Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
Wasser.
Darin richtete sich mit einem erschreckten Blick auf. » Danke.«
» Schon gut.« Brewster schulterte seine Waffe. » Los, hauen wir ab, bevor noch irgendein anderes Möchtegernarschloch den Pilotenschein machen will.«
» Yeah.« Darin wich von der Lücke zurück und richtete seine Waffe auf die wankenden Infizierten.
Er ließ sie erst aus den Augen, als sie sicher an Bord einer requirierten Jacht standen und das Hafenbecken hinter sich ließen.
Auf offener See
10 . Januar 2007
15 . 13 Uhr
Die USS Ramage, DDG -61, ein Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse, stellte in jeder Hinsicht den Höhepunkt der gegenwärtigen Entwicklung dar. Sie war ein U-Boot-Jäger, eine mobile Flugabwehr-Station und eine Abschussbasis für Langstreckenraketen, deren Feuerkraft dem Militär mancher Staaten der Dritten Welt überlegen war.
Doch im Moment jagte die Ramage keine U-Boote. Nun war sie gezwungen, als schwimmendes Flüchtlingslager zu fungieren.
Man hatte Frachtnetze über die Deckseiten geworfen, damit die Soldaten und Zivilisten von den längsseits dümpelnden Jachten aus an Bord klettern konnten. Das Schiff selbst operierte mit einer Minimalbesatzung, da sich die meisten Mannschaftsangehörigen mit der Kampfgruppe der USS Ronald Reagan im Roten Meer aufhielten. Somit stand an Bord genügend Raum zur Verfügung, um die Flüchtlinge bequem unterzubringen. Räumlichkeiten, die normalerweise Lager- oder Konferenzzwecken dienten, wurden mit Vertriebenen belegt, zu denen auch Mbutu Ngasy gehörte.
Er wusste nun, dass er keine Schwierigkeiten hatte, sich an die Welt anzupassen, die um ihn herum zusammenfiel. Nicht, dass er sich darüber freute. Vielleicht lag ihm die Anpassungsfähigkeit im Blut. Immerhin bestand seine Familie aus geradezu berüchtigten Überlebenskünstlern. Sie war schon früher von einer Region zur nächsten gewandert, um Konflikten und der Armut zu entgehen. Woran es auch lag– Mbutu empfand Vergnügen dabei, Afrika auf einer schwimmenden Festung zu entkommen. Dieser Gedanke ließ ihn auch über seine eigene Sterblichkeit nachdenken.
Menschen sterben, dachte er und drückte sich gegen ein Schott, um einige Seeleute vorbeizulassen. Menschen sterben, und ich freue mich. Oder vielleicht bin ich doch nicht SO verrückt.
Er dachte über die Frage nach, ob die tägliche Routine seines Lebens in Mombasa– aufwachen, zur Arbeit gehen und am Abend einzuschlafen– ihn empfindlich gemacht hatte. Vielleicht war eine Tragödie wie die, die Afrika getroffen hatte, genau das, was sein Leben brauchte: einen Tritt in den Hintern.
Auf seiner bisherigen Reise hatte er tatsächlich viele interessante Menschen kennengelernt. Als Fluglotse hatte er die Möglichkeit gehabt, seinen Horizont zu erweitern und sich mit Piloten und Mannschaften von Fracht- und Passagiermaschinen zu unterhalten. Aber in die Länder, aus denen sie stammten, war er nie gereist. Nun hatte er in kaum einem Monat vier Länder gesehen und war ins fünfte unterwegs, in die Vereinigten Staaten.
Gerade hatte ihn an Deck ein Mann namens Sam Denton fotografiert, ein kanadischer Fotograf, als er einem Soldaten an Bord geholfen hatte.
» Ich mach dich berühmt«, hatte Denton mit einem Grinsen gesagt. » Falls es noch Zeitungen gibt, wenn wir zu Hause ankommen.«
Ja, falls, dachte Mbutu. Der Fall von Suez hatte in seinem Magen ein nagendes Angstgefühl hinterlassen. Das Virus trampelte jeden organisierten Widerstand nieder, der ihm den Weg verbaute. Mutter Natur hatte aus irgendwelchen Gründen die Schnauze voll und rächte sich an den Menschen. Mbutu war eigentlich kein Pessimist von Natur aus, aber irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass diese Seuche mit ihrer Randale noch nicht einmal richtig angefangen hatte.
Er suchte sein Ziel auf, das Bordlazarett, schob sich durch die Tür und klopfte an den Rahmen.
» Hallo«, sagte er. » Braucht vielleicht jemand Hilfe?«
Rebecca Hall saß auf einem Metallstuhl und verband das Bein eines verletzten Flüchtlings. Als sie Mbutus Stimme hörte, schaute sie auf.
» Oh, hallo«, sagte sie grinsend. » Eigentlich nicht. Das Schiff ist mit allem ausgerüstet, was man braucht, und ein Arzt ist auch an Bord. Wir können gleich wieder einpacken.«
» He, Becky, wo sollen die Akten hin?«, rief jemand hinter Mbutu.
Mbutu trat beiseite. Ein Sergeant mit einem Haufen beschriebener Schmierzettel schob sich an ihm vorbei.
» He, Jack, gib sie mir in die Hand.« Rebecca beendete ihre Arbeit am Bein des
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