Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
aufzuhalten.
» Ist alles in Ordnung, General?«, fragte er.
» Alles in Butter, Ngasy.« Sherman schob sich ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei. Thomas, wie immer griesgrämig, warf ihm einen verärgerten Blick zu. Die beiden Soldaten verschwanden im Schiffsinneren.
Mbutu seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. Eine warme Meeresbrise wehte über ihn hinweg. Seine Mutter, in seinen Augen ein Born subtiler Klugheit, hatte ihm einst die Geschichte eines Mannes aus dem Westen erzählt. Er hatte Murphy geheißen, und man hatte ein Gesetz nach ihm benannt. Wenn die Dinge sich weiterhin mit diesem Tempo entwickelten, ging es Mbutu durch den Kopf, war dies vermutlich der Augenblick, in dem Mr. Murphy aktiv wurde. Hoffentlich waren sie wieder an Land, bevor das eintraf, was man auf der Brücke auskochte. Ein toller Schwimmer war er nämlich nicht.
In den Gängen des Zerstörers bemühte Thomas sich, mit Sherman Schritt zu halten.
» Bei allem Respekt, Sir«, sagte er, » ich halte es für keine gute Idee, sich zu sehr mit Zivilisten anzufreunden.«
» Wie meinen Sie das, Sergeant?« Sherman warf Thomas einen kurzen Blick zu.
» Man fühlt sich dann zu sehr verpflichtet, sie über alles auf dem Laufenden zu halten, während man gleichzeitig zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Und das wäre keine gute Idee, angesichts…«
» Angesichts?«
» Angesichts der Weltlage.« Thomas verschränkte die Hände hinter dem Rücken. » Wir sollten unser Eckchen so gut wie möglich in Ordnung halten. Das Letzte, was wir brauchen, ist eine Bande von Gerüchteverbreitern, die hier rumschwirren und die Leute nervös machen.«
Sherman sagte zu seiner Selbstverteidigung: » Buschtrommeln sind nichts Neues. Wie sehr man sich auch anstrengt, um den Informationsfluss zu kontrollieren, nach und nach kommt unweigerlich doch immer alles raus.«
» Sie hätten ihm ruhig von den Funkkontakten erzählen können«, sagte Thomas. » Sie haben vielleicht gar nichts zu bedeuten, aber solide Informationen sind besser als die Telefonspielchen einer Bande schwach begabter Teenies, die allein zu Hause sind. Wenn der Typ da drüben«, er deutete über seine Schulter, » auf die Idee kommt, jemandem zu stecken, dass Sie ihn haben abblitzen lassen, können Sie wetten, dass bis zum Abendmampf an Bord ein Dutzend Verschwörungstheorien umgehen.«
» Sie klingen wirklich beunruhigt, Sergeant«, sagte Sherman mit einem ironischen Grinsen.
» Ich gebe nur einen Kommentar ab, Sir.«
» Ich habe ihn zur Kenntnis genommen. Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht sollten wir heute Abend eine Versammlung abhalten, die Sache glätten und den Leuten sagen, was vor sich geht.«
Thomas nickte kurz. Sie gingen schweigend weiter. An der Brückentür streckte Thomas eine Hand aus und öffnete sie.
Auf der Brücke herrschte nervöse Betriebsamkeit. Sie war genial gestaltet; man erzielte mit einem Minimum an Raum ein Maximum an Effizienz. Konsolen nahmen die Wände ein, und ein breites Fenster schenkte dem Captain einen Panoramablick auf das offene Meer vor dem Bug. Besatzungsmitglieder wuselten herum, prüften Instrumente, machten sich Notizen und funkten Meldungen.
Der Captain der USS Ramage war ein stämmiger Berufssoldat in den mittleren Jahren namens Franklin. Er sprach einen ganz leichten New Yorker Akzent, der Sherman irgendwie an Joe Pesci und einen seiner alten Gangsterfilme erinnerte. Als sie die Brücke betraten, beugte Franklin sich gerade über das Funkgerät. Er schaute auf.
» Ah, General«, sagte er. » Freut mich, dass Sie hier sind.«
» Freut mich, dass Sie uns eingesammelt haben, Captain«, erwiderte Sherman. » Es wurde ziemlich haarig an Land.«
» Genau darüber haben wir uns gerade Sorgen gemacht. Als Sie vor ein paar Stunden an Bord kamen, habe ich Ihnen erzählt, dass wir Probleme haben, eine Verbindung mit unserer Heimatbasis herzustellen.«
» Ja«, sagte Sherman.
» Tja, in den letzten Minuten ist es noch schlimmer geworden.« Franklin führte Sherman und Thomas zur Funkanlage hinüber. Er nahm einige beschriebene Blätter in die Hand und reichte sie ihm. » Wir nehmen an, dass ihre Antenne im Eimer ist oder üble atmosphärische Störungen an der schlechten Übertragung Schuld sind.« Franklin schaute sich um, dann beugte er sich vor. Seine Stimme wurde leiser. » Jedenfalls hoffen wir das.«
» Und wozu brauchen Sie mich hier?« Sherman blätterte die Papiere durch. Der Text war so gut wie unverständlich.
» Sie
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