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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Zorns und des Jüngsten Gerichts, denn Du hast viel Hilfe gesandt.«
    Viel Hilfe. Er würde überhaupt keine Hilfe haben, wenn sie noch länger hier stand und ihn belauschte. Die Sonne war aufgegangen, und im waagerecht einströmenden rosigen und goldenen Licht konnte sie auf dem Altar die Talgkerzen mit den anhängenden erstarrten Tropfen, die dunkel angelaufenen Leuchter und einen großen Talgfleck auf dem Altartuch erkennen. Der Tag des Zorns und des Gerichts wäre die passende Beschreibung dessen, was geschehen würde, wenn die Kirche noch so aussehen würde, wenn Imeyne zur Messe käme.
    »Pater Roche«, sagte sie.
    Er wandte sich sofort um, dann versuchte er aufzustehen, aber seine Beine waren offensichtlich steif vor Kälte. Er sah erschrocken, sogar ängstlich aus, und Kivrin sagte schnell: »Ich bin es, Katherine«, und trat vorwärts in das Licht von einem der Fenster, daß er sie sehen könne.
    Er bekreuzigte sich, noch immer furchtsam, und sie fragte sich, ob er seine Gebete im Halbschlaf verrichtet habe und noch nicht ganz wach sei.
    »Frau Imeyne schickte mich mit Kerzen«, sagte sie und trat zögernd durch die Öffnung im Chorgitter. »Sie gab mir den Auftrag, Euch zu sagen, daß sie zu beiden Seiten des Altars in die silbernen Leuchter gesteckt werden sollen. Sie gab mir Auftrag, Euch zu sagen…« Sie brach ab, schämte sich, Imeynes Anweisungen weiterzugeben. »Ich bin gekommen, Euch bei der Vorbereitung der Kirche für die Messe zu helfen. Was wünscht Ihr, daß ich tun soll? Soll ich die Kerzenleuchter putzen?« Sie hielt ihm das Bündel Kerzen hin.
    Er nahm es nicht und sagte auch nichts, und sie überlegte ratlos, ob sie in ihrem Eifer, ihn vor Imeynes Zorn zu bewahren, irgendeine Regel durchbrochen habe. Frauen war es nicht gestattet, die Gegenstände oder Gefäße der Messe zu berühren. Vielleicht durften sie auch nicht die Leuchter anfassen.
    »Ist es mir nicht erlaubt, zu helfen?« fragte sie. »Hätte ich nicht in den Altarraum kommen sollen?«
    Pater Roche schien plötzlich zu sich zu kommen. »Es gibt keinen Ort, den Gottes Diener nicht betreten dürften«, sagte er. Er nahm ihr die Kerzen ab und legte sie auf den Altar. »Aber jemand wie Ihr sollte nicht solch niedrige Arbeit tun.«
    »Es ist gottgefällige Arbeit«, sagte sie munter. Sie trat zum Altar und zog die halb abgebrannten Talgkerzen aus den schweren Leuchtern. Der Talg war an den Seiten herabgeronnen und fest geworden. »Wir werden Sand brauchen«, sagte sie. »Und ein Messer, um den Talg abzukratzen.«
    Er ging sofort die genannten Dinge holen, und während er fort war, nahm sie hastig die Wachskerzen von der Chorschranke und ersetzte sie durch Talgkerzen.
    Er kam mit dem Sand, einer Handvoll schmutziger Lappen und einem armseligen Messer, das gerade noch taugte, den Talg von den Leuchtern zu kratzen. Kivrin nahm sich zuerst das Altartuch vor und versuchte den Talgfleck abzuschaben, besorgt, daß die Zeit nicht reichen würde. Der Gesandte des Bischofs hatte es nicht eilig gehabt, sich aus dem Lehnstuhl zu erheben und für die Messe bereitzumachen, aber es war schwer zu sagen, wie lange er sich gegen Imeynes Eifer würde behaupten können.
    Ich habe auch nicht mehr viel Zeit, dachte sie, als sie mit dem Reinigen der Leuchter begann. Sie hatte sich gesagt, es sei noch reichlich Zeit, aber nun wurde sie unruhig. Die ganze Nacht hatte sie mit Versuchen zugebracht, Gawyn in einem unbeobachteten Moment abzufangen, und sie war nicht einmal in seine Nähe gekommen. Und morgen mochte er auf die Idee kommen, zur Jagd auszureiten oder schöne Jungfrauen zu retten oder der Gesandte des Bischofs und seine Begleiter mochten allen Wein austrinken, auf der Suche nach mehr anderswohin aufbrechen und sie mitschleppen.
    Pater Roche hatte gemeint, es gebe keinen Ort, wohin die Diener Gottes nicht gehen dürften.
    Sie rieb die Leuchter energisch mit nassem Sand ab, dann löste sie mit dem alten Messer hartgewordene Talgreste vom oberen Rand, dabei flog ein Stück davon und traf Pater Roche, der die Kerzen schabte. »Verzeiht«, sagte sie. »Frau Imeyne…«
    Sie brach ab. Es hatte keinen Sinn, ihm zu erzählen, daß sie fortgeschickt wurde. Wenn er versuchte, sich bei Frau Imeyne für sie einzusetzen, würde es die Sache nur noch schlimmer machen. Und sie wollte vermeiden, daß er für den Versuch, ihr zu helfen, in ein Kloster oder Schlimmeres verbannt würde.
    Er wartete, daß sie ihren Satz beende. »Frau Imeyne beauftragte mich, Euch zu

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