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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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gekommen wären«, sagte Frau Imeyne zu Yvolde. »Dann hätten wir einen ordentlichen Priester für den Gottesdienst. Der Pfarrer, den wir hier haben, kann kaum das Paternoster aufsagen.«
    Der Pfarrer, den sie hier hatten, hatte gerade stundenlang in einer eiskalten Kirche gekniet und gebetet, in Beinkleidern, deren Knie durchgewetzt waren, und nun läutete er seit einer Stunde eine schwere Glocke und mußte bald eine komplizierte Zeremonie vollziehen, die er auswendig lernen mußte, weil er nicht lesen konnte.
    »Ich fürchte, es wird eine armselige Messe und eine armselige Predigt sein«, maulte Imeyne.
    »Leider gibt es heutzutage viele, die Gott nicht lieben«, erwiderte Yvolde, »aber wir müssen zu Gott beten, daß Er die Welt in Ordnung bringen und die Menschen zur Tugend zurückführen möge.«
    Kivrin bezweifelte, daß es die Antwort war, die Frau Imeyne hören wollte.
    »Ich habe zum Bischof von Bath geschickt, daß er uns einen Kaplan sende«, sagte Imeyne, »aber er ist noch nicht gekommen.«
    »Mein Bruder sagt, daß es in Bath viel Verdruß und Unannehmlichkeit gibt«, sagte Yvolde.
    Sie kamen zum Friedhof, und Kivrin konnte die Gesichter der Gemeinde ausmachen, erhellt von den rauchigen Pechfackeln und den kleinen Öllampen, die einige der Frauen trugen. Die Gesichter, gerötet und von unten beleuchtet, sahen irgendwie finster und unheilvoll aus. Mr. Dunworthy würde denken, es sei ein zorniger Mob, dachte Kivrin, zusammengeströmt, um einen armen Märtyrer auf dem Schafott zu verbrennen. Aber es war die Beleuchtung. Im Fackelschein sah jeder wie ein Halsabschneider aus. Kein Wunder, daß die Elektrizität erfunden werden mußte.
    Als sie durch den Friedhof gingen, erkannte Kivrin einige der Leute bei der Kirchentür: den Jungen mit der Skorbut, der vor ihr davongelaufen war, zwei von den jungen Mädchen, die beim Backen geholfen hatten, den Stallknecht Cob. Die Frau des Verwalters trug einen Umhang mit einem weißen Pelzkragen und trug eine eiserne Laterne mit vier winzigen Scheiben von echtem Glas. Sie redete lebhaft auf die Frau mit den Skrofulosenarben ein, die bei der Ausschmückung der Diele mit den Stechpalmenzweigen geholfen hatte. Alle redeten und stampften mit den Füßen und gingen umher, um sich warm zu halten, und ein schwarzbärtiger Mann krümmte sich so sehr vor Lachen, daß seine Fackel dem Kopftuch der Verwaltersfrau gefährlich nahe kam.
    Die Kirchenbehörden hatten die Mitternachtsmetten wegen der vorausgehenden Trinkgelage und Ausschweifungen nach und nach abschaffen müssen, erinnerte sich Kivrin, und einige von diesen Gemeindemitgliedern machten den Eindruck, daß sie den Abend damit verbracht hatten, das Fastengebot weidlich zu übertreten. Der Verwalter sprach leibhaft mit einem rauhbeinig aussehenden Mann, den Rosemund als Maisrys Vater bezeichnete. Beide hatten Gesichter, die von der Kälte oder dem Fackelschein oder dem Alkohol oder allen dreien stark gerötet waren, aber sie schienen eher fröhlich als gefährlich. Der Verwalter unterstrich seine Rede in kurzen Abständen mit einem energischen Schulterklopfen, das Maisrys Vater jedesmal mit fröhlichem, unbändigem Lachen quittierte. Es vermittelte Kivrin den Eindruck, daß er viel klüger war, als sie angenommen hatte.
    Die Frau des Verwalters zog ihren Mann am Ärmel, und er schüttelte sie ab, doch sobald Eliwys und Sir Bloet zur Friedhofspforte hereinkamen, traten er und Maisrys Vater prompt zurück, um den Weg zur Kirchentür freizugeben. Alle anderen taten es ihnen nach und verstummten, als das Gefolge durch den Friedhof und in die Kirche zog. Dann begannen sie wieder zu reden, aber ruhiger und weniger unbekümmert, als sie den Herrschaften in die Kirche folgten.
    Sir Bloet schnallte sein Schwert ab und gab es einem Diener, und er und Eliwys knieten nieder, als sie das Kirchenschiff betraten. Kivrin und die Mädchen folgten. Als Agnes sich bekreuzigte, bimmelte ihre Glocke hell in die Stille. Kivrin überlegte, ob sie am Sarkophag von Imeynes Ehemann aus der Prozession treten und Agnes die Glocke abnehmen sollte, getraute sich aber nicht, Unordnung in den feierlichen Ablauf zu bringen. Zumal Imeyne mit Sir Bloets Schwester hinter ihnen waren.
    Sie führte die Mädchen bis vor den Lettner. Sir Bloet war schwerfällig wieder aufgestanden. Eliwys blieb ein wenig länger auf den Knien, erhob sich dann und wurde von Sir Bloet zur Nordseite der Kirche geleitet, wo er sich leicht verbeugte und zurückging, um seinen Platz

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