Die Jagd nach dem Meteore
Befürchtungen hatten die Vorbereitungen zur Hochzeit bisher noch nicht unterbrochen. Alles würde zu jenem Tage fertig sein, auch das schöne Kleid der mutwilligen Loo.
Die ersten vierzehn Tage des April verliefen unter abscheulichen Witterungsverhältnissen; mit Regen, Wind und einem Himmel, an dem dicke Wolken einander jagten. Die Sonne, die am Firmament schon einen hohen Bogen beschrieb, und der fast volle Mond, der die Erde mit seinen Strahlen hätte beleuchten können, ließen sich ebensowenig erblicken wie
a fortiori
das unauffindbare Meteor.
Mrs. Hudelson, Jenny und Francis Gordon hatten sich wegen der Unmöglichkeit jeder astronomischen Beobachtung gerade nicht zu beklagen, und selbst Loo, sonst eine Feindin des Windes und Regens, hätte sich jetzt über einen blauen Himmel nicht so aufrichtig gefreut wie über die Fortdauer des schlechten Wetters.
»Wenn’s nur wenigstens bis zur Hochzeit anhält, rief sie, und man die nächsten drei Wochen keine Sonne, keinen Mond und nicht das winzigste Sternchen sieht!«
Zur großen Enttäuschung Loos änderte sich aber das Wetter und die atmosphärischen Verhältnisse schlugen in der Nacht vom 15. zum 16. ins Gegenteil um. Eine nördliche Brise vertrieb alle Dunstmassen und der Himmel zeigte sich bald in voller Reinheit.
… bei denen keine Stunde verloren werden durfte. (S. 48.)
Mr. Forsyth auf seinem Turme und der Doktor Hudelson auf dem seinigen gingen sofort wieder daran, das Firmament über Whaston vom Horizont bis zum Zenith abzusuchen.
Zog denn das Meteor jetzt vor ihren Fernrohren vorüber?… Das schien offenbar, nach den sauertöpfischen Mienen der beiden Männer zu urteilen, nicht der Fall zu sein. Ihre gleichmäßig schlechte Laune deutete auf ein doppeltes und gleichmäßiges Mißgeschick. Diese Anschauung wäre auch richtig gewesen. Nein, Mr. Sydney Hudelson hatte am Himmel nichts gesehen, und Mr. Dean Forsyth auch nicht mehr.
Hier befand sich eine mit Geländer umgebene Terrasse… (S. 51.)
Sollte es sich hierbei also wirklich um ein umherschweifendes Meteor handeln, das der Anziehungskraft der Erde für immer entwichen wäre?
Ein kleiner Artikel in den Journalen vom 19. April sollte sie hierüber aufklären.
Die von der Sternwarte in Boston ausgegangene Mitteilung hatte folgenden Wortlaut:
»Vorgestern, am Abend des 17. April, hat sich um neun Uhr und neunzehn Minuten neun Sekunden eine Feuerkugel von außergewöhnlicher Größe gezeigt, die über den westlichen Teil des Himmels mit ungeheurer Schnelligkeit hinflog.
Ein merkwürdiger Umstand, dazu angetan, der Eigenliebe der Stadt Whaston zu schmeicheln, war dabei der, daß dieses Meteor am gleichen Tage (am 16. März) und genau zur gleichen Zeit von zwei ihrer hervorragendsten Bürger entdeckt worden zu sein scheint.
Nach einer Mitteilung der Sternwarte in Pittsburg wäre dieser Himmelskörper der, dessen Erscheinen Mr. Dean Forsyth an diese gemeldet hatte, und nach der Sternwarte von Cincinnati derselbe, von dem bei dieser an demselben Tage von Doktor Sydney Hudelson eine völlig gleiche Meldung eingegangen war. Die Herren Dean Forsyth und Sydney Hudelson wohnen beide in Whaston, wo sie sich der größten Hochachtung ihrer Mitbürger erfreuen.«
Sechstes Kapitel.
Das einige mehr oder weniger phantastische Variationen über die Meteore im allgemeinen und über die Feuerkugel der Herren Forsyth und Sydney Hudelson im besondern enthält.
Wenn jemals ein Erdteil auf eins seiner Gebiete stolz sein kann, wie ein Vater auf eins seiner Kinder, so ist es Amerika. Wenn jemals eine Republik stolz sein kann auf einen der zu ihr gehörenden Staaten, so sind das die Vereinigten Staaten. Wenn jemals einer der einundfünfzig Staaten, deren einundfünfzig Sterne in der Ecke der Bundesflagge glänzen, auf seine Hauptstadt stolz sein kann, so ist es Virginien mit seiner Hauptstadt Richmond. Und wenn endlich eine Stadt Virginiens auf eine ihrer Schwesterstädte stolz sein kann, so trifft das für Whaston zu, wo jene hochwichtige Entdeckung gemacht worden war, die einen hervorragenden Platz in den astronomischen Annalen des Jahrhunderts einnehmen sollte.
Das war wenigstens die einstimmige Überzeugung der Bewohner Whastons.
Natürlich veröffentlichten die Zeitungen, vor allem die Whastons, höchst enthusiastische Artikel über Mr. Dean Forsyth und Doktor Hudelson. Der Ruhm der beiden berühmten Mitbürger strahlte auf die ganze Stadt zurück, so daß jedem ihrer Bewohner ein Teil davon
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