Die Jagd nach dem Meteore
bedeckt. Der Bolid wird ins Wasser fallen, und die richtige Zeit für Sie, sich mit dem Anstarren des Mondes zu vergnügen, die ist’s jetzt doch auch nicht.«
Damit hatte sie ja recht: die anhaltend trübe Witterung war ganz dazu angetan, Mr. Forsyth und den Doktor Hudelson zur Verzweiflung zu bringen. Seit achtundvierzig Stunden war der Himmel mit dichten Wolken bedeckt, am Tage kein Sonnenstrahl, in der Nacht kein Flimmern eines Sternes. Weiße Dunstmassen wälzten sich von Horizont zu Horizont hin wie ein Krepeschleier, in den sich die Turmspitze der Saint-Andrewkirche zuweilen hineinbohrte. Unter diesen Verhältnissen war natürlich jede Himmelsbeobachtung ausgeschlossen und war es unmöglich, die heißumstrittene Feuerkugel wieder aufzufinden. Allem Anscheine nach waren die Astronomen der Staaten Ohio und Pennsylvanien auch nicht besser dran, und ebenso die andern Sternwarten der Alten und Neuen Welt. In den Tagesblättern war auch keine weitere Nachricht bezüglich der Wiedererscheinung des Meteors zu finden gewesen. Freilich erregte das ja kein so großes Interesse, daß die wissenschaftliche Welt es mit besonderm Eifer verfolgt hätte, handelte es sich dabei doch nur um eine ziemlich bedeutungslose kosmische Erscheinung, und es mußte einer schon ein Dean Forsyth oder ein Hudelson sein, deren Wiederkehr mit einer Ungeduld zu erwarten, die sich bei ihnen zur wahren Leidenschaft steigerte.
Als ihr Herr die Unmöglichkeit eingesehen hatte, Mitz zu entweichen, nahm diese, die Arme gekreuzt haltend, wieder das Wort:
»Sagen Sie einmal, Herr Forsyth, sollte es Ihnen zufällig aus dem Gedächtnis entschwunden sein, daß Sie einen Neffen Namens Francis Gordon haben?
– Ah, der liebe Francis, antwortete Mr. Forsyth mit gutmütigstem Ausdruck. Nein nein, den vergesse ich ja nicht. Wie geht’s ihm denn, dem braven Francis?
– Sehr gut, danke für die Nachfrage, Herr Forsyth.
– Mir kommt’s vor, als hätt’ ich ihn seit einiger Zeit gar nicht mehr gesehen?
– Ganz recht, seit dem Frühstück nicht mehr.
– Ich dächte gar… oder sollte ich mich täuschen?
– Ihre Augen hängen ja doch wohl nur am Monde, Herr Forsyth? fragte Mitz, indem sie ihren Herrn nötigte, sich ihr mehr zuzuwenden.
– O nein, meine gute Mitz. Bedenke aber, ich bin so sehr beschäftigt…
– Ja freilich, so sehr, daß Sie eine wichtige Sache ganz vergessen zu haben scheinen.
– Eine wichtige Sache vergessen?… Und die wäre?
– Daß sich Ihr Neffe doch bald verheiraten will.
– Verheiraten?… Hör’ ich recht! Heiraten?
– Und wollen Sie mich nicht fragen, mit wem?
– Nein, Mitz. Wozu überhaupt diese Frage?
– Na, da hört sich doch alles auf! Man braucht doch wahrlich kein Hexenmeister zu sein, um zu wissen, daß man eine Frage stellt, um darauf eine Antwort zu erhalten.
– Eine Antwort, worauf, Mitz?
– Eine Erklärung über Ihr Verhalten gegenüber der Familie Hudelson. Sie wissen doch recht gut, daß es eine Familie Hudelson gibt und auch einen Doktor Hudelson, der in der Morrißstraße wohnt, außerdem eine Mistreß Hudelson, die Mutter der Miß Loo und der Miß Jenny Hudelson, der Verlobten Ihres Neffen?«
Im Verhältnis wie der Name Hudelson, jedesmal mit stärkrer Betonung, aus dem Munde der alten Mitz kam, faßte sich Mr. Dean Forsyth an der Brust, an der Seite oder am Kopfe, als hätte ihn ganz aus der Nähe eine Kugel getroffen. Er litt schwer, schien dem Ersticken nahe und das Blut stieg ihm zum Kopfe.
»Nun, haben Sie mich verstanden? fuhr Mitz fort, da er keine Antwort gab.
– Ob ich dich verstanden habe? rief ihr Herr.
– Ja freilich… nun also? wiederholte die alte Dienerin mit noch stärkrer Stimme.
– Francis denkt also noch immer an diese Heirat? sagte Mr. Forsyth endlich.
– Na, das versteht sich doch ganz von allein, erklärte Mitz. Ganz so, wie er daran denkt, Atem zu holen, der liebe Kleine! So, wie wir alle daran denken, wie Sie, das muß ich wohl annehmen, auch Sie selbst daran denken.
– Wie? Mein Neffe ist noch immer entschlossen, die Tochter dieses Doktor Hudelson zu heiraten?
– Natürlich, die Miß Jenny, Herr Forsyth…. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf, daß er dazu entschlossen ist. Bei Gott, er müßte doch geradem den Kompaß verloren haben, wenn er von diesem Wege abgewichen wäre… Wie und wo könnte er eine reizendere Braut, ein frischeres junges Mädchen finden…
– Wenn die Tochter eines Mannes, unterbrach sie Mr. Forsyth, eines Mannes, der
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