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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Verwalter kam herein, stellte seinen Spaten im Durchgang ab und kam in den Herdraum. Er war jeden Tag hereingekommen, um seinen Sohn zu sehen, aber jetzt warf er ihm nur einen kurzen Blick zu, dann wandte er sich und starrte Kivrin und Rosemund an.
    Seine Mütze und die Schultern waren schneebedeckt, und Kivrin sah Erde und Schnee am Spatenblatt haften. Er hatte ein weiteres Grab ausgehoben. Wessen?
    »Ist jemand gestorben?« fragte sie.
    »Nein«, sagte er und fuhr fort, Rosemund anzustarren.
    Kivrin stand auf. »Gibt es noch etwas?«
    Er sah sie leer an, als könne er die Frage nicht verstehen, dann ging sein Blick zurück zu Rosemund. »Nein«, sagte er, machte kehrt, nahm den Spaten und ging wieder hinaus.
    »Geht er Agnes’ Grab ausschaufeln?« fragte Rosemund.
    »Nein«, sagte Kivrin sanft. »Sie hat schon ihren Platz auf dem Friedhof.«
    »Geht er dann, mein Grab zu schaufeln?«
    »Nein, nein«, erwiderte Kivrin. »Du wirst nicht sterben. Dir geht es besser. Du warst sehr krank, aber das Schlimmste ist vorüber. Nun mußt du ruhen, viel essen und schlafen, damit du ganz gesund wirst.«
    Rosemund streckte sich gehorsam aus und schloß die Augen, doch nach einer Minute öffnete sie sie wieder. »Wenn mein Vater tot ist, wird die Krone über meine Mitgift verfügen«, sagte sie. »Glaubst du, daß Sir Bloet noch lebt?«
    Ich hoffe nicht, dachte Kivrin. Armes Kind, hat sie sich die ganze Zeit wegen ihrer Ehe gesorgt? Armes kleines Mädchen. Sein Tod wäre das einzige Gute, was bei der Epidemie herauskäme. »Du mußt dich jetzt nicht um ihn sorgen. Du mußt ausruhen und wieder zu Kräften kommen.«
    »Manchmal respektiert der König eine vorausgegangene Verlobung«, sagte Rosemund. Ihre dünnen Finger zupften an der Decke. »Wenn beide Parteien einverstanden sind.«
    Du brauchst mit nichts einverstanden zu sein, dachte Kivrin. Er ist tot. Der Gesandte des Bischofs und seine Begleiter haben in Courcy alle umgebracht.
    »Wenn keine Einigung zustande kommt, wird der König mir befehlen, zu heiraten, wen er will«, sagte Rosemund, »und Sir Bloet ist mir wenigstens bekannt.«
    Kivrin wußte, daß das Mädchen in seinem Fieberwahn schlimmere Schrecken als Sir Bloet erlebt hatte, Alpträume von Ungeheuern und Halsabschneidern, und Kivrin wußte, daß es solche gab.
    Rosemund würde an irgendeinen Adligen verkauft, dem der König eine Gefälligkeit schuldete oder dessen Unterstützung er zu kaufen suchte, vielleicht einen der lästigen Gefolgsleute des Schwarzen Prinzen, und weiß Gott wohin und in welche Verhältnisse gebracht.
    Es gab Schlimmeres als einen lüsternen alten Mann und eine boshafte Schwägerin. Baron Garnier hatte seine Frau zwanzig Jahre lang in Ketten gehalten. Der Graf von Anjou hatte die seine lebendig verbrannt. Und Rosemund würde keine Familie haben, keine Freunde, die sie beschützten und pflegten, wenn sie krank war.
    Ich werde sie mitnehmen, dachte Kivrin plötzlich, an einen Ort, wo Bloet sie nicht finden kann und wo wir vor der Pest sicher sein werden.
    Es gab keinen solchen Ort. Die Pest war bereits in Bath und Oxford und verbreitete sich nach Süden und Osten über London nach Kent, nordwärts durch Mittelengland nach Yorkshire und zurück über den Kanal nach Deutschland und den Niederlanden. Sie war sogar nach Norwegen gekommen, mit einem angetriebenen Schiff voll toter Männer. Es gab keinen sicheren Ort.
    »Ist Gawyn hier?« fragte Rosemund. Sie hörte sich wie ihre Mutter oder ihre Großmutter an. »Ich möchte, daß er nach Courcy reitet und Sir Bloet sagt, daß ich zu ihm kommen würde.«
    »Gawyn?« sagte Eliwys von ihrem Strohsack. »Kommt er?«
    Nein, dachte Kivrin. Niemand kommt. Nicht einmal Mr. Dunworthy.
    Es war unwichtig, daß sie den Rückholtermin verpaßt hatte. Es wäre ohnehin niemand dort gewesen, weil sie nicht wußten, daß sie im Jahr 1348 war. Hätten sie es gewußt, so würden sie sie niemals hier gelassen haben.
    Etwas mußte mit dem Netz schiefgegangen sein. Mr. Dunworthy war sehr besorgt drüber gewesen, daß man sie ohne Parameterüberprüfungen so weit in die Vergangenheit schicken wollte. Er hatte von unvorhergesehenen Komplikationen bei solchen Ferndistanzen gesprochen. Vielleicht war es eine unvorhergesehene Komplikation gewesen, welche die Fixierung verändert oder bewirkt hatte, daß die Koordinaten verlorengegangen waren, und nun suchten sie sie verzweifelt im Jahr 1320. Sie hatte den Rückholtermin um fast dreißig Jahre verpaßt.
    »Gawyn?« murmelte

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