Die Jagd nach den Millionendieben
ist nun mal nichts
für mich. Und wenn ich keine Schokolade kriege, fühle ich mich elend.“
„Das ist Einbildung. Außerdem —
du kannst ja Schokolade essen. Nur nicht täglich zwei Pfund.“
Während sie sich unterhielten,
waren sie bereits mit dem Abräumen beschäftigt. Tarzan hatte sich das größte
Tablett geangelt, weil da viel drauf ging, und flitzte von Platz zu Platz, um
das Geschirr zu stapeln. Als alles aufgetürmt war, konnte er die Last kaum heben.
In bedenklicher Schräglage schlingerte er zur Küche.
Die dünne Berta, eine der
Helferinnen, kreischte entsetzt, als sie ihn sah.
„Laß’ das, um Himmels willen,
nicht fallen!“
Tarzan schaffte es bis zu der
riesigen Anrichte.
„Wer Kraft hat, spart Wege“,
meinte er altklug. Und rannte zurück.
Klößchen kam mit vier
Schüsseln, in denen noch Spaghetti war. Fingerlang hingen sie ihm aus dem Mund.
Er kaute heftig, erstickte fast und wurde puterrot.
Vorwurfsvoll sah Tarzan ihn an.
„Du hattest drei Portionen. Ab jetzt werde ich auf dich aufpassen.“
Zusammen schafften sie den
Tischdienst rechtzeitig. Dann rannten sie zu Dr. Gerstner, der — wie an jedem
Freitag — für die Mittelstufe das Taschengeld ausgab.
Taschengeld! Das war so eine
Sache. Eigentlich reichte es nie. Manche Kinder borgten sich während der Woche
von anderen, und wenn sie dann ihre Schulden zurückzahlten, blieb kaum noch was
übrig. Damit schloß sich der Teufelskreis; und das Geborge ging von neuem los.
Privatgeld war streng verboten. Niemand durfte sich von den Eltern was schicken
lassen oder aus den Ferien mitbringen. Manche Erzieher hatten richtige
Spürnasen und griffen beim Schrank-Appell in die geheimsten Verstecke. Privates
Geld wurde sofort beschlagnahmt.
Tarzan fand das gut.
Wahrscheinlich hätte es sonst zuviel Neid unter den Schülern gegeben. Manche
Kinder kamen nämlich aus sehr reichen Familien, andere Eltern brachten nur mit
größter Mühe das Schulgeld auf. Klößchen, zum Beispiel, hätte von seinen Eltern
kriegen können, soviel er nur wollte. Natürlich hätte Tarzan ihm das niemals
geneidet, aber andere schon. Und Kameradschaft gedeiht nun mal besser, wenn die
Bedingungen für alle gleich sind.
Was Geld betraf, hatte Tarzan
ohnehin eine Einstellung, mit der er seinem Alter weit voraus war. Geschenktes
Geld freute ihn nämlich nicht halb so sehr wie selbst verdientes. Und danach
handelte er auch. In den Ferien verdiente er sich Geld, wann und wo immer er
konnte. Unermüdlich trug er früh morgens, wenn die Stadt noch schlief,
Zeitungen aus. Im Sommer half er auf einem Bauernhof, was unglaublich Spaß
machte; und einmal hatte er sogar einen Job im Tierasyl gehabt. Das war das
Tollste gewesen. Zwar hatte er da nur wenig verdient, denn Tierschutzvereine
haben kaum was übrig. Aber die Tätigkeit war wichtiger als das Geld. Und er
dachte gern daran zurück. Es war einfach schön gewesen, sich um herrenlose
Hunde und Katzen zu kümmern. Und zu erleben, wie die anfangs verängstigten
Tiere immer zutraulicher wurden.
Den größten Teil des Geldes
legte Tarzan auf sein Postsparbuch. Nur ganz selten hob er was ab. Er wußte,
daß er es hatte; und das genügte ihm. Außerdem machte es Spaß, auf was wirklich
Lohnendes zu sparen. Sein tolles Rennrad mit der Zehn-Gang-Schaltung, zum
Beispiel, hatte er sich selbst verdient. Als nächstes sollte ein kostspieliges
Modellflugzeug drankommen. Aber das hatte Zeit.
11.
Zwölf Japaner im Aquarium
Am frühen Nachmittag legte sich
die Hitze wie eine glühende Glocke über Stadt und Land. Tarzan und Klößchen
fuhren mit ihren Rädern los. Klößchen schwitzte. Schon auf halber Strecke
kriegte er ein puterrotes Gesicht und dicke Augen. Tarzan fuhr langsam, um
seinen Freund nicht abzuhängen.
Am Minigolfplatz, wo sie sich
verabredet hatten, wartete Karl. Gaby käme wohl auch gleich, meinte er, und
schob sein Kaugummi in die andere Backe.
Unter den Bäumen war es
schattig. Fliegen summten. Hoch über der Stadt setzte eine Düsenmaschine zur
Landung an. In den verkehrsarmen Straßen machte sich eine träge Stille breit,
wie es typisch ist an heißen Tagen zur Mittagszeit.
„Da ist sie“, sagte Klößchen.
Gaby radelte auf ihrem Klapprad
heran. Sie hatte ihre blaue Jeans-Mütze auf. Die goldenen Haare flatterten im
Fahrtwind. Oskar war an der Leine und hechelte neben ihr her.
Tarzan sah auf die Uhr. Es war
14 Minuten vor zwei. Das ließ sich gerade noch schaffen.
Sie beeilten sich.
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