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Die Jagd nach den Millionendieben

Die Jagd nach den Millionendieben

Titel: Die Jagd nach den Millionendieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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auf und das Kinn in die Hände. Durch die Brillengläser starrte er zur
Wand, wo ein Poster hing. Es zeigte die dalmatinische Küste, aber der hellblaue
Himmel war schon mit Fliegendreck besprenkelt, und auf das Meer hatte jemand
mit Filzstift gekritzelt.
    Vor Rembrandt stand ein hohes
Glas mit grünlichem Inhalt. Es sah aus wie Gift, und wahrscheinlich schmeckte
es nur, wenn man mit geschlossenen Augen trank.
    Noch so ein Glas mit dem gleichen
Inhalt stand auf der anderen Seite des Tischchens. Der zweite Stuhl war etwas
zurückgerückt.
    Klößchen, der heute alles etwas
später mitkriegte, sagte: „Uuuaaahhh!“ und stieß Tarzan in die Rippen.
    Rembrandt hörte das, wandte den
Kopf und sah her.
    Tarzan grüßte und ging zu einem
Tisch an der Fensterfront. Er hörte, wie die anderen ebenfalls grüßten. Aber
Paulings Erwiderung bestand wohl nur in einem Nicken. Jedenfalls hörte man
nichts.
    Sie setzten sich. Gaby sah
Tarzan an. Für einen Moment war Stille. Als wäre ein Spion unter ihnen — so
fühlten sich die vier. Karl war es, der den Bann brach.
    „Wenn wir nicht lauter sprechen
als ich jetzt“, wisperte er, „versteht Rembrandt nichts. Schöner Salat. Noch
nie — wenn ich mich richtig erinnere — bin ich dem in der Stadt begegnet. Und
jetzt gleich zweimal — innerhalb von 24 Stunden. Oder“, er lachte, „hat der
vielleicht einen Doppelgänger und ist es am Ende gar nicht.“ Wenn ich mich
richtig erinnere — ohne diesen Satz ging es bei Karl offenbar nie.
    „Gott sei Dank gibt’s den nur
einmal“, sagte Gaby. „In Zeichnen gibt er mir wahrscheinlich nur eine Drei. Ich
glaube, er kann mich nicht leiden.“
    „Weil er weiß, daß wir
befreundet sind“, flüsterte Tarzan. „Nur deshalb. Dabei zeichnest du großartig.
So eine Ungerechtigkeit!“

    Karl begann seine Brille zu
putzen. „Was wollen wir hier eigentlich beobachten? Fällt euch was auf?“
    Klößchen, der die Eiskarte
studierte, stöhnte auf. „Der Freundschaftsbecher ist gestrichen. So eine
Pleite!“
    „Wir werden dich schon satt
kriegen“, tröstete Gaby. „Vielleicht gibt’s einen Feindschaftsbecher. Zu dem
können wir Rembrandt einladen.“
    Die junge Frau kam und fragte
nach ihren Wünschen. Gaby hatte sich für je eine Kugel Nuß, Pistazie und Nougat
entschieden. Karl nahm Mokka, Schoko und Walnuß. Klößchen fragte, ob er den
Hausbecher mit etwas weniger Sahne und etwas mehr Walnußeis haben könnte. Die Frau
sagte, das ließe sich machen. Tarzan, den das Eis nicht so sehr lockte,
entschied sich für Vanille und Erdbeer — ohne Sahne.
    „Eine Kugel kostet 70 Pfennig“,
sagte Karl, als die junge Frau wieder hinter der Theke war, „so ein Nepp!“
    „So ein — was?“ fragte
Klößchen.
    „Nepp! Das ist Gaunersprache
und bedeutet Betrug.“
    „Mit Gaunersprache sind wir
hier bestimmt richtig. Weißt du sonst noch was?“
    Karl überlegte kurz. „Sticke
Ficht, kauzige Ficht — hakel lullt, eckern sticht — nor das durfte kulmkauzige
Alm — Fitzer Streichling im trilligen Halm — äh... tut mir leid, weiter weiß
ich’s nicht.“
    „Häh?“ sagte Klößchen laut.
    „Was war denn das?“ fragte
Gaby.
    „Japanisch war das nicht“,
sagte Tarzan. „Da bin ich nämlich Experte.“
    „Das war Gaunersprache“,
erklärte Karl wieder mal recht klug. „Ich lese gerade ein tolles Buch darüber.
Kundenschall... Das ist das Gaunerwort für Gaunersprache. Es ist eine
Geheimsprache, die vor vielen Jahrhunderten entstand und sich natürlich immer
weiter entwickelt hat. Bisher gab’s nichts Schriftliches darüber. Wurde immer
nur mündlich überliefert. Seit dem 12. und 13. Jahrhundert.“
    Klößchen staunte. „Und wer
spricht das?“
    „Hauptsächlich waren es
Menschen ohne festen Wohnsitz. Sie brauchten die Geheimsprache, um sich gegen
Polizei und Obrigkeit zu schützen. Nur wer dazu gehörte, hatte Kunde — das
heißt, er kannte die Sprache. Das waren Tippelbrüder, Diebe, Zigeuner,
Kesselflicker, Fahrende eben...“
    „Toll!“ sagte Gaby. „Und du
hast ein Buch darüber?“
    Karl nickte. „Macht mir mehr
Spaß als Englisch und Franz, von Latein mal gar nicht zu reden. Hört sich
unheimlich an. Alles dufte...“
    „Und was heißt das nun?“ wurde
er von Klößchen unterbrochen, „was du uns vorgeleiert hast. Stickige Fichte,
eulige Fichte...“
    „Sticke Ficht, kauzige Ficht!“
Karl lachte. „Das ist der Anfang vom Weihnachtslied: Stille Nacht, heilige
Nacht — alles schläft, einsam wacht — nur

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