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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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bereits angebrochen.
    »Er holte zu einem wilden Schlag aus«, erzählte Gawyn und stand auf, um die Schilderung durch die Gesten zu verdeutlichen, »und wäre es keine Finte gewesen, sondern ein ernsthaft geführter Schlag, hätte er mir den Schädel gespalten.«
    »Fräulein Katherine«, sagte Imeyne und winkte ihr. Der Gesandte des Bischofs blickte interessiert herüber, und sie bekam Herzklopfen. Was für eine Bosheit konnten sie jetzt ausgeheckt haben? Bevor Kivrin zu ihnen hinübergehen konnte, stand Imeyne auf und kam ihr mit einem in Leinen gewickelten Bündel entgegen.
    »Bitte tragt diese für die Messe zu Pater Roche«, sagte sie und entfaltete das Leinen, so daß Kivrin die Wachskerzen darin sehen konnte. »Sagt ihm, er soll diese auf den Altar stellen, und sagt ihm auch, daß er die Flammen der Kerzen nicht ausdrücken soll, denn dabei brechen die Dochte. Er soll die Kirche so herrichten, daß der Gesandte des Bischofs die Weihnachtsmesse halten kann. Ich möchte, daß die Kirche wie ein Gotteshaus aussieht, nicht wie ein Schweinestall. Und sagt ihm, er soll ein sauberes Gewand anlegen.«
    Also sollte sie doch die ihr geziemende Messe bekommen. Kivrin eilte über den Hof und den Fahrweg entlang zum Dorfanger. Imeyne hatte Sorge getragen, daß sie den Gutshof verlassen mußte, nun brauchte sie nur noch Pater Roche loszuwerden, indem sie den Gesandten des Bischofs überredete, ihn seines Amtes zu entheben oder in die Abtei von Bicester zu schicken.
    Der Dorfanger lag menschenleer. Das erlöschende Feuer flackerte bleich im grauen Licht des frühen Morgens, und der ringsum geschmolzene Schnee gefror zu eisigen Pfützen. Die Dorfbewohner mußten sich längst schlafengelegt haben, und sie überlegte, ob auch Pater Roche noch schlief. Aber aus seinem Haus stieg kein Rauch, und als sie an die Tür klopfte, regte sich nichts. Sie ging den Pfad entlang und betrat die Kirche durch die Seitentür. Drinnen war es noch dunkel, und kälter als es um Mitternacht gewesen war.
    »Pater Roche«, rief Kivrin mit leiser Stimme.
    Er antwortete nicht, aber sie konnte das Gemurmel seiner Stimme hören. Als ihre Augen sich der Dunkelheit angepaßt hatten, sah sie ihn hinter dem Chorgitter des Lettners vor dem Altar knien.
    »Geleite jene, die diese Nacht weit gereist sind, sicher nach Haus und beschütze sie auf dem Weg vor Gefahr und Krankheit«, sagte er, und seine weiche Stimme erinnerte sie an die Nacht am Krankenbett, als sie diese Stimme so ruhig und tröstend durch die Flammen gehört hatte. Sie wiederholte ihren Ruf nicht, sondern blieb bei der Statue der heiligen Katharina stehen und lauschte in der Dunkelheit seiner Stimme.
    »Sir Bloet und seine Familie kamen von Courcy zur Messe, und all ihre Diener«, sagte er, »und Theodulf Freeman von Henefelde. Der Schneefall hörte gestern abend auf, und der Himmel zeigte sich klar für die Nacht von Christi heiliger Geburt«, fuhr er in dem gleichen sachlichen Ton fort, in dem sie in das Aufnahmegerät sprach. Die Anwesenheitsliste für die Christmette und der Wetterbericht.
    Allmählich begann Licht durch die bunten Glasfenster zu sickern, und sie sah ihn deutlicher durch das geschnitzte Chorgitter, das fadenscheinige und um den Saum schmutzige Gewand, das derbe und grausam aussehende Gesicht – jedenfalls verglichen mit dem aristokratischen Gesandten und dem schmalgesichtigen Sekretär.
    »In dieser gesegneten Nacht, als die Messe endete, kam ein Bote vom Bischof, und mit ihm kamen zwei Priester, alle drei von großer Gelehrsamkeit und Güte«, betete Pater Roche.
    Laß dich nicht von dem Gold und den feinen Kleidern täuschen, dachte Kivrin. Du bist mehr wert als zehn von ihnen. »Der Gesandte des Bischofs wird die Weihnachtsmesse lesen«, hatte Imeyne gesagt, und es schien sie keineswegs zu stören, daß er weder gefastet noch die Mühe auf sich genommen hatte, zur Kirche zu kommen und die Festtagsmesse selbst vorzubereiten. Du bist mehr wert als fünfzig von ihnen, dachte Kivrin. Hundert.
    »Aus Oxenford gibt es Nachricht von Krankheit. Dem Häusler Tord geht es besser, aber ich sagte ihm, er solle nicht so weit zur Messe kommen. Uctreda war zu schwach, um zur Christmette zu kommen. Ich brachte ihr Suppe, aber sie aß sie nicht. Walthef fiel und erbrach sich nach dem Tanz, weil er zuviel Bier getrunken hatte. Gytha brannte sich die Hand am Julfeuer, als sie einen Feuerbrand herausnehmen wollte. Ich werde mich nicht fürchten, obwohl die letzten Tage kommen, die Tage des

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