trauung festgesetzte Termin heran. Würde bis dahin aber nichts geschehen? Bisher ruhte jene beklagenswerte Rivalität nur auf Vermutungen, auf Hypothesen. Was würde aber die Folge sein, wenn ein unerwarteter Zwischenfall sie an den hellen Tag brachte, wenn die beiden Rivalen etwa in einem Streite aneinanderprallten?
Diese sehr begründeten
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