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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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sagen, daß der Gesandte des Bischofs die Weihnachtsmesse lesen wird«, sagte sie.
    »Es wird ein Segen sein, am Geburtstag unseres Herrn Jesus Christus solche Heiligkeit zu hören«, erwiderte er und beugte den Kopf.
    Der Geburtstag unseres Herrn Jesus Christus. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es an diesem Morgen in St. Mary aussehen würde, die Musik und die Wärme, die Laserkerzen, die in den Leuchtern aus Edelstahl glitzerten, aber es war wie etwas, das sie sich nur eingebildet hatte, trübe und unwirklich.
    Sie stellte die vier Leuchter in gleichmäßigen Abständen auf den Altar. Sie schimmerten matt im farbigen Licht der Fenster. Sie steckte Imeynes Kerzen auf und rückte sie zurecht, bis die Abstände gleichmäßig waren. Es gab nichts, was sie an Pater Roches Priestergewand ausrichten konnte, welches, wie Imeyne recht gut wußte, sein einziges war. Er hatte nassen Sand am Ärmel, den sie ihm mit der Hand abwischte.
    »Ich muß gehen und Agnes und Rosemund für die Messe wecken«, sagte sie, dann fuhr sie fort, fast ohne es zu wollen: »Frau Imeyne hat den Gesandten des Bischofs ersucht, mich zum Nonnenkloster nach Godstow zu bringen, wenn sie ihre Reise fortsetzen.«
    »Gott hat Euch zu diesem Ort gesandt, uns zu helfen«, sagte er. »Er wird nicht zulassen, daß Ihr von ihm fortgenommen werdet.«
    Ich wünschte, ich könnte dir glauben, dachte Kivrin, als sie über den Dorfanger zurückging. Noch immer lag das Dorf menschenleer, aber aus einigen Dächern drang Rauch, und die Kuh war herausgelassen worden. Sie weidete das spärliche Gras im Umkreis des Julfeuers, wo der Schnee geschmolzen war. Vielleicht schliefen im Herrenhaus noch alle, und sie konnte Gawyn wecken und nach dem Absetzort fragen, doch als sie in den Hof kam, sah sie Rosemund und Agnes vor der Scheune stehen. Beide sahen ziemlich mitgenommen aus. Rosemunds laubgrünes Samtkleid war zerdrückt und mit Strohhalmen und Heustaub behaftet, und Agnes hatte obendrein noch die Haare voll davon. Sobald sie Kivrin sah, ließ sie Rosemund stehen und rannte zu ihr.
    Kivrin machte sich daran, sie von Halmen zu befreien und ihre Kleider abzuklopfen. »Warum schlaft ihr nicht mehr?«
    »Es sind Männer gekommen«, sagte Agnes. »Sie weckten uns.«
    Kivrin blickte forschend zu Rosemund auf. »Ist euer Vater gekommen?«
    Rosemund schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wer sie sind. Ich glaube, es müssen Diener des Gesandten sein.«
    So war es. Die Ankömmlinge waren vier Mönche, allerdings nicht vom Rang des Zisterziensers, und zwei beladene Esel; sie hatten ihre Herren offenbar erst jetzt eingeholt. Während Kivrin und die Mädchen zusahen, luden sie zwei Kästen, mehrere Säcke aus grober Wolle und zwei kleine ovale Weinfässer ab.
    »Sie müssen die Absicht haben, länger zu bleiben«, sagte Rosemund.
    Kivrin nickte. Sie sei von Gott gesandt, hatte Pater Roche gesagt, und Gott würde nicht zulassen, daß man sie fortbringe. »Kommt«, sagte sie munter, »ich werde euch das Haar auskämmen.«
    Sie ging mit ihnen hinein und brachte sie in Ordnung. Der kurze Nachtschlaf hatte Agnes’ Stimmung nicht gebessert, und sie wollte nicht stillhalten, während Kivrin sie kämmte. Sie brauchte bis zur Messe, um alle Heuhalme und Knoten herauszukämmen, und Agnes quengelte den ganzen Weg zur Kirche.
    Im Gepäck der Gäste waren außer Wein anscheinend auch Meßgewänder gewesen. Der Gesandte des Bischofs trug ein Meßgewand aus schwarzem Samt über dem blendendweißen, mit Spitzen besetzten Chorhemd, und der Mönch hatte zu seinem weißen Zisterzienserhabit einen prachtvollen Überwurf mit Goldstickerei angelegt. Der Sekretär des Gesandten war nirgends zu sehen, und Kivrin hielt vergeblich Ausschau nach Pater Roche, der wegen seiner schmutzigen Gewänder wahrscheinlich aus seiner Kirche verbannt worden war. Kivrin hoffte ihn unter den Gläubigen im hinteren Teil des Kirchenschiffes zu entdecken, da man ihm schwerlich verweigern konnte, von dort aus Zeuge all dieser prunkvollen Heiligkeit zu sein, aber er war unter den Dorfbewohnern nicht zu sehen.
    Auch sie sahen ziemlich mitgenommen aus, und einige von ihnen waren offensichtlich stark verkatert. Übernächtig und verkatert sah auch der Gesandte des Bischofs aus. Er rasselte die Worte der Meßfeier mit tonloser Stimme und einem Akzent herunter, den Kivrin kaum verstehen konnte. Er hatte wenig Ähnlichkeit mit Pater Roches Latein, noch mit dem, was Latimer und der Priester der Traditionalisten sie als das

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