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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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enger an sich zu ziehen und ihren Kopf bequemer zu betten. Ihre Knie begannen zu schmerzen. Sie mußte in der Fuge zwischen zwei Steinplatten gekniet sein. Sie rutschte ein kleines Stück zurück, verlagerte das Gewicht und schob den Saum ihres Umhanges unter die Knie.
    Pater Roche brach die Hostie über dem Kelch, machte drei Kreuzzeichen mit dem kleinsten Teil und sprach »Pax Domini sit semper vobiscum.«
    Darauf knieten alle zum Agnus dei nieder. »Agnus dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis«, sang er. »Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erbarme dich unser.«
    Kivrin lächelte auf Agnes nieder. Sie schlief fest, lag wie ein totes Gewicht an Kivrins Seite und hatte den Mund offen, aber ihre Faust war noch immer um die kleine Glocke geschlossen. Mein Lamm, dachte Kivrin.
    Als sie in St. Mary auf dem steinernen Boden gekniet hatte, hatte sie sich die Kerzen und die Kälte vorgestellt, aber nicht Frau Imeyne, die Pater Roche belauerte, daß er einen Fehler mache, nicht Eliwys oder Gawyn oder Rosemund. Und auch nicht Pater Roche mit seinem Halsabschneidergesicht und den abgenutzten, gestopften Strümpfen.
    Nicht in hundert Jahren, nicht in siebenhundertvierunddreißig Jahren hätte sie sich Agnes vorgestellt, mit ihrem jungen Hund und ihren Eigenwilligkeiten und ihrem infizierten Knie. Ich bin froh, daß ich gekommen bin, dachte sie. Trotz allem.
    Pater Roche machte das Kreuzeszeichen mit dem Kelch und trank daraus. »Dominus vobiscum«, sagte er, und hinter Kivrin entstand eine allgemeine Unruhe. Der Hauptteil der Messe war vorüber, und einzelne Teilnehmer gingen schon jetzt, um dem Gedränge am Ausgang zu entgehen. Anscheinend gab es kein Vorrecht der Grundherrschaft, wenn es um das Verlassen der Kirche ging. Viele warteten nicht einmal, bis sie draußen waren, bevor sie miteinander zu sprechen begannen. Sie konnten kaum die Entlassung hören.
    »Ite, missa est«, sagte Pater Roche in die allgemeine Unruhe, und ein vielstimmiger Chor antwortete: »Deo gratias.«
    Schon im Aufbruch begriffen, harrten die meisten Gläubigen noch aus, um den Segen zu empfangen. Pater Roche küßte nach stillem Gebet den Altar, erhob die Hände, verneigte sich vor dem Altarkreuz und wandte sich dem Volk zu.
    »Benedicat vos omnipotens Deus, Pater, et Filius et Spiritus Sanctus.«
    Mit dem »Amen« hob ein allgemeines Drängen zur Kirchentür an, und Frau Imeyne war, das »Amen« auf den Lippen, schon im Mittelgang, bevor der Pfarrer die zum Segen erhobene Hand sinken ließ. Sie sah aus, als ob sie entschlossen wäre, augenblicklich nach Bath und zum Bischof abzureisen.
    »Hast du die Talgkerzen am Altar gesehen?« sagte sie zu Yvolde. »Ich befahl ihm, die Bienenwachskerzen zu nehmen, die ich ihm gab.«
    Frau Yvolde schüttelte den Kopf und blickte unheilverheißend zu Pater Roche, und die beiden wandten sich zum Gehen, auf den Fuß gefolgt von Rosemund, die anscheinend vermeiden wollte, mit Sir Bloet zum Herrenhaus zurückzugehen. Schon einen Augenblick später verschwanden die drei im Strom der Dorfbewohner, die schwatzend und lachend hinter ihnen aufschlossen. Bis Sir Bloet prustend und schnaufend auf die Füße käme, würden sie schon unterwegs zum Herrenhaus sein.
    Kivrin hatte selbst Mühe mit dem Aufstehen. Ein Fuß war ihr eingeschlafen, und Agnes wußte nichts mehr von der Welt. »Agnes«, sagte sie und richtete die Kleine auf. »Du mußt aufwachen. Es ist Zeit zum Heimgehen.«
    Sir Bloet hatte sich mit der Unterstützung eines Dieners erhoben, purpurrot vor Anstrengung, und kam herüber, Eliwys den Arm zu bieten. »Eure Tochter ist eingeschlafen«, bemerkte er.
    Eliwys blickte zu Agnes. »Ja.« Sie legte die Hand in seinen Arm, und sie schlossen sich den anderen an.
    »Euer Gemahl ist nicht gekommen, wie er versprochen hatte.«
    »Nein«, hörte Kivrin Eliwys sagen.
    Draußen begannen die Glocken in nah und fern wieder zu läuten, ein ungestümes, unregelmäßiges Läuten. Es klang herrlich. »Agnes!« Kivrin schüttelte sie. »Jetzt ist es Zeit, deine Glocke zu läuten.«
    Sie regte sich nicht einmal. Kivrin hob das schlafende Kind auf die Schulter. Agnes’ Arme hingen schlaff hinten herunter, und die Glocke bimmelte.
    »Die ganze Nacht hast du gewartet, deine Glocke zu läuten«, sagte Kivrin und erhob sich auf ein Knie. »Wach auf, Lamm!«
    Sie hielt Ausschau nach jemandem, der ihr aufhelfen würde, aber der vordere Teil des Kirchenschiffes hatte sich fast geleert. Cob machte die Runde und

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