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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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angehört hatte. »Sie haben das Netz stillgelegt.«
    »Jawohl«, sagte Gilchrist, »und es war auch gut so, da Sie glauben, Sie hätten das Recht, ohne Genehmigung hier einzudringen.«
    Er streckte eine Hand zum leeren Bildschirm aus und wankte ein wenig. »Sie haben das Netz stillgelegt«, wiederholte er.
    »Fehlt Ihnen was, Mr. Dunworthy?« fragte Colin. Er trat einen Schritt näher.
    »Ich dachte mir, daß Sie imstande sein würden, einzubrechen und das Netz zu öffnen«, sagte Gilchrist, »da die Autorität des Fachbereiches für Sie keine Bedeutung zu haben scheint. Ich unterbrach die Stromzufuhr, um derartige Versuche zu verhüten, und wie man sieht, tat ich das Richtige. Im übrigen kann es sich nur um ein unverantwortliches Versagen Ihres Technikers handeln, wenn beim Absetzen eine Verschiebung von achtundzwanzig Jahren eingetreten ist.«
    Dunworthy kannte die Redensart, jemand sei von einer schlechten Nachricht »erschlagen« worden. Badris Geständnis, er habe Kivrin ins Jahr 1348 geschickt, war ihm in seiner vollen Bedeutung erst nach und nach klar geworden, aber diese Nachricht schien ihn mit einer körperlichen Gewalt zu treffen, ihm den Atem herauszupressen, daß er nicht Luft holen konnte. »Sie haben das Netz stillgelegt«, sagte er. »Sie haben die Fixierung verloren.«
    »Die Fixierung verloren?« sagte Gilchrist. »Unsinn! Ihr Techniker wird doch wohl die Koordinaten gespeichert haben, wenn er sie schon falsch berechnete, nicht wahr? Wenn der Strom wieder eingeschaltet wird…«
    »Bedeutet das, daß wir nicht wissen, wo Kivrin ist?« fragte Colin.
    »Ja«, sagte Dunworthy und dachte, als er fiel, ich werde wie Badri über die Konsole fallen, aber er tat es nicht. Er fiel beinahe sanft, wie jemand, der in sich zusammensinkt, und glitt mit einknickenden Knien, einer Liebenden gleich, in Gilchrists ausgestreckte Arme.
    »Ich wußte es«, hörte er Colin sagen. »Das ist nur gekommen, weil Sie Ihre T-Zellen-Verstärkung nicht bekommen haben. Großtante Mary wird mich umbringen.«

 
26
     
     
    »Das ist unmöglich«, sagte Kivrin. »Es kann nicht 1348 sein.« Aber es paßte alles zusammen. Daß Imeynes Kaplan gestorben war, daß sie keine Diener hatten, daß Eliwys nicht nach Oxford hatte schicken wollen, um zu erfahren, wer Kivrin war. Frau Yvolde hatte erwähnt, daß es dort viel Krankheit gebe, und der Schwarze Tod hatte Oxford um Weihnachten 1348 erreicht. »Was ist geschehen?« fragte sie, und ihre Stimme stieg zu einem unkontrollierten Winseln an. »Was ist geschehen? Ich sollte nach 1320! Mr. Dunworthy sagte, ich solle es bleiben lassen, die Mediävisten wüßten nicht, was sie täten, aber sie konnten mich nicht in das falsche Jahr geschickt haben!« Sie brach ab. »Ihr dürft hier nicht bleiben! Es ist der Schwarze Tod!«
    Sie alle sahen sie so verständnislos an, daß sie dachte, der Dolmetscher müsse sie wieder im Stich gelassen haben, und vielleicht war es besser so. »Es ist der Schwarze Tod«, wiederholte sie. »Die Blaukrankheit.«
    »Nein«, sagte Eliwys leise, aber Kivrin nickte bekräftigend und sagte: »Eliwys, Ihr müßt Frau Imeyne und Pater Roche hinunter in die Diele führen.«
    »Es kann nicht sein«, sagte sie, nahm aber ihre Schwiegermutter beim Arm und führte sie hinaus. Imeyne hielt noch immer den Umschlag mit beiden Händen vor sich, als wäre es ihr Reliquiar. Maisry eilte den beiden nach.
    »Auch Ihr müßt gehen«, sagte Kivrin zu Pater Roche. »Ich werde bei dem Kranken bleiben!«
    »Druuuu …«, murmelte der Sekretär, und Roche wandte sich zu ihm. Der Kranke machte Anstrengungen, hochzukommen, und Roche trat zu ihm.
    Kivrin hielt ihn am Ärmel zurück. »Nein! Ihr dürft nicht in seine Nähe gehen.« Sie schob sich zwischen ihn und das Bett. »Die Krankheit des Sekretärs ist ansteckend«, sagte sie. »Sie wird von Flöhen verbreitet und…« sie zögerte, überlegte, wie sie Tröpfcheninfektion beschreiben sollte, »durch das Husten und Ausatmen der Kranken. Es ist eine tödliche Krankheit, die fast alle umbringt, die in die Nähe eines Kranken kommen.« Sie beobachtete ihn besorgt. Es war nicht zu erkennen, ob er etwas von dem verstand, was sie gesagt hatte. Im Mittelalter hatte man nichts von Bakterien und unsichtbaren Krankheitserregern gewußt, keine Kenntnis von der Art und Weise besessen, wie Krankheiten sich ausbreiteten. Die Zeitgenossen hatten den Schwarzen Tod für eine Strafe Gottes gehalten. Sie hatten geglaubt, er werde von giftigem Dunst

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