Die Jagd nach dem Meteore
Veröffentlichung der Mitteilungen die den Zeitungen von der Bostoner Sternwarte zugegangen waren. Die Himmelsuhr, deren Zeiger die Sonne ist, würde den 22. April geschlagen haben, wenn der große Uhrmacher sie mit einer Glocke ausgestattet hätte. Noch gegen zwanzig Tage, dann dämmerte der wichtige Tag herauf, obgleich Loo in ihrer Ungeduld behauptete, das betreffende Datum schiene im Kalender ganz zu fehlen.
Ob es nun wohl ratsam war, den Onkel Francis Gordons und den Vater Jenny Hudelsons an diese Hochzeitsangelegenheit zu erinnern. von der die beiden nicht mehr sprachen, als ob sie niemals einen glücklichen Abschluß finden sollte? Mrs. Hudelson war der Ansicht, daß es besser sei, ihrem Gatten gegenüber davon zu schweigen. Mit den Vorbereitungen zur Hochzeit hatte er sich nicht zu beschäftigen… ebensowenig wie er sich um seinen eignen Hausstand kümmerte. Eines Tages würde sie ganz freundlich zu ihm sagen:
»Hier ist dein Rock, dein Hat, hier deine Handschuhe. Es ist Zeit, sich nach der Saint-Andrewkirche zu begeben. Gib mir deinen Arm und laß uns gehen.«
Dann würde er wohl auch, ohne darüber erst nachzudenken, mitgehen, wenigstens unter der Bedingung, daß das Meteor nicht gerade im gleichen Augenblicke vor dem Objektive seines Teleskops vorüberzöge.
Doch wenn die Ansicht der Mrs. Hudelson in dem Hause der Morrißstraße allenthalben geteilt und der Doktor nicht veranlaßt wurde, sich über seine Haltung gegenüber Mr. Dean Forsyth zu erklären, erging es diesem weit schlimmer. Mitz wollte nichts hören. Voller Wut über ihren Herrn, verlangte sie nur, wie sie sagte, mit ihm unter vier Augen zu sprechen und die so gespannte Lage zu klären die beim geringsten Zwischenfall einen Bruch zwischen den beiden Familien herbeizuführen drohte. Und welch schlimme Folgen mußte das haben! Eine verschobene, vielleicht gar aufgehobene Hochzeit, die Verzweiflung der beiden Verlobten, vorzüglich ihres lieben Francis, ihres »Söhnchens«, wie sie ihn nach alter familiärer und zärtlicher Gewohnheit zu nennen pflegte. Was könnte der junge Mann auch tun nach einem Bekanntwerden der Verhältnisse, die dann eine Wiederausgleichung unmöglich gemacht hätten?
Als sie sich am 22. April im Speisezimmer allein, ihrem Wunsche gemäß unter vier Augen befand, hielt sie ihren Herrn zurück, als dieser sich eben der Treppe des Turmes zuwenden wollte.
Mr. Forsyth fürchtete, wie bekannt, jede Auseinandersetzung mit Mitz. Er wußte, daß eine solche nicht zu seinem Vorteil ausging, und hielt es deshalb für klüger, jede Gelegenheit dazu zu vermeiden.
Als er sich jetzt die Haushälterin verstohlen angesehen hatte, deren Gesicht ihm wie eine dem Platzen nahe Bombe mit glimmender Lunte erschien, hielt er es für angezeigt, sich aus dem Bereiche der Wirkung der Explosion zu flüchten, und schlug deshalb den Rückzug nach der Tür ein.
Doch bevor er noch deren Klinke niedergedrückt hatte, stand die alte Dienerin breit vor ihm und sah mit durchbohrendem Blicke ihren Herrn an, der scheu vor ihr zurückwich.
»Herr Forsyth, begann sie, ich habe mit Ihnen zu sprechen.
– Mit mir zu sprechen, Mitz? Dazu hab’ ich augenblicklich keine Zeit.
– Na, wahrlich, ich eigentlich auch nicht. Ich habe ja noch mit dem ganzen Frühstücksgeschirr zu tun. Ihre Rohre können aber weiß Gott ebenso gut warten wie meine Teller.
– Und Omikron?… Ich glaube, der ruft mich schon.
– Ihr Freund Krone? (Mitz sagt:
ami Krone
für Omikron.) Der fehlte gerade noch! Er wird von mir sehr bald auch noch etwas zu hören bekommen, Ihr Freund Krone! Sie können ihn immer darauf vorbereiten. Ja ja, sagen Sie ihm nur, ich ließe ihn einstweilen schönstens grüßen, das heißt, bis auf weiteres.
– Ich werd’ es ausrichten, Mitz. Aber mein Bolid? (Feuerkugel.)
– Bolid? (
Beau lide
.) Ich weiß nicht, was das ist; doch was Sie auch davon sagen mögen, Herr Forsyth, etwas Schönes (Mitz sagt
beau
) kann’s nicht ein, wenn sich’s um das handelt, was Ihnen seit einiger Zeit einen Stein an Stelle des Herzens gesetzt hat.
– Ein Bolid, Mitz, erklärte ihr Mr. Dean Forsyth mit Lammsgeduld, das ist ein Meteor, und…
– Aha, rief Mitz, der bekannte Auswürfling (
NB
. sie spricht:
met dehors
). Nun, der wird es ebenso machen wie Freund Krone: er wird warten.
– Sapperment… das geht zu weit! rief Mr. Forsyth, der sich an der empfindlichsten Stelle verletzt fühlte.
– Und übrigens, fuhr Mitz fort, ist der Himmel jetzt ganz
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