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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Kivrin. Die Läden sind voll von Bändern aus Seide und Samt und Kunstfaser, rot und gold und blau, noch leuchtender als mein natürlich gefärbter Umhang, und überall ist Licht, hört man Musik. Die Glocken der Stadt, und Weihnachtslieder.
    Sie dachte an das Glockenspiel im Carfax-Turm und die müden alten Tonbandaufnahmen der Weihnachtslieder in den Läden entlang der High Street. Diese Weihnachtslieder sind noch nicht einmal geschrieben, dachte Kivrin, und sie spürte eine plötzliche Aufwallung von Heimweh.
    »Ich möchte meine Glocke läuten«, sagte Agnes und zappelte, um von Kivrins Schoß zu kommen. »Gib sie mir.« Sie streckte ihr das Handgelenk hin.
    »Ich werde sie dir anbinden, wenn du dich ein wenig neben mir auf die Bank legst.«
    Agnes machte wieder einen Schmollmund. »Muß ich schlafen?«
    »Nein. Ich werde dir eine Geschichte erzählen«, sagte Kivrin. Sie band die Glocke von ihrem Handgelenk, wo sie sie verwahrt hatte. »Es war einmal…«, sagte sie und überlegte hastig, was für Geschichten die Zeitgenossen ihren Kindern erzählten. Geschichten von Wölfen und von Hexen, deren Haut schwarz wurde, wenn sie die letzte Ölung bekamen?
    »Es war einmal ein Mädchen«, sagte sie und knüpfte das Band der Glocke um Agnes’ dickes kleines Handgelenk. Das Band franste bereits an den Rändern aus. Viele weitere Knoten und Schleifen würde es nicht vertragen. Sie beugte sich darüber. »Ein Mädchen, das lebte…«
    »Ist dies das Mädchen?« fragte eine Frauenstimme.
    Kivrin blickte auf. Es war Bloets Schwester Yvolde, begleitet von Imeyne. Sie musterte Kivrin mit mißbilligend verzogenem Mund, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, das ist nicht Ulurics Tochter«, sagte sie. »Das Mädchen war klein und dunkelhaarig.«
    »Auch nicht de Ferrers Mündel?« fragte Imeyne.
    »Das ist tot«, antwortete Yvolde. »Erinnert Ihr Euch nicht, wer Ihr seid?« fragte sie Kivrin.
    »Nein, gnädige Frau«, sagte Kivrin. Zu spät fiel ihr ein, daß sie den Blick bescheiden niederzuschlagen hatte.
    »Sie wurde auf den Kopf geschlagen«, erläuterte Agnes.
    »Doch Ihr erinnert Euren Namen und könnt sprechen. Seid Ihr von guter Familie?«
    »Ich erinnere mich meiner Familie nicht, gnädige Frau«, sagte sie bescheiden.
    Die Frau rümpfte die Nase. »Nach ihrer Sprache kommt sie aus dem Westen. Hast du um Neuigkeiten nach Bath geschickt?«
    Imeyne verneinte. »Meine Schwiegertochter möchte auf Guillaumes Ankunft warten. Du hast nichts aus Oxenford gehört?«
    »Nein, aber es gibt dort viel Krankheit«, sagte Yvolde.
    Rosemund kam zu ihnen. »Kennt Ihr Fräulein Katherines Familie, Frau Yvolde?« fragte sie.
    Yvolde richtete ihren scharfen Blick auf sie. »Nein. Wo ist die Brosche, die mein Bruder dir gab?«
    »Ich… sie ist an meinem Umhang«, stammelte Rosemund.
    »Ehrst du seine Geschenke nicht genug, um sie zu tragen?«
    »Geh und hol sie«, sagte Frau Imeyne. »Ich möchte diese Brosche betrachten.«
    Rosemund reckte trotzig das Kinn, aber sie ging hinüber zum Durchgang, wo die Umhänge aufbewahrt wurden.
    »Sie zeigt nach den Geschenken meines Bruders so wenig Verlangen wie nach seiner Gegenwart«, sagte Yvolde.
    »Beim Abendessen hat sie kein einziges Mal zu ihm gesprochen.«
    Rosemund kam mit ihrem grünen Umhang zurück. Die Brosche funkelte rot und golden im Feuerschein. Rosemund hielt sie Imeyne wortlos zur Inspektion hin. »Ich möchte sie auch sehen«, sagte Agnes, und Rosemund beugte sich, sie ihr zu zeigen.
    Die Brosche bestand aus einem goldenen, mit Rubinen besetzten Ring und der Nadel in der Mitte. Sie hatte keinen Hacken; die Nadel mußte von oben durch den Stoff gesteckt werden. Die Außenseite des Rings trug eine Inschrift: Io suiicien lui dami amo.
    »Was heißt das?« fragte Agnes und zeigte auf die eingegrabenen Buchstaben.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Rosemund in einem Ton, der klar zu verstehen gab, daß es ihr auch gleichgültig sei.
    Yvolde biß die Kiefer zusammen, und Kivrin sagte hastig: »Es heißt ›Du bist hier anstelle des Freundes, den ich liebe‹, Agnes«, und dann erkannte sie mit einem flauen Gefühl im Magen, was sie getan hatte. Sie blickte zu Imeyne auf, doch schien diese nichts bemerkt zu haben.
    »Solche Worte sollten auf deiner Brust sein, statt an einem Haken zu hängen«, sagte Imeyne. Sie zog die Brosche vom Umhang und steckte sie Rosemund ans Kleid.
    »Und du solltest an der Seite meines Bruders sein, wie es sich für seine Verlobte geziemt«, sagte Yvolde, »statt

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