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Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Die Jahre der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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gebracht. In den schätzungsweise letzten zwölf Stunden hatte sie rasenden Hunger verspürt, also lag die eine Mahlzeit pro Tag wohl erst ein paar Tage zurück. Vermutlich würde es so weitergehen. Man wollte sie fertigmachen, sie dazu kriegen, ein Geständnis abzulegen.
    Natürlich hatten sie Recht. Indem sie Dr. Demilios Dokumente der Öffentlichkeit übergeben hatte, hatte sie die nationale Sicherheit der USA verraten. Sie hatte jedoch drastische Schritte unternommen, um ihre eigene Identität zu schützen. Wie um alles in der Welt war das FBI ihr auf die Spur gekommen?
    Na ja, dachte sie. Das FBI ist eben das FBI . Die wissen schon, wie man so was macht.
    Sie hätte fast gekichert. Dann warf sie den Gedanken in den imaginären Papierkorb, den sie meist mit nicht sendereifem Krempel füllte. Diese Typen waren niemals vom FBI . Das war ihr schon früh klargeworden.
    Erstens, dachte sie, sieht man es an dieser Zelle und daran, wie sie vorgehen. Alles hier dient dazu, mich fertigzumachen. Die Feuchtigkeit, das Dunkel, die mangelhafte Ernährung, die höchstens fingerdicke Matratze. Ich soll zerbrechen wie ein Stück beschissenes Porzellan aus einem Ein-Dollar-Souvenirladen. Eines steht fest: Diese Befriedigung kriegen sie nicht.
    Seit man sie in der Zelle abgeladen hatte, waren die Männer viermal aufgekreuzt. Sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, die Tür zu öffnen, die sie hinter ihr zugeworfen hatten. Sie hatten nur draußen auf dem Gang Platz genommen, die Gesichter vom Halbdunkel und Sonnenbrillen verhüllt, und ihr Fragen zugeworfen. Wenn sie sich weigerte, Antworten zu geben, hatte man sie mit anderen Dingen beworfen: mit Eimern voller kaltem Wasser, großzügigen Spritzern aus chemischen Keulen und halb geleerten, doch glühend heißen Kaffeetassen. Außerdem hatte man den Schmerz langsam gesteigert. Bei einem ihrer letzten Besuche hatten die Gentlemen einen Stachelstock mitgebracht, wie Viehtreiber ihn benutzten. Ihre Methoden waren unkonventionell und illegal. Es gab immer nur eine Agentur, die solche Aktivitäten vor ihrer Aufsicht über längere Zeiträume hinweg erfolgreich verbergen konnte. Wenn sie nach dem Verlies urteilte, in dem sie gefangen war, wurden hier seit Jahrzehnten geheime Verhöre durchgeführt, wenn nicht gar seit Jahrhunderten.
    Und das bringt uns zu der Frage, um was für ein Gebäude es sich handelte.
    Normalerweise verwandelten sich historische Stätten wie der Weinkeller, in dem sie begraben war, irgendwann in Museen, geschichtsträchtige Heimstätten oder Touristenziele. Dieser Laden hier wurde ohne Wissen der Öffentlichkeit für bestimmte Zwecke verwendet. Dies führte Julie zu dem Glauben, dass die Männer, die sie festhielten, einer Firma angehörten, die älter war als das FBI und das Geheimnis ihres Folterkellers seit geraumer Zeit bewahrte. Zweitens gab es nur ein Unternehmen, das es in der einen oder anderen Form seit Ewigkeiten gab, und vor allem lange genug, um Zugang zu einer so alten Einrichtung zu haben, und sei es auch nur aus psychologischen Gründen.
    Drittens: Ihre Häscher benahmen sich viel zu klischeehaft, um echte FBI -Agenten zu sein. Als Journalistin war sie Dutzenden von Bundesagenten begegnet. Die meisten waren selbst bei einem Verhör so locker, dass sie durchaus als Menschen durchgingen. Diese Typen hier trugen Anzüge, Krawatten und Sonnenbrillen selbst in den Tiefen des Kerkers, in den sie Julie gesperrt hatten. Und sie waren ständig im Dienst. Sie spielten Rollen wie Schauspieler. Es gab nur eine Agentur, die nichts unversucht ließ, ihre Identität auch über längste Zeiträume hinweg vor den Menschen zu verschleiern, die sie festnahm.
    Die Agentur, die es nicht gibt, dachte Julie. Die NSA .
    Das war dann mehr als nur Verrat. Wäre das Problem nur ein Informationsleck gewesen, wäre das FBI gekommen, um sie festzunehmen und zu verhören. Ohne soliden Beweis hätte man sie angesichts ihrer Prominenz nach ein oder zwei Tagen wieder gehen gelassen. Aber bei der NSA konnte man es nie wissen. Julie konnte nicht ausschließen, dass man der Welt mitgeteilt hatte, sie sei bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen.
    Gegen Verzweiflung war schwerer anzukämpfen.
    Eines der wenigen Dinge, die sie Stunde für Stunde aufrecht hielten, war die zunehmende Verstörtheit der sie vernehmenden Agenten. Es schien, als seien sie geistig bei jeder Sitzung weniger damit befasst, ihr Verrat vorzuwerfen, als über Dinge nachzudenken, die draußen

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