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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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ihre Aufmerksamkeit war auf Gawyn konzentriert gewesen. Nur einmal hatte sie zufällig beobachtet, wie der Sekretär Maisry ins Hemd gegriffen hatte.
    Sie öffnete die Tür und rief: »Maisry!«
    Niemand antwortete, aber das hatte nichts zu bedeuten. Maisry schlief wahrscheinlich, oder hatte sich versteckt, und der Sekretär hatte die Beulen-, nicht die Lungenpest, und sie wurde von Flöhen verbreitet. Es bestand die Aussicht, daß er niemanden infiziert hatte; doch als Pater Roche zurückkehrte, ließ sie ihn bei dem Kranken und trug das Kohlenbecken hinunter, um frische Glut zu holen. Und sich zu vergewissern, daß sie gesund waren.
    Rosemund und Eliwys saßen beim Herdfeuer und beschäftigten sich mit Näharbeiten. Frau Imeyne las in ihrem Stundenbuch, und Agnes spielte mit ihrem Wagen, schob ihn auf den Steinplatten hin und her und redete mit ihm. Maisry schlief auf einer der Bänke am großen Tisch; sie machte noch im Schlaf ein verdrießliches Gesicht.
    Agnes stieß mit dem Spielzeugwagen gegen Imeynes Fuß, und die alte Frau ließ das Buch sinken, blickte zu ihr herab und sagte: »Ich werde dir dein Spielzeug wegnehmen, wenn du nicht ruhig damit spielen kannst, Agnes«, und die Schärfe ihres Tadels, Rosemunds hastig unterdrücktes Lächeln, die gesunde Rosigkeit ihrer Gesichter im Feuerschein – alles das wirkte auf Kivrin unsäglich ermutigend. Es hätte ein Abend wie jeder andere sein können.
    Eliwys legte ihre Näharbeit beiseite, nahm ein Stück Leinenstoff und schnitt es mit ihrer Schere in lange Streifen. Kivrin bemerkte, daß sie ständig zur Tür blickte. Imeynes halblaut aus dem Stundenbuch lesende Stimme hatte Obertöne von Nervosität, und Rosemund warf ihrer Mutter besorgte Blicke zu. Schließlich stand Eliwys auf und ging hinaus auf den Hof, als hätte sie jemand kommen hören, aber nach einer Minute kehrte sie schweigend an ihren Platz zurück und machte sich wieder an die Arbeit.
    Kivrin ging leise die Stufen hinunter, aber nicht leise genug. Agnes ließ ihren Wagen stehen und sprang auf. »Kivrin!« rief sie und rannte auf sie zu.
    »Vorsicht!« sagte Kivrin, die Kleine mit der freien Hand abwehrend. »Das sind heiße Kohlen.«
    Natürlich waren sie nicht mehr heiß; andernfalls wäre sie nicht gekommen, sie gegen frische Glut auszutauschen, aber Agnes wich ein paar Schritte zurück.
    »Warum trägst du eine Maske?« fragte sie. »Wann erzählst du mir eine Geschichte?«
    Auch Eliwys war aufgestanden, und Imeyne blickte von ihrem Buch auf. »Wie geht es dem Sekretär des Bischofs?« fragte Eliwys.
    Er leidet Qualen, wollte sie sagen, begnügte sich aber mit: »Sein Fieber ist ein wenig gesunken. Ihr müßt mir alle fernbleiben. Die Ansteckung kann in meinen Kleidern sein.«
    Darauf standen sie alle auf, sogar Imeyne, die ihr Stundenbuch mit dem Reliquiar einmerkte, und traten vom Herdfeuer zurück.
    Kivrin nahm den Deckel vom Kohlenbecken und schüttete die graue Holzkohlenasche am Rand des Herdfeuers aus. Feine Aschenteilchen wirbelten hoch, und ein Stück Holzkohle fiel auf die Steinplatten und kollerte, von Kivrins Fuß unabsichtlich getroffen, über den Boden.
    Agnes lachte, und bis auf Eliwys, die sich wieder der Beobachtung des Durchgangs zugewandt hatte, verfolgten alle das Stück Holzkohle, bis es unter einer Bank liegenblieb.
    »Ist Gawyn mit den Pferden zurückgekehrt?« fragte Kivrin, um gleich darauf ihre Voreiligkeit zu bedauern. Eliwys’ angespannte Miene war Antwort genug, aber die Frage gab Imeyne Anlaß, ihre Schwiegertochter mit kaltem Blick zu mustern.
    »Nein«, sagte Eliwys, ohne den Kopf zu wenden. »Meinst du, daß auch die anderen vom Hof des Bischofs krank waren?«
    Kivrin dachte an das graue Gesicht des Gesandten, an die Unmäßigkeit ihres Trinkens. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    »Das Wetter wird kalt«, sagte Rosemund. »Vielleicht überredeten sie ihn, die Nacht dort zu bleiben.«
    Eliwys antwortete nicht. Kivrin kniete beim Herdfeuer nieder und stocherte mit dem schweren Schürhaken in den Kohlen, um die rote Glut nach oben zu bringen. Sie versuchte die Stücke mit dem Schürhaken in das Kohlenbecken zu manövrieren, gab es aber bald auf und kehrte sie mit dem Deckel zusammen.
    »Du hast dies über uns gebracht«, sagte Imeyne.
    Kivrin blickte mit plötzlichem Herzklopfen auf, aber Imeyne sah sie nicht an. Ihr Blick war auf Eliwys gerichtet. »Deine Sünden sind es, die diese Strafe hervorgerufen haben.«
    Eliwys wandte den Kopf zurück zu Imeyne, und

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