Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
Vom Netzwerk:
Beulenpest, sagte sie sich, um die Panik zu unterdrücken, in der sie sich Brust und Arme abwischte. Dieser Typ wird nicht durch Tröpfcheninfektion verbreitet. Und du kannst die Pest nicht bekommen, du wurdest geimpft. Aber sie hatte auch ihre antiviralen Impfungen und T-Zellen-Verstärkung bekommen und hätte nicht erkranken dürfen. Außerdem hätte sie nicht im Jahr 1348 landen dürfen.
    Sie fragte sich, was geschehen sein mochte.
    Es konnte nicht die Verschiebung sein. Mr. Dunworthy hatte sich darüber erregt, daß keine Tests zur Prüfung des Verschiebungsfaktors gemacht worden waren, aber die Absetzoperation hätte schlimmstenfalls um Wochen neben dem geplanten Termin liegen können, nicht um Jahre. Etwas mußte mit dem Netz schiefgegangen sein.
    Sie erinnerte sich des unerfreulichen Streites zwischen Mr. Dunworthy und Mr. Gilchrist. Etwas war jedenfalls schiefgegangen, und sie war nach 1348 durchgekommen, aber warum hatten sie die Absetzoperation nicht abgebrochen, sobald sie den Fehler erkannt hatten? Mr. Dunworthy mit seinen übertriebenen Befürchtungen und seiner Fürsorglichkeit hätte sicherlich alles getan, um sie herauszuholen. Er hatte sie von Anfang an von diesem Projekt fernhalten wollen. Warum hatte er das Netz nicht wieder geöffnet?
    Weil ich nicht mehr da war, dachte sie. Es hätte mindestens zwei Stunden erfordert, die genaue Fixierung zu bekommen. Zu dem Zeitpunkt aber hatte sie den Absetzort schon verlassen. Dennoch hätte er das Netz offengehalten; er hätte es nicht wieder geschlossen und auf den Rückholtermin gewartet. Er hätte es für sie offengehalten.
    Von plötzlicher Panik ergriffen, lief sie zur Tür und stieß den Riegel zurück. Sie mußte Gawyn finden. Sie mußte erfahren, wo der Absetzort war.
    Der Sekretär richtete sich auf und schwang ein bloßes Bein über die Bettkante, als wollte er mit ihr gehen. »Helft mir!« krächzte er und versuchte das andere Bein nachzuziehen.
    »Ich kann Euch nicht helfen«, sagte sie in hastiger Erregung. »Ich gehöre nicht hierher. Ich muß Gawyn finden.« Kaum waren die Worte heraus, fiel ihr ein, daß er nicht da war, daß er mit dem Gesandten des Bischofs und Sir Bloet nach Courcy geritten war. Mit dem Gesandten des Bischofs, der es so eilig gehabt hatte, wegzukommen, daß er beinahe Agnes niedergeritten hätte.
    Sie wandte sich zurück zu ihm. »Hatten die anderen die Krankheit?« fragte sie ihn. »Hatte der Gesandte des Bischofs die Blaukrankheit?« Sie dachte an seine graue Gesichtsfarbe, und wie er gefröstelt und den Umhang fest um sich gezogen hatte. Er würde sie alle infizieren. Bloet und seine hochmütige Schwester und die plappernden Mädchen. Und Gawyn. Zornig legte sie den Riegel wieder vor. »Ihr wußtet, daß Ihr die Blaukrankheit hattet, als Ihr zu uns kamt, nicht wahr? Ist es nicht so?«
    Der Sekretär streckte die Arme wie ein Kind steif nach ihr aus. »Helft mir«, wiederholte er, dann fiel er zurück, Kopf und Schulter beinahe neben dem Bett.
    »Ihr habt nicht verdient, daß man Euch hilft! Ihr brachtet die Pest hierher.«
    Jemand klopfte an die Tür.
    »Wer ist da?«
    »Roche«, rief er durch die Tür, und sie fühlte, wie eine Woge von Erleichterung, von Freude durch sie ging, daß er gekommen war, aber sie blieb am Bett stehen und blickte auf den Kranken, der noch immer in Gefahr, herunterzufallen, auf der Bettkante lag. Ein Arm hing heraus, der Mund stand offen, und die geschwollene Zunge füllte ihn gänzlich aus.
    »Laßt mich ein«, sagte Pater Roche. »Ich muß seine Beichte hören.«
    Seine Beichte. »Nein«, sagte Kivrin.
    Er klopfte wieder, lauter.
    »Ich kann Euch nicht einlassen«, sagte Kivrin. »Er ist ansteckend. Ihr könntet auch erkranken.«
    »Er ist in Todesgefahr«, sagte Pater Roche. »Er muß die letzte Ölung bekommen, damit er in den Himmel eingehen kann.«
    Er wird nicht in den Himmel eingehen, dachte Kivrin. Er brachte die Pest über uns.
    Der Sekretär öffnete die geschwollenen Lider. Seine Augen waren blutunterlaufen, in sein Atmen kam ein leises Röcheln. Er stirbt, dachte sie.
    »Katherine«, sagte Pater Roche.
    Er lag im Sterben, fern von seiner Heimat. Wie sie selbst. Auch sie hatte eine Krankheit gebracht, und wenn ihr niemand erlegen war, konnte sie es sich nicht als Verdienst anrechnen. Sie hatten ihr alle geholfen, Eliwys und Imeyne und Pater Roche. Sie hätte leicht alle anstecken können. Pater Roche hatte ihr die letzte Ölung gegeben, ihr die Hand gehalten.
    Kivrin hob behutsam

Weitere Kostenlose Bücher