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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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zu schwierig, so kurzfristig Vorbereitungen zu treffen. Sie schickte allerdings sehr hübsche Blumen, Lilien und Chrysanthemen. Wir hielten den Gottesdienst in der Kapelle unseres Balliol Colleges.« Er rückte auf dem Bett. »Übrigens, da wir von der Kapelle sprechen, ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, daß ich dem Geistlichen der Heiligen Reformierten Kirche Erlaubnis gegeben habe, sie am Fünfzehnten für ein Handglocken-Konzert zu verwenden. Die amerikanischen Schellenläuter wollen Rimbauds ›Wenn endlich mein Erlöser kommt‹ aufführen, und die Kirche der Heiligen Reformierten ist vom Gesundheitsamt als Impfstation beschlagnahmt worden. Ich hoffe, daß es Ihnen recht ist.«
    »Ja, natürlich«, sagte Dunworthy. Er mußte an Mary denken, wann das Begräbnis gewesen war und ob sie eine würdige Trauerfeier bekommen hatte.
    »Wenn Ihnen lieber ist, daß sie das Konzert in St. Mary geben, kann ich es ihnen sagen«, sagte Finch besorgt.
    »Nein, nein, lassen Sie nur«, sagte Dunworthy. »Die College-Kapelle ist ganz in Ordnung. Sie haben in meiner Abwesenheit offensichtlich gute Arbeit geleistet.«
    »Nun, ich versuche mein Möglichstes zu tun, Sir. Es ist manchmal schwierig, mit Mrs. Gaddson.« Er stand auf. »Ich möchte Sie nicht von Ihrer Ruhe abhalten. Gibt es etwas, das ich Ihnen bringen kann, was ich für Sie tun kann?«
    »Nein danke«, sagte Dunworthy. »Es gibt nichts, was Sie für mich tun können.«
    Finch ging zur Tür und machte noch einmal halt. »Ich hoffe, Sie werden mein Beileid annehmen, Mr. Dunworthy«, sagte er, etwas unbehaglich. »Ich weiß, wie eng Sie mit Dr. Ahrens befreundet waren.«
    Eng befreundet, dachte er, nachdem Finch gegangen war. Ich war überhaupt nicht eng mit ihr befreundet. Er versuchte sich zu erinnern, wie Mary sich über ihn beugte, ihm das Fieberthermometer gab, besorgt zu den Instrumentenablesungen aufblickte, suchte sich ins Gedächtnis zurückzurufen, wie Colin in seiner neuen Jacke neben dem Bett gestanden hatte, den grauen Schal um den Hals gewickelt, und gesagt hatte: »Tante Mary ist tot. Tot. Können Sie mich nicht hören?« Aber solch eine Erinnerung war nicht da. Nichts.
    Die Schwester kam herein und hängte einen neuen Beutel an den Tropf, der ihn alsbald ins Land der Träume beförderte, und als er aufwachte, fühlte er sich viel besser.
    »Das ist Ihre T-Zellen-Verstärkung, die sich jetzt auswirkt«, sagte die Praktikantin. »Wir haben das bei vielen anderen Fällen beobachtet. Manche von ihnen haben sich geradezu wunderbar erholt.«
    Sie ließ ihn zur Toilette gehen, und nach dem Essen auf den Korridor. »Je weiter Sie gehen, desto besser«, sagte sie.
    Ich gehe nirgendwohin, dachte er. Gilchrist hat das Netz abgeschaltet.
    Sie schnallte ihm seinen Tropfbeutel an die Schulter, schloß den batteriebetriebenen Motor an und half ihm in seinen Bademantel. »Sie müssen sich wegen der Depression keine Sorgen machen«, sagte sie, als sie ihm aus dem Bett half. »Das ist ein verbreitetes Symptom nach Influenza. Sie wird verschwinden, sobald Ihr biochemisches Gleichgewicht wiederhergestellt ist.«
    Sie ging mit ihm in den Korridor hinaus. »Vielleicht möchten Sie einen Ihrer Freunde besuchen?« fragte sie. »Am Ende des Korridors liegen zwei Patienten vom Balliol College. Mrs. Piantini ist im vierten Bett. Sie könnte eine Aufmunterung vertragen.«
    »Ist Mr. Latimer…«, sagte er und hielt inne. »Ist Mr. Latimer noch Patient hier?«
    »Ja«, sagte sie, und er konnte ihrem Ausdruck und ihrer Stimme entnehmen, daß Latimer sich von seinem Schlaganfall nicht erholt hatte. »Er liegt zwei Türen weiter.«
    Er schlurfte den Korridor entlang zu Latimers Krankenzimmer. Er hatte Latimer nach dessen Einlieferung nicht besucht, weil er in der Intensivstation gelegen und weil Mary gesagt hatte, er sei durch den Schlaganfall vollständig paralysiert und habe alle Funktionen eingebüßt.
    Er öffnete die Tür zum Krankenzimmer. Es war ein Einzelzimmer, und Latimer lag mit ausgestreckten Armen, angeschlossen an eine Menge Überwachungsgeräte und den Tropf. Schlauchleitungen führten in seine Nase und durch die Kehle, und Brust und Kopf waren über angeklebte Kontakte mit den Kontrollanzeigen verbunden. Sein Gesicht war von diesem Dickicht halb verdeckt, doch ließ er nicht erkennen, daß es ihn störte.
    Dunworthy trat neben das Bett und räusperte sich. »Latimer?«
    Der andere zeigte keine Reaktion. Seine Augen waren offen, aber sie bewegten sich nicht beim Klang

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