Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
waren Teil des Einsatzkommandos, das Afrika unter Quarantäne stellen sollte. Ich weiß, dass Suez gefallen ist, aber das war erst vor ein paar Tagen. Sie waren in den letzten Wochen in Kontakt mit den Kommandanten der See- und Luftblockadeeinheiten. Besteht die Möglichkeit, dass die jemanden durchgelassen haben? Ich würde es gern wissen, damit ich meine Leute beruhigen kann. Sie können nicht zu Hause anrufen, um rauszukriegen, wie es ihren Familien geht, und machen sich deswegen Sorgen.«
Sherman runzelte zwar die Stirn, aber er fühlte sich verpflichtet zu überlegen, ob er irgendwo ein Informationsfitzelchen aufgefangen hatte, das Franklin vielleicht nützlich war.
» Nein«, sagte er dann. » Nachdem die Blockade stand, ist sie vor dem Fall von Suez von nichts und niemandem durchbrochen worden.«
» Nachdem die Blockade stand«, wiederholte Captain Franklin, wobei er das Wort ziemlich in die Länge zog. » Alle Meldungen aus der Heimat sind lückenhaft, aber schauen Sie sich mal die vorletzte Seite dieser Niederschrift an, die zweite Hälfte, unten.«
Sherman schaute nach und fand die Stelle, die der Captain meinte.
STIMME 1: [Rauschen] nach Mexiko, um [Rauschen] tanken. [Rauschen] ist nicht [Rauschen] Lass dir gesagt sein, dass Brasilien jetzt erwägt [Rauschen] zurück nach Panama. Irgendwelche Schiffe [Rauschen] zur Halbinsel. Ende.
STIMME 2: Bitte wiederholen. Ende. [Gemurmel?] Verliere jetzt den Funkkontakt…
STIMME 1: Lage [Rauschen] unvertretbar, da [ LANGES STÖRGERÄUSCH ] tanken. Ende
STIMME 3: Coronado, die Verbindung ist schwach. Übermitteln Sie kompromisslosen Lagebericht. Brauchen Sie neue Lieferung und Verstärkung? Ende.
STIMME 1: [Rauschen]
STIMME 3: Wiederholen, Coronado. Ende.
STIMME 2: Andrews, wir haben den Kontakt mit Coronado verloren. Empfangen Sie? Ende.
STIMME 3: Negativ. Edwards, können Sie [Rauschen] klären? Ende.
STIMME 2: Geht nicht, Andrews. Alle Flüge im Kampfeinsatz. Kann umleiten mit [Rauschen].
STIMME 3: Edwards, hören Sie uns?
STIMME 2: [Rauschen].
Sherman warf die Niederschrift mit einem Grunzlaut auf einen leeren Stuhl.
» Das muss nichts zu bedeuten haben«, sagte er. » Kalifornien hatte im ganzen letzten Jahrzehnt Probleme mit Spannungsabfällen. Vielleicht haben sie nur Sendeleistung verloren.«
» Die haben Generatoren, Sir«, sagte Thomas.
» Die hätten nicht genug Reichweite«, fügte Franklin hinzu, der mit Sherman einer Meinung war. » Dann wären alle Relais aus.«
» Trotzdem…« Sherman stützte sich auf eine Konsole. » Edwards hat von Kampfeinsätzen gesprochen. Die haben auch keine große Reichweite. Die überfliegen unser Land.«
» Vielleicht zivile Unruhen?«, fragte Thomas.
» Höchstwahrscheinlich«, sagte Franklin. » Nach dem Fall von Suez werden die Leute zu Hause sicher nervös.«
» Die Sache ist es wert, darüber nachzudenken, Captain«, sagte Sherman. » Bitte, versuchen Sie weiterhin, Verbindung mit Coronado aufzubauen. Vielleicht melden sie sich wieder.« Er kam sich komisch vor, darum zu bitten, wo er doch einen Befehl hätte erteilen können. Trotzdem: Die Regeln des Anstandes mussten eingehalten werden. Immerhin war Franklin der Kommandant dieses Schiffes.
» Mach ich, General. Wir überwachen die Frequenz auch in diesem Moment.«
» Was ist mit unseren Einsatzkommandos rund um Afrika?«, fragte Thomas. » Fangen die denn nichts auf?«
» Von denen kommen ähnliche Meldungen«, erwiderte Franklin. » Die Briten senden laut und deutlich, und die Bojen der Australier leuchten sehr hell. Sie haben Flüchtlinge aufgenommen– sehr vorsichtig, sollte ich vielleicht erwähnen. Soweit es die Navy betrifft, fahren wir noch immer mit Volldampf. Das Heer hält die Stellung am Boden und meldet nur kleinere Zwischenfälle. Diese Funkscheiße ist die erste richtig schlechte Nachricht, die uns seit Suez erreicht.«
» Bleiben wir dran, Captain. Können Sie mich auf dem Laufenden halten?«
» Sie kriegen regelmäßige Bulletins, General.«
» Danke. Dann wollen wir die Zivilisten mal für die Nacht bettfein machen, Sergeant.«
» Ja, Sir.«
Washington, D. C.
10 . Januar 2007
20 . 20 Uhr
Julie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Die Zelle, in der sie saß, war fensterlos und düster.
Sie verbrachte die meiste Zeit damit, sich an die Eisengitter zu hängen, die sie von dem feuchten Gang vor der Zelle trennten. Ihr war, als seien Wochen vergangen, aber natürlich war das nicht der Fall. Man hatte ihr zweimal Essen
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