Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
schüttelte seufzend den Kopf.
» Tja, das war viel besser als ich dachte«, murmelte er vor sich hin. Er schaltete das Lämpchen aus und trat hinter der Theke hervor, um sich zur Ladentür zu begeben. Dann blieb er plötzlich stehen. Sein letzter Schritt hatte ein Echo erzeugt.
Die Taschenlampe leuchtete erneut auf und erhellte Stiles ’ sprachlose Miene. Er ließ den Strahl langsam nach unten wandern, bis er auf seinen staubigen Stiefel traf. Er trat zweimal auf, um sein Erinnerungsvermögen zu prüfen. Ja, das Geräusch warf tatsächlich leise Echos. Stiles wiederholte das Experiment mit dem anderen Fuß: Kein Echo.
Stiles ging in die Hocke und drehte das Ende der Taschenlampe, um den Strahl zu verdichten. Er wischte die Sägespäne und den Staub beiseite, der die Bodendielen bedeckte. Sein Fingernagel blieb sofort an einer Ecke hängen. Stiles beugte sich vor und pustete den Staub schnell in die Luft. Seine neugierige Miene wurde gleich darauf von einer Miene ungeduldiger Erwartung ersetzt.
» Ein Keller«, murmelte er und pustete noch einmal, um die Ränder der Falltür zu säubern.
Stiles klemmte die Taschenlampe zwischen die Zähne, hielt den Strahl auf den Boden gerichtet und zückte sein Bajonett. Er schob die Spitze in den Spalt zwischen Boden und Falltür und übte Druck aus. Die Falltür sprang auf. Stiles hielt sie mit der Hand fest, bewegte sie hin und her und warf sie schließlich beiseite. Dann stand er auf, schob das Bajonett wieder in die Scheide und richtete die Taschenlampe auf das Loch. Eine Holztreppe führte in den Gebäudekeller hinunter. Stiles lugte in die Tiefe und ließ den Strahl herumwandern.
Er spürte, dass seine Kinnlade leicht herabsank, und pfiff leise vor sich hin. Er nahm das Funkgerät, das Sherman ihm gegeben hatte, und schaltete es ein.
» Ghost Scout an Ghost Lead. Ich brauche einen größeren Tornister.«
Stiles machte sich nicht die Mühe, auf Antwort zu warten. Er würde ohnehin keine erhalten. Sherman hatte gesagt, er würde Funkstille einhalten und davon ausgehen, dass Stiles während seiner Spähermission abgesehen von seinem eigenen Lärm keinen anderen hören wollte.
Stiles schob den Fuß in die Falltüröffnung und ging die ersten hölzernen Stufen hinab. Aus diesem Winkel hatte er eine viel bessere Sicht auf das, was er vom Eingang aus gesehen zu haben glaubte, doch der Anblick war ihm nicht weniger willkommen.
Der Anflug eines Lächelns breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er war auf den privaten Vorratsraum des Ladenbesitzers gestoßen. Unten angekommen, hörte Stiles Stoff an seinem Stiefel schaben. Es sah so aus, als wäre nach dem Ausbruchsbeginn jemand hier gewesen. Einige Pappkartons lagen herum. Sie waren halb leer, der Rest ihres Inhaltes auf dem Boden verstreut. An einer Wand des überraschend sauberen und trockenen Kellers standen vermutlich selbst gezimmerte Regale, die rappelvoll mit gefüllten Pappkartons waren. Stiles erkannte nicht alle daran befestigten Etiketten, aber mindestens ein Regal war voller Konservendosen. Das nächste enthielt Hirschrauchfleisch. Mehr brauchte er nicht zu wissen. Hier gab es genug Proviant, um die verbliebenen Überlebenden ein bis zwei Wochen zu ernähren.
Das Regal darüber war voller schwerer Freizeitkleidung– wasserdichte Anoraks, Parkas, Latzhosen; alles in dicke Kunststofftüten verpackt. Hätten seine Kameraden nicht schon die Extrapellen gehabt, die Captain Franklin ihnen überlassen hatte, hätte er alles spontan auf seine Liste gesetzt. Es war jedoch weder die Kleidung noch der Proviant, die Stiles’ sofortige Beachtung auf sich zog. Es waren stattdessen zwei freistehende Gewehrständer in der Mitte des glatten Betonfußbodens– und sie waren nicht leer!
Stiles war der Gottheit, die ihn zu diesem Schatz geführt hatte, so dankbar, dass er die Lücken zwischen den Waffen nicht betrauerte. Dreizehn Gewehre verschiedensten Typs waren noch da. So wie der Raum aussah, erweckte er den Eindruck, dass jemand– vermutlich der Ladenbesitzer– alle Waffen mitgenommen hatte, die er tragen konnte.
» Was für ein Anblick«, hauchte Stiles. Er ging zu dem Regal hinüber und strich mit der Hand über polierte Walnussschäfte und Kunststoff-Handschutze. Er erspähte prompt mindestens vier Schrotflinten– sie waren unverwechselbar. Bei den meisten anderen Waffen handelte es sich um Jagdgewehre. Es waren auch einige 30.06-Gewehre dabei, mit bereits angeschraubten Zielfernrohren.
Stiles nahm vorsichtig ein
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