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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Puls nicht mehr fühlen, und ihre Haut sieht gelb und wächsern aus, was ein schlechtes Zeichen ist. Agnes kämpft schwer. Sie hat noch keine Beulen und muß nicht erbrechen, was mir Hoffnung macht. Eliwys mußte ihr das Haar abschneiden. Sie zerrte ständig daran und rief, ich solle kommen und ihr Zöpfe flechten.
     
    (Unterbrechung)
     
    Pater Roche hat Rosemund die letzte Ölung gespendet. Sie konnte natürlich keine Beichte ablegen. Agnes scheint es ein wenig besser zu gehen, obwohl sie vor einer Weile Nasenbluten hatte. Sie bat um ihre Glocke.
     
    (Unterbrechung)
     
    Ich werde nicht zulassen, daß du sie holst, verfluchter Teufel. Sie ist noch ein Kind. Aber das ist deine Spezialität, nicht? Die Unschuldigen abschlachten? Du hast schon den Säugling des Verwalters und Agnes’ Welpen und den Jungen umgebracht, der Hilfe holen ging, als ich krank war, und das ist genug. Ich werde nicht erlauben, daß du sie auch noch umbringst, Satan! Ich lasse es nicht zu!

 
31
     
     
    Agnes starb am Tag nach Neujahr, und bis zuletzt rief sie nach Kivrin.
    »Sie ist hier«, sagte Eliwys und drückte ihre Hand. »Katherine ist hier.«
    »Sie ist nicht hier«, winselte Agnes. Ihre Stimme war heiser, aber noch immer kräftig. »Sag ihr, daß sie kommen soll.«
    »Ich sage es ihr«, versprach Eliwys, und dann blickte sie mit hilflosem Ausdruck zu Kivrin auf. »Geht und holt Pater Roche«, sagte sie.
    »Was gibt es?« fragte Kivrin. Er hatte Agnes schon an jenem ersten Abend die Sterbesakramente gespendet, und Agnes hatte sich schreiend und zappelnd zur Wehr gesetzt, als ob sie einen Wutanfall hätte, und seither hatte sie ihn nicht in ihre Nähe gelassen. »Seid Ihr krank?«
    Eliwys schüttelte den Kopf. »Was werde ich meinem Mann sagen, wenn er kommt?« sagte sie und legte Agnes die kleinen Hände auf der Brust zusammen, und erst dann erkannte Kivrin, daß sie tot war.
    Sie wusch den kleinen Körper, der fast ganz mit bläulich roten Blutergüssen bedeckt war. Als Eliwys ihr die Hand gehalten hatte, war die Haut vollständig schwarz geworden. Sie sah aus, als hätte sie schreckliche Prügel bekommen. Und so war es, dachte Kivrin. Geschlagen und gequält. Und ermordet. Der Mord an den unschuldigen Kindern.
    Agnes’ Kleid und Hemd waren ruiniert, eine steif gewordene Masse von Blut und Erbrochenem, und ihr Alltagskleid aus Leinen war längst in Streifen gerissen. Kivrin warf die beschmutzten Sachen ins Feuer und hüllte den Körper in ihren eigenen weißen Umhang, und Pater Roche und der Verwalter begruben sie.
    Eliwys ging nicht mit ihnen. »Ich muß bei Rosemund bleiben«, sagte sie, als Kivrin ihr sagte, daß es Zeit sei.
    Es gab nichts, was sie für Rosemund tun konnte – das Mädchen lag noch immer so still, als wäre es unter einem Zauberbann, und Kivrin fürchtete, daß das Fieber einen Gehirnschaden verursacht haben müsse. »Und Gawyn könnte kommen«, fügte Eliwys hinzu.
    Es war sehr kalt. Pater Roche und der Verwalter stießen dichte weiße Atemwolken aus, als sie Agnes ins Grab senkten, das sie mit Äxten und Schaufeln in den gefrorenen Boden gehackt hatten, und der Anblick ihres dampfenden Atems erbitterte Kivrin, ohne daß sie zu sagen wußte, warum. Sie wiegt nichts, dachte sie, ihr könntet sie in einer Hand tragen.
    Der Anblick aller frischen Gräber machte sie zornig. Der Friedhof war voll, und beinahe der ganze Teil des Dorfangers, den Pater Roche geweiht hatte. Frau Imeynes Grab befand sich unmittelbar am Fußpfad zur Friedhofspforte, und der Säugling des Verwalters hatte kein eigenes Grab; Pater Roche hatte ihn zu Füßen seiner Mutter begraben, obwohl er noch nicht getauft gewesen war.
    Bald würde Pater Roche ein weiteres Stück des Dorfangers zum Friedhof weihen müssen, dachte Kivrin. Der jüngste Sohn des Verwalters war noch nicht begraben, und der Sekretär. Der Schwarze Tod sollte nur ein Drittel bis die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft haben. Nicht die ganze.
    »Requiescat in pace. Amen«, sagte Pater Roche, und der Verwalter begann die gefrorenen Erdbrocken auf das kleine Bündel zu schaufeln.
    Sie hatten recht, Mr. Dunworthy, dachte Kivrin in bitterer Resignation. Weiß wird nur schmutzig. Sie haben in allem recht, nicht wahr? Sie sagten mir, ich solle nicht in diese Zeit gehen, Schreckliches würde geschehen. So ist es gekommen, und Sie können nicht erwarten mir zu sagen: Das habe ich Ihnen gleich gesagt. Aber Sie werden diese Befriedigung nicht haben, weil ich nicht weiß, wo der

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