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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Gilchrist hatte nicht die Absicht, das Netz am 6. zu öffnen, ob Kivrin da war oder nicht.
    Er griff zum Telefon, um das Schottische Fremdenverkehrsamt anzurufen, und im selben Augenblick läutete es wieder.
    »Dunworthy hier«, sagte er und blinzelte in den Bildschirm, aber es war nur Schneetreiben zu sehen.
    »Wer?« fragte eine Frauenstimme, die heiser oder angetrunken klang. »Tut mir leid«, murmelte sie, »ich wollte…« und etwas Unverständliches, dann legte sie auf.
    Er wartete, um zu sehen, ob es erneut läuten würde, dann ging er hinüber zum Studentenwohnheim. Die Glocke vom Magdalen College schlug die volle Stunde. Im regnerischen Grau klang es wie eine Totenglocke. Auch Mrs. Piantini schien sie gehört zu haben. Sie stand im Nachthemd auf dem Hof und hob feierlich die Arme in ungehörtem Rhythmus. »Eins und zwei und eins und zwei«, sagte sie, als Dunworthy sie erreichte.
    Finch erschien. Er sah verhärmt und aufgeregt aus. »Es sind die Glocken, Sir«, sagte er und ergriff Mrs. Piantini beim Arm. »Das Läuten regt sie auf. Ich glaube, unter den Umständen sollte man auf das Glockenläuten verzichten.«
    Dunworthy nahm ihren freien Arm, um sie zusammen mit Finch wieder ins Haus zu führen, aber Mrs. Piantini riß sich los. »Jeder muß ohne Unterbrechung an seiner Glocke bleiben!« rief sie zornig.
    »Ganz recht«, sagte Finch. Er packte ihren Arm, als wäre er das Seil einer tonnenschweren Glocke und führte sie hinein.
    Drinnen begegnete ihm Colin, naß wie gewöhnlich und blaugefroren. Sein Mantel war offen, und Marys grauer Schal hing ihm nutzlos vom Hals. Er gab Dunworthy einen Zettel. »Von Badris Pfleger«, sagte er. Dann nutzte er die Ruhepause, um eine Bonbontüte aufzureißen und sich einen hellblauen Lutschbonbon in den Mund zu stecken.
    Auch der Zettel war naß. Der Text lautete: »Badri verlangt nach Ihnen«, doch war das Wort »Badri« so verwischt, daß er nicht mehr als das B erkennen konnte.
    »Sagte er, ob es Badri schlechter geht?«
    »Nein, ich soll Ihnen nur die Nachricht bringen. Und Tante Mary sagt, daß Sie Ihre T-Zellen-Verstärkung kriegen, wenn Sie kommen. Sie weiß noch nicht, wann der Impfstoff eintreffen wird.«
    Dunworthy half Finch, die widerstrebende Mrs. Piantini in ihr Bett niederzuringen, und eilte zur Klinik und die Treppen hinauf zur Isolierstation. Dort erwartete ihn eine neue Schwester, eine Frau mittleren Alters mit geschwollenen Füßen. Sie hatte die Beine auf einem zweiten Stuhl hochgelegt und verfolgte ein Fernsehprogramm, stand aber sofort auf, als er hereinkam.
    »Sind Sie Mr. Dunworthy?« fragte sie. »Dr. Ahrens sagte, Sie sollten gleich zu ihr hinunterkommen.«
    Sie sagte es ruhig, sogar freundlich, und er dachte, daß sie ihm Badris Anblick ersparen wollte. Mary sollte es ihm zuerst schonend beibringen. »Es handelt sich um Badri, nicht wahr? Er ist tot.«
    Sie sah ihn ehrlich überrascht an. »O nein, es geht ihm heute morgen viel besser. Haben Sie meine Notiz nicht bekommen? Er kann aufrecht sitzen.«
    »Aufrecht sitzen?« Er starrte sie an; war sie am Ende selbst ein Opfer des Fiebers?
    »Natürlich ist er noch sehr schwach, aber seine Temperatur ist normal, und er ist bei Bewußtsein. Sie sollen zu Dr. Ahrens in die Notaufnahme kommen. Sie sagte, es sei dringend.«
    Er blickte verwundert zur Tür des Krankenzimmers. »Sagen Sie Badri, daß ich ihn so bald wie möglich besuchen werde«, sagte er und eilte hinaus.
    Unten begegnete ihm Colin, der anscheinend gerade hereingekommen war. »Was tust du hier?« fragte er den Jungen. »Hat einer der Techniker angerufen?«
    »Tante Mary sagt, sie traue Ihnen nicht, daß Sie von selbst zur T-Zellen-Verstärkung kommen. Ich soll Sie zu ihr bringen.«
    »Das geht jetzt nicht. Ich werde in der Notaufnahme erwartet«, sagte er und ging rasch weiter. Colin rannte neben ihm her. »Nun, dann eben danach. Sie sagte, ich soll Sie nicht gehen lassen.«
    In der Notaufnahme wurden sie von Mary erwartet. »Wir haben einen weiteren Fall«, sagte sie mit grimmiger Miene. »Montoya. Kommen Sie mit. Sie wird gerade von Witney hereingebracht.«
    »Montoya? Das ist unmöglich. Sie war allein draußen bei der Ausgrabung.«
    Sie stieß die Flügeltüren auf. »Anscheinend nicht.«
    »Aber sie sagte – sind Sie sicher, daß es die Influenza ist? Sie hat die ganze Zeit in Kälte und Regen gearbeitet. Vielleicht ist es eine andere Krankheit.«
    Mary schüttelte den Kopf. »Im Krankenwagen haben sie eine Voruntersuchung gemacht.

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